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Offensichtliche Setzerfehler wurden stillschweigend korrigiert. Die Original-Orthographie wurde ansonsten beibehalten.
Unparteiische Universal-Kirchenzeitung
für die Geistlichkeit und die gebildete Weltklasse des protestantischen,
katholischen, und israelitischen Deutschland's.
Frankfurt a. M., den 5. Oktober 1837. Nro. 80.
Der Finnen älteste Vorstellungen von der Gottheit.—
Kirchliche
Nachrichten.
Theologische
Akademie.
Israel.
Abth.
Ueber Dr.
Kathol. Abth. Ueber den Satz von der alleinseligmachenden Kirche. Vom Professor Dr. J. S. von Drey in Tübingen —
Literatur.
Nachweise von Rezensionen theol. Schriften (Forts.) —
Anzeigen.
(Nach einem Aufsatze in dem finnischen Blatte Mebilainen.)
Es scheint, als wären bei den Finnen, so wie bei mehreren anderen Völkern, die ersten Vorstellungen eines höheren Wesens, durch den Eindruck geweckt worden, den die Phänomene des Gewitters und der Lust auf sie hervorbrachten. Einer höheren Kenntniß entbehrend, schlossen sie, daß ein mächtiges, wenn auch unbekanntes und unsichtbares Wesen in den Wolken lebte, welches die flammenden Blitze warf und den Donner (Jumaukset)) ertönen ließ. Dieses Wesen nannten sie Juma oder Jumala, denn durch Donnertöne (Jumaukset) gab es seine Gegenwart zu erkennen. Auf dieselbe Weise dürften auch die Russen das Wort Boh, als Benennung Gottes, erhalten haben, denn auch dieses Wort soll ursprünglich irgend ein donnerähnliches Geräusch bezeichnet haben (pauhu). Von derselben Herstammung ist wahrscheinlich auch das bei den Tataren als Name Gottes vorkommende Wort:: Trärä, bei den Ostiaken Turum oder Torum, bei den Wogulen Torom, bei den Tschuwaschen Tora oder Tor, der Thor der alten Gothen, der Tara der Scythen u. s. w., mit welchen allen irgend ein großes Geräusch (täräys) im Anfang bezeichnet worden zu seyn scheint.
Nachdem unsere Vorväter so zum Begriffe von Gott gekommen waren, entwickelte sich allmählich die Vorstellung vom Anfange seiner Kräfte und seiner Macht, welche, im Anfang eingeschränkt, nach und nach erweitert ward, bis er zuletzt für den Schöpfer und den Beherrscher der ganzen Welt gehalten ward. Schon frühzeitig hielt man Gott, obgleich man seine Gewalt noch nicht über die Wolken hinaus sich erstrecken ließ, für einen mächtigen, Feuer, Gewitter und Regen sendenden Beherrscher. Wahrscheinlich entstanden da auch die Namen: der in der Luft wohnende Gott (Ilmonen Jumala), der Halter der Wolken (pilvien pitäyä), der Lenker des Gewölks u. s. w. Früh hat man ihn wohl auch Schöpfer (Luoya) genannt, doch scheint das dem "schaffen" entsprechende finnische Wort Luominen im Anfang nur „schicken" oder „unterscheiden" bedeutet zu haben. Die Benennung des himmlischen Gottes erhielt er von der Stelle, wo man ihn wohnen glaubte, und die besonders wegen seines Vermögens und seiner Kraft Taivo oder Taivas genannt wurde, von dem Kraft und Vermögen bezeichnenden Primitivworte tai (tain, taita), welches jetzt selbst aus der Sprache verschwunden ist, obschon es sich in mehreren Derivativen, wie taitaa (können) taitoo (Kenntniß) u. s. w. zeigt.
Was die Vorstellungen betrifft, welche die alten Finnen vom Himmel hatten, so hielten sie diesen für ein Gebäude mit vielen, zuweilen 6 und auch 9 Decken oder Dächern. Auf diesen Decken, glaubten sie, ruhe Gott während der Nächte. Die Sonne ward als das Haupt Gottes betrachtet, daher die Benennung päivä (Sonne) von pää (Kopf). Erst später entstand das Wort aurinko als eigentlicher Name der Sonne. Wenn die Sonne des Abends niedersank, so glaubte man, daß Gott für die Nacht auf die bunte Decke des Himmels hinaufsteige, welche er hinter sich zuschlösse, so daß er selbst am Rande hinaufklettern müßte. Am folgenden Morgen, am Rande der anderen Seite herabsteigend, öffnete er wieder die Decke und wanderte seine tägliche Bahn wie früher.
Obgleich man mit der Zeit Gott sich größer zu denken anfing und viele Wirkungen der Natur auch außerhalb der Wolken für seine Werke ansah, so fielen doch seine meisten Thaten in den Wolken vor, wo man in späteren Zeiten glaubte, daß er die berüchtigte Schmiede hätte, aus welcher Ursache er auch der Schmid genannt wurde. Von ihm, glaubte man, sey der Himmel mit allen seinen Decken geschmiedet. Als Gott so in den Vorstellungen der Menschen immer größer ward und man darüber nachzusinnen anfing, wer wohl die ganze Erde gebildet habe, und kein größeres Wesen kannte, die sie hätte erschaffen können, so schloß man, daß auch sie Gottes Werk sey. Was man vorher von ihm wußte, nämlich, daß er in seiner Schmiede mancherlei Arbeiten verfertigte und aussandte, stimmte ganz wohl mit diesem Gedanken von der Welt überein. Vor Menschengedenken sollte er alles, was sich in der Natur fand, verfertigt, gesondert und auf seine Stelle vertheilt (luonut) haben. Daher begann man auch, die Welt mit einem andern Namen (luonto, Natur) zu benennen. So sind viele Völker, ohne einen anderen Leitfaden, als den ihnen die Betrachtung der Welt und ihres Baues an die Hand gab, zur Kenntniß Gottes gelangt. Wir führen hier die Aeußerung eines Grönländers in dieser Hinsicht an: „Es ist wahr“, sagt er, „daß wir früher keine klare Kenntniß von Gott und dem Erlöser hatten, aber Niemand mag deßhalb glauben, daß wir nicht zuweilen mit unseren Gedanken auch diese Sache erfaßten. Auch ich habe oft so gedacht: Nicht einmal das kleinste Kajak (Boot) kann ohne große Mühe und ohne Kenntniß verfertigt werden, und doch ist eine Elster mit weit größerer Kunst gemacht und Niemand unter uns ist im Stande, eine solche anzufertigen. Noch künstlicher, als die Elster und als alle andere Thiere ist der Mensch gebaut. Wer sollte ihn denn gemacht haben? Man sagt: daß er aus der Erde aufgewachsen sey. Aber |Sp. 1265| warum wächst er nicht noch so? Und wenn er noch so wachsen sollte, woher sollte denn die Erde selbst und das Meer und der Mond und Sonne und Sterne gewachsen seyn? Gewiß haben alle diesen einen Erschaffer gehabt, dessen Macht, Kenntniß und Verstand überall sich kund geben, so schön, gut und nützlich sind alle seine Werke.“
Aber mit dem erwachenden Begriff einer höheren Macht, als Lenker und Beherrscher der Dinge, erstand bei den Finnen auch die Vorstellung von mehreren Dienern und Gehilfen desselben. Nicht einmal in dem kleinsten Haushalt, dachten sie, vermag Einer Alles auszurichten, wie sollte denn Gott mit Allem fertig werden? Sie gaben daher Gott eine Menge Gehilfen, die alle ihre bestimmten Arbeiten zu verrichten hatten, und die mit der Zeit zu einer unberechenbaren Anzahl vermehrt wurden. Diese nannte man bald Götter (jumalat), bald Schutzgeister (haltiot), Könige (kuninka), Hausväter (isänät), Hausmütter (emänät), Söhne (pojat), Jungfrauen (nejtoyet), Mädchen (pijat) u.s.w. Aber den höchsten Gott selbst fing man jetzt an, wie einen Familienvater, den Alten (ukko) zu nennen, oder Vater (taato, iso, vaari) u. s. w. Sein altes Geschäft in den Wolken verrichtete er noch selbst, aber als sich sein Gebiet vergrößert hatte und er oft auch in anderen Kraft-Offenbarungen mit Gottes Namen erwähnt wurde, so ward es nothwendig, ihn noch mit einem anderen zu benennen, wenn etwas Besonderes von seinen Wirkungen in den Wolken zu sagen war. Hieraus entstand die merkwürdige Namensverwechselung zwischen Jumala (Gott) und Ukko (der Alte). Jumala ward ein gemeinsamer Namen für den Hauptgott und seine Diener, wogegen der höchste Gott besonders Ukko oder Luoja (Schöpfer) hieß.
Ukko ward nicht allein vom Säemann um Regen angerufen, sondern auch bei manchen andern Gelegenheiten, wie von dem Jäger, den Seeleuten und Kriegern, in Krankheit u. s. w., woraus hervorgeht, daß er als ein mächtiger Gott vor Allen andern angesehen ward. Wir können daher annehmen, daß die alten Finnen zu ihrer Zeit als Hauptgott Gottheiten, wie Tapio (den Waldgott, Alfi (den Seegott), Lempo, Husi (böse Wesen), Turni (den Tod), Kalma (eigentlich Leichengeruch, den Gräberbeherrscher), Lauhi (die Wirthinn des Nordens), Mirlikki (den Wohlwollenden), Lurnottaret (die Töchter der Natur, die Naturkräfte), Knuttaret (die Mondjungfrauen), Päivättaret (die Sonnenjungfrauen), Etelättaret (die Jungfrauen des Südwindes), Turnettaret (die Todesjungfrauen) u. s.w. ansahen, dagegen betrachteten sie solche, wie Kaleva, Wainämöinen, Ilmarinen, Jonkahäinen, obgleich zuweilen den Göttern für gleich gehalten, nur als tapfere Helden, die bei den alten Finnen sich fanden.
(Magaz. f. d. Lit. des Auslandes)
Australien.
Von dem Herrn Prediger Goßner zu Berlin sind am 10. Juli elf Missionare, der Prediger W. Schmidt und zehn Katechisten (sieben vecheirathet) über Schottland nach Australien abgefertigt worden. Sie sind von dem Dr. Lang in Neu-Südwales berufen, nachdem sich die Kirchen in Australien zur Unterhaltung einer Mission vereinigt haben, welche ihrer eignen Leitung, nicht aber etwa einer Missionsgesellschaft in Europa, unterworfen ist. Zur ersten anfänglichen Begründung sind Bewilligungen von den religiösen Gesellschaften in Schottland und Irland geschehen. Auch hat die Regierung sich verbindlich gemacht, eine Beihilfe, unter dem Namen von Gehalten für die Missionare, zu leisten. Es werden zunächst zwei Stationen gegründet. Das Schiff, welches jene Missionare trägt, nimmt außerdem noch zwei Baseler Missionare, sechs englische Geistliche und fünfzehn Schullehrer mit. — Der Herr der großen Wasser wolle an seinem Steuer sitzen!
(Missionsbiene)
Frankreich.
‒†‒ Paris, den 19. Sept. Der König hat, wie man sagt, der hies. Metropolitankirche ein komplettes Ornament von großem |Sp. 1266| Werthe geschenkt. Ein ähnliches Geschenk ist für die Kathedrale von Marseille bestimmt, und ein weiteres gleicher Art für die Kirche von Neuilly sur Seine. —
Hr. Abbé Castelli, Apost. Vikar von Martinique ist nach Frankreich gekommen, um sich neue Missionäre zu verschaffen, damit er an dem Unterricht der Neger an den Orten selbst, wo sie wohnen, arbeiten könne. Das Colonial-Conseil hat auf den ihm desfalls von dem Gouverneur, Vice-Admiral von Mackau, gemachten Vortrag eine Bewilligung gemacht. Bei Beendigung der Sitzung vom 17. Juni äußerte sich Hr. von Mackau über diesen Gegenstand in folgender Weise: „Ich danke dem Conseil für die günstige Aufnahme meines Vortrages, und für die Bewilligung einer höhern Summe, behufs der Vermehrung des geistlichen Personals. Die katholischen Priester, welche wir von Frankreich verlangen, werden hier den schönsten Beruf zu erfüllen haben; sie werden besonders beauftragt werden, in den Häusern, wo es verlangt wird, den Kindern Unterricht zu ertheilen. Was Großmuth und edle Gesinnungen mehrere Colonisten auf ihren Besitzungen zu Stande gebracht haben, muß der Staat Allen bieten, sowohl den Unbemittelten, wie denjenigen, welche auf eigene Kosten die Verbesserung des moralischen Zustandes bewirken konnten. Das ist der Zweck, welchen ich vor Augen habe; ich wünsche mir Glück ihn einmüthig gebilliget zu sehen.“ Bevor Hr. Castelli die Colonie verließ, veröffentlichte er unterm 3. Juli einen Hirtenbrief, in welchem er den Zweck seiner Reise kundmachte.
(Univers)
‒†‒ Das hier erscheinende englische Journal, the Paris Sun Beam hat vor einiger Zeit ein Verzeichnis von den hier befindlichen protestantischen Kirchen oder Kapellen mitgetheilt, welches viele Journale, nur protestantische nicht, vielleicht darum nicht wiederholt haben, weil aus demselben die Spaltung in so vielfältige Sekten ersichtlich ist. Auch wir wollen es geben, aber mit einigen Zusätzen und Verbesserungen, die zu seiner Vervollständigung dienen.
Zuvörderst muß man einen Unterschied mit denjenigen Kirchen machen, deren geistliches Personale vom Staate besoldet wird. Vorzugsweise haben sodann die in großer Anzahl hier wohnenden Engländer mehrere dem anglikanischen Gottesdienste gewidmeten Kapellen, als z. B. die auf der Straße Augesseau, Vorstadt St. Honoré, welche die englische Regierung hat erbauen lassen, und die vom Dr. Luscombe, anglikanischem Bischofe, versehen wird, und den man ausdrücklich nach Frankreich schickte, um die in diesem Königreiche sich aufhaltenden Anglikaner zu besuchen, und der nun hier seinen Wohnsitz aufgeschlagen hat, wo er zugleich bei der englischen Gesandtschaft angestellt ist; ferner die Kapelle auf der Kapuziner-Neustraße, welcher Dr. Sayers vorsteht, der gegen Luscombe
geschrieben hat; endlich ein vom Oberst |Sp. 1267|
Hr. Sayers erkennt die Autorität des Bischofs Luscombe, der Kaplan der englischen Gesandtschaft ist, nicht an. Er wollte im J. 1833 eine protestantische Kapelle auf dem Vendome-Platze eröffnen und theilte seinen Plan dem englischen Gesandten Lord Granville und dem Bischof Luscombe mit, welcher letztere sich demselben widersetzte und behauptete, Hr. Sayer könne und dürfe ohne seine. Zustimmung weder eine Kirche eröffnen, noch ihr vorstehen. Hr. Sayer führte aber dennoch seinen Plan aus. Nun entspann sich über diesen Gegenstand zwischen ihm und dem Bischofe ein Briefwechsel, der unter dem Titel „Statement of the communication between the bishop Luscombe et R. T. Sayers, eine Broschüre in 8. von 47 Seiten, zur Oeffentlichkeit gekommen ist. Unter Anderm findet man darin einen Brief des Dr. Luscombe vom 6. Aprill 1833, in welchem er sein Jurisdiktionsrecht darzuthun sucht. Auch ersieht man daraus, daß Hr. Mathias Heinrich Thornhill Luscombe durch schottische Bischöfe die Bischofsweihen erhielt und Spezial-Commissarius des Bischofs von London ist. Die schottischen Bischöfe behaupten, ihren Auftrag von den englischen erhalten zu haben. Demnach bin ich — sagt Herr Luscombe — ein giltiger Bischof der christlichen Kirche und vollkommen gleich mit andern Bischöfen. Um es zu beweisen, bezieht er sich auf den h. Hieronymus, der da sagt, daß alle Bischöfe Nachfolger der Apostel seyen. Der h. Hieronymus würde ohne Zweifel nicht wenig erstaunt seyn, sein Zeugniß zu Gunsten eines Bischofs einer heterodoxen und von dem h. Stuhle getrennten Kirche in Anspruch genommen zu sehen. Hr. Luscombe gesteht zu, der Bischof von London habe außerhalb seiner Diö-zese keine gesetzliche Jurisdiktion; dann aber kann er selbst eine solche auch nicht haben. Uebrigens spricht der ganze Brief die Verlegenheit eines Mannes aus, der gern seine Autorität geltend machen möchte, sie aber nicht beweisen kann. Hr. Sayers hat die Autorität des anglikanischen Bischofs abgeschüttelt, eben so wie dieser und seine Kollegen die Autorität des Papstes abgeschüttelt haben. Die ganze Controverse ist scherzhaft genug und der Ernst, Mit welchem Dr. Luscombe Hr. Sayers seine Vermessenheit, ohne Vollmachten ein Amt zu verwalten, vorrückt, erregt ein wenig Staunen in Rücksicht auf einen Bischof, der selbst seine Vollmachten nachzuweisen außer Stande ist. Auch hat Hr. Sayers sich über jene Episkopal-Prätensionen, die väterlichen Ermahnungen und die Bedrohung mit dem Interdikt nach Gebühr lustig gemacht. Er hat eine Conferenz, welche der Bischof ihm vorschlug, abgelehnt, wohl aber diese ganze Angelegenheit dem Urtheile eines ausgezeichneten Rechtsgelehrten in England, dem Dr. E. Lushington, unterworfen. Diesem legte er drei Fragen vor: 1) hat Bischof Luscombe eine kirchliche Autorität in Frankreich? 2) Kann der Bischof von London Vollmachten für das Ausland ertheilen? 3) Bedarf ein Geistlicher (Sayers) der Autorisation des Dr. Luscombe um in St. Germain en Laye zu predigen, oder in Paris eine Kapelle zu eröffnen? Der englische Rechtsgelehrts antwortete, nach seiner Meynung habe Dr. Luscombe keinerlei Art Autorität in Frankreich, der Bischof von London keine Jurisdiktion außerhalb Landes, wie denn eine solche Prätension auch zu keinen Zeiten gemacht sey, und der Geistliche (Sayers) sey von keinem dieser beiden Bischöfe abhängig, und wolle er eine Kapelle zu Paris eröffnen, so bestehe selbige mit demselben Rechte, wie jede andere. Dieses Gutachten Lushington's ist vom 22. Aprill 1833 datirt. Aus dem Streite ergibt sich übrigens, daß die beiden anglikanischen Kapellen in völliger Opposition mit einander stehen. Der Bischof Luscombe behauptet, Hr. Sayers ermangele aller Vollmacht, und dieser beweiset hinlänglich, daß dem Bischofe keine Jurisdiktion zustehe. Haben beide nicht vielleicht Recht?
Außer diesem besteht noch ein Betsaal für die englischen Presbyterianer auf der Straße Anjou, No. 4; ein Betsaal für die wesley'schen Methodisten im Hotel Marboeuf, in den elysäischen Feldern; eine Kapelle für die amerikanischen Episkopalen auf der Straße Varennes, Vorstadt St. Germain; eine Kapelle für die amerikanischen Presbyterianer, Straße Taitbout No. 9; eine andere für eine besondere Sekte, Boulevard Mont Parnasse No. 34, mit einem Eingange von der Straße Vaugirard her (No.75.) Diese Betsäle oder Kapellen werden durch freiwillige Geschenke oder durch Subscriptionen unterhalten.
Endlich existirt auch noch eine Kapelle in dem Conservatorium der Künste und Gewerbe, Straße St. Martin, für den evangelischen Cultus, der aus der Verschmelzung der Calvinisten und Lutheraner, unter dem Guizot'schen Ministerium, entstanden ist, wie ohngefähr der König von Preußen in seinen Staaten es eingerichtet hat; ferner eine Kapelle für die protestantischen Zöglinge des Collegiums Louis le Grand, und, wenn man will, auch die Kapelle, welche neuerlich für die Herzoginn von Orleans, und diejenigen ihres Hauses, welche dem lutherischen Ritus zugethan sind, in den Tuillerien eingerichtet ist.
Dieß sind überhaupt vierzehn protestantische Kapellen, die größtentheils nicht geräumig sind. Die einzige, welche einen ansehnlichen Umfang hat, ist die ehemalige Kirche des Oratoriums, welche der Kardinal Bérulle erbauen ließ, und die zur Zeit des Concordats dem katholischen Kultus zurückgegeben werden sollte, welche aber die Protestanten sich zuzueignen wußten; sie war im Jahre 1791 die Wiege des constitutionellen Schisma's.
Die Kapelle auf der Straße Aguesseau kennen wir nicht; man sagt, auch sie sey nicht geräumig.
(Ami de la Religion)
‒†‒ Annecy. Das unten stehende Blatt berichtet unterm 26. Aug.: „Wir glauben auf das Missionshaus von Annecy zurückkommen zu müssen, über welches wir uns, Vieler Meynung nach, zu kurz geäußert haben. Dieses Haus, zu welchem der Hr. Bischof von Annecy am 6. Aprill v. J. den Grundstein gelegt und eingesegnet hatte, ist beinahe vollendet. Dasselbe wurde ohne alle andere Hilfsquellen, als das Vertrauen in die Vorsehung angefangen, und ist schnell emporgestiegen. Die Geistlichkeit und die Gläubigen der Diözese haben eine ihres Glaubens würdige Freigebigkeit gezeigt. Hätte das Zartgefühl dem Oberhirten erlaubt, einen zweiten Aufruf ergehen zu lassen, so hätten die Gaben wohl die Ausgabe ausgeglichen, wenn nicht gar überholt; aber der Prälat, der kein Opfer scheut, hat sich das Vergnügen vorbehal- |Sp. 1268| ten, ein so bedeutendes Werk selbst zu vollenden. Der Geistlichkeit gestattete er die Theilnahme an der Einweihung des Hauses, das seine Entstehung ihren gemeinschaftlichen Gaben verdankt. Der Zeitpunkt der geistlichen Bußübungen wurde zu dieser Feierlichkeit gewählt. Der Bischof hatte zu seiner Rechten den Abbé Boyer, einen der Bußprediger, und um sich her seine eifrigen Missionarien. Sie begaben sich in Prozession vom Seminar nach der neuen Wohnung. Das Kapitel und 240 Priester, fast alle im Chorhemde, traten dem Prälaten vor. Während des Zuges der Prozession sang man die Pontifical-Hymne zu Ehren des h. Franz von Sales, Schutzpatrons der Missionarien, die sich auch nach ihm nennen werden. Die Prozession stellte sich um das Haus.
Bevor man zu der Ceremonie schritt, weihete der Prälat selbst das Wasser, dessen er sich bedienen wollte, solchergestalt das Beispiel seiner Ehrfurcht vor den geistlichen Verrichtungen gebend. Er besprengte sodann den äußern Theil des Hauses, darauf den innnern, in welchen er sich in Begleitung von Hrn. Boyer, der Generalvikarien und der Missionarien begeben hatte. Während dieser Zeit wiederholten die draußen gebliebenen Priester dieselbe Ceremonie unter Anstimmung des Psalmes Lactatus sum. Als die Besprengung im Innern vollendet war, begab sich der Prälat in Begleitung des gesammten Klerus in die Kapelle. Er ertheilte ihr die Weihe nach dem gewöhnlichen Ritus, und hielt unmittelbar darauf eine Votiv-Messe für den heil. Franz von Sales, vor einem provisorisch zu diesem Behufe errichteten Altare. Beim Evangelium konnte der fromme Bischof dem Drange nicht widerstehen, den Missionarien die Gefühle, welche seine Seele bewegten, an den Tag zu legen. Als das Opfer gebracht wurde, stieg er vom Altare herab, um auch seine Gabe dem Institute darzubringen. Die Geistlichkeit folgte seinem Beispiele. Das Ergebniß übertraf bei weitem dasjenige, was man von den Mittelmäßigen Vermögensumständen des größten Theils der Priester erwarten konnte.
Vor der Communion ertheilte der Prälat jedem Missionar den Frieden, und alle empfingen darauf das Abendmahl aus seiner Hand. Nach beendigter Messe richtete Abbe Mermier, Superior der Missionen, rühmlich bekannt durch seine Leistungen, eine Rede voll Erkenntlichkeitsgefühl, Ergebenheit und Demuth an den verehrten Gründer der Anstalt. Der Bischof erhob in der Gegenrede seinen Muth, indem er ihm in Jesus Christus das Musterbild, die Stütze und den Lohn der Missionarien darstellte.
(Ami de la Religion)
Deutschland.
Preußen.
Berlin, 21. Sept. Wie man hört, wollen durch den günstigen Erfolg der ersten Auswanderung der Zillerthaler aufgemuntert, noch einige andere heimlich protestantische Tyroler Gemeinden dem Beispiele der Zillerthaler folgen. Die Letzteren (4—500 Köpfe) werden wahrscheinlich, so bald sie nach Schlesien kommen, eine große Anzahl von Hochzeiten feiern, da ihnen seit dem Jahre 1827 keine eheliche Trauung gestattet worden ist. Den unehelichen Kindern, die sich unter ihnen befunden (11 an der Zahl), soll die Auswanderungs-Erlaubniß verweigert worden seyn. — Wenn ein Gerücht nicht täuscht, so sollen auch uns nächstens solche Auswanderungen bevorstehen, da namentlich in Schlesien viele Separatisten sich mit der evangelischen Union nicht befreunden und ihren früheren Seelsorgern in das Ausland folgen wollen.
(Hannöv. Ztg.)
Bunzlau. In Bunzlau sind die Sectirer sehr stark und im Liegnitzer Kreise sind der Religionsschwärmer immer noch sehr Viele.
Ratibor. Der Stadtälteste und vormalige Apotheker Frank zu Ratibor hat der dasigen Stadtkommune zwei Häuser, zur Errichtung einer Waisenanstalt für Kinder aller christlichen Confessionen, geschenkt.
(Rhein- und Mosel-Zeitung.)
Posen. Die vollste Dankbarkeit und Anerkennung verdient der liberale Sinn, die Sorgfalt und Hochherzigkeit, mit welcher unsere Provinzial-Regierung für die Organisation des früher so verworrenen, Mißbräuchen aller Art Preis gegebenen, israelischen Gemeindewesens wirkt. Ganz entfernt von dem Prinzipe, sich in die inneren Gemeinde-Angelegenheiten nicht mischen zu |Sp. 1269| wollen, wodurch nur der Eigensucht, dem Ersterben alles edeln Gemeinsinns Vorschub geschieht, und die völlige Zerrüttung der Synagoge herbeigeführt wird, gestaltet sich hier das Gemeindewesen unter dem höhern, entschieden ausgesprochenen und kräftig bethätigten Einfluß der Regierung zu einem erfreulichen Ganzen, das die Keime zu künftiger, weiterer Entwicklung in seinem Schooße birgt. Insbesondere ist die wahrhaft väterliche Sorgfalt für das Gedeihen der jüdischen Elementarschule in der Provinz nicht genug hervorzuheben. Oeftere Schulrevisionen durch den als Mensch wie als Schulmann gleich hochstehenden Konsistorial- und Regierungsrath Jakob sind ganz dazu geeignet, die Lässigkeit zu schrecken, den Schlendrian zu scheuchen, den Eifer zu spornen, da es keine leeren Förmlichkeiten, sondern tief eingehende Bedürfnisse, Wünsche, Mängel, Vorzüge, prüfende und abwägende Acte sind. Daß die erkannte Tüchtigkeit in den Leistungen auch thätlich anerkannt wird, hat die Regierung dadurch bewiesen, daß sie neulich dem Herrn Moritz Neustadt, Lehrer an der jüdischen Elementarschule zu Fraustadt in Rücksicht seiner wackern Amtsführung, in gleicher Weise wie den sieben andern christlichen Elementarlehrern, aus den dazu ausgesetzten Fonds 10 Thaler als Gratification bewilligt hat.
(Allg. Ztg. d. Judenth.)
Münster, 3. Sept. Am 30., 31. v. M. und 1. d. M. wurden in der hiesigen Vereinschule die gewöhnlichen Schlußprüfungen unter den üblichen Schluß-Feierlichkeiten vor einem zahlreichen Publikum, unter welchem viele Mitglieder der hohen Behörden, gehalten. Da die vorzüglichen Leistungen dieser Lehranstalt schon durch viele Jahre sich bewährt haben, und oft und öffentlich von allen Seiten anerkannt sind, so beschränkt sich Ref., um oft Gesagtes nicht überflüssig zu wiederholen, auf die Bemerkung wie ihm neben den treffenden Antworten der Zöglinge vorzüglich auch ihr ungezwungenes und freies, aber doch anständiges Benehmen aufgefallen ist, und zugleich viele ehemalige Zöglinge der Anstalt mit sichtbarer Anhänglichkeit den Prüfungen fast ununterbrochen beiwohnten; — ein Beweis, daß die bekannte, mit angemessener Strenge gepaarte Humanität des hochherzigen Begründers, Dr. Haindorf, fortwährend die segenreichsten Folgen für den guten Geist seiner Anstalt, welcher die verschiedensten Konfessionen, Geburt und Verhältnisse ohne Huldigung des Indifferentismus, durch ein liebevolles Band der Eintracht und Wißbegierde umschlingt, und in den herrlichen Früchten, die sie getragen, dem edlen Menschenfreunde die lohnendste Anerkennung seiner Aufopferungen gewährt. Das ausgezeichnete Lehrerpersonal hat sich u. A. wieder dadurch bewährt, daß eine Anzahl Lehrerzöglinge die Prüfung zu Soest ruhmvoll bestanden hat, auch mehrere jüngere Schüler zur Aufnahme in das hiesige Gymnasium für reif befunden sind.
(Westfälischer Merkur.)
Paderborn, 26. August. Man liest in der Beilage zu No. 209 des dahier erscheinenden Westfälischen Merkurs vom 1. Septbr.:
Proveniebant oratores novi, stulti, adolescentuli. Cic. de senect. c. 6.
In einer angeblich zu Rudolstadt gedruckten Piece, betitelt: „Die katholische Kirche Preußens“, hat der anonyme Verfasser auf eine für die Lehrer sehr ehrenrührige Weise der theologischen Lehranstalt zu Paderborn gedacht. — Nicht nur die betreffenden Aeußerungen über die Vorlesungen und Examina, sondern auch der ganze übrige Inhalt der Schrift, die zudem noch sehr schülerhaft geschrieben ist, zeigen indeß hinlänglich, daß jenem Anonymus, um über Leistungen theologischer Lehr-Anstalten competent urtheilen zu können, eben sowohl die erforderliche Kenntniß und genaue Bekanntschaft mit der Verfassung, dem Wesen und den Instituten der katholischen Kirche fehlen, als andererseits eine ruhige Beurtheilung sine ira et studio in Sachen, die den Clerus betreffen, bei ihm nicht zu erwarten ist. Lohnte es sich der Mühe, den Anonymus wegen der über die Prüfungen vorgebrachten Beschuldigungen, wonach die Examinatoren nicht nur als gewöhnliche, sondern die vereidigten Synodal-Examinatoren auch als meineidige Schurken erscheinen müssen, gerichtlich zu belangen, so würde sich ergeben, daß seine Behauptungen in dieser Hinsicht eben so sehr freche, unverschämte Verläumdungen sind, als jeder Sachkundige der Aeußerung über die Vorlesungen bei'm ersten Anblicke ansicht, daß sie nichts weiter, als eine von den auch an- |Sp. 1270| derwärts vorkommenden gewöhnlichen Studenten-Rodomontaden ist, die hier in bekannter Suade nachgeleiert wird.
Es wird darum hinlänglich seyn, zu bemerken, daß die Professoren der Theologie zu Paderborn die Anforderungen, die man an eine theologische Lehranstalt nach ihrer verschiedenen Stellung fach- und zeitgemäß machen muß, recht gut kennen, und was die hiesige Lehranstalt angeht, längst ihre Wünsche und Vorschläge der hohen vorgesetzten Behörde vorgetragen und zugleich dem hochwürdigsten Hrn. Bischofe, Freiherrn von Ledebur, einen ausführlichen Studienplan vorgelegt haben, den jeder Kenner sach- und zeitgemäß finden wird.
Sollte jener Anonymus ein Mehreres wünschen, so wird man keinen Anstand nehmen, an geeigneten Orten mit ihm in die Schranken zu treten, wenn er nur vorher das Visir öffnet, um gewahren zu können, ob man mit einem wissenschaftlich Ebenbürtigen zu thun hat, wozu nach dem Vorliegenden wenig Anschein vorhanden ist.
* Köln, den 13. Sept. Der Regens des erzbischöflichen Seminars, Domkapitular Dr. Weitz hat bekannt gemacht: Der Allgemeine Religions- und Kirchenfreund etc., herausgegeben von Dr. Benkert und Saffenreuter, enthält im Juliushefte d. J., Bemerk. No. 24, Folgendes: „es konnte der Regens des Seminars (zu Köln) es wagen, daß er den Alumnen den schriftlichen oder mündlichen Verkehr mit dem Erzbischof untersagte.“ Dieses, so wie was ferner in diesem Artikel über das hiesige Seminar ausgesagt wird, erklärt der Unterzeichnete hiemit als Lüge und Verläumdung.
— Der Kirchenvorstand zu St. Ursula zu Köln hat eine Aufforderung erlassen zur 16hundertjährigen Jubelfeier des Martertodes der h. Ursula mit ihrer Gesellschaft, im Oktober d. J. Es heißt darin: „Die Bewohner Köln's von einer bevorstehenden, so erhabenen als seltenen Feier amtlich in Kenntniß zu setzen, wird hiermit um so lieber bezweckt, als das darüber schon verbreitete Gerücht bei Gutgesinnten allenthalben beifällig aufgenommen worden ist und die freudigste Stimmung hervorgerufen hat. Es war das Jahr 237 nach Christi Geburt, als England's Fürstentochter Ursula, nun die Heilige, und ihre Gesellschaft, auf dem an die damalige Stadt nach ihrer Nordseite angränzenden Acker, welcher seitdem der „Ursula-Acker" genannt wird, und den jetzt der nördliche Stadttheil selbst umschließt, mit ihrem Blute zeugten für die Tugend, die sie schätzten, für den Glauben Jesu Christi, den sie in Gesinnung und Wandel bewährten. Was unsere Stadt von diesem Zeugnisse gehalten, welche Frucht sie von diesem blutgetränkten Boden geärntet hat, beurkundet ihr Name: das heilige Köln, und die Erwählung der h. Märtyrerschaar zu Stadtpatronen. Köln, Du alte, ehrwürdige, heilige Stadt, vor Deinen Schwestern herragend, wie in Dir selbst ein Dom! so wäre denn nun die Reihe an Dir, auch einmal eine, Deinem theuersten Kleinode geltende Jubelfeier zu veranstalten, wie sie nur Jahrhunderten angehört, eine Feier, die vielleicht fünfzehn Jahrhunderte Deinen Schutzheiligen noch schulden; denn von einer früheren Feier der Art findet sich keine Spur.“
(Aschaffb. Ztg.)
Churhessen.
Kassel, 7. Sept. Die protest. Landeskirche hat ihren Nestor verloren. Der General-Superintendent und Oberhofprediger Dr. theol. Justus Philipp Rommel, Kommandeur des churfürstl. Hausordens vom goldenen Löwen, ist diese Nacht im 84. Lebensjahre, sanft entschlafen.
(Frfrt. J.)
Fulda, den 17. Sept. Gestern ward der Pfarrei Großkrotzenburg erstmals das Glück zu Theil, die allgemein hochverehrte Person ihres Oberhirten, Sr. Exz. des hochwürdigsten Landesbischofes Dr. Johann Leonard Pfaff, in ihrer Mitte zu sehen. Gegen Abend rief ein feierliches Glockengeläute die Gemeinde in die im Innern und an den Eingängen mit Kränzen geschmückte Kirche, und bald darauf ging der Zug, voran die Schuljugend und Firmlinge, mit der Ortsgeistlichkeit, welcher der Baldachin, getragen von frommen Ortsbürgern, folgte, dem Hochgefeierten eine große Strecke Weges entgegen. Als der Hochersehnte bei dem Zuge angelangt war, und von der Pfarrei Großkrotzenburg den Ausdruck ihrer ehrfurchtsvollen |Sp. 1271| Gefühle huldreich entgegengenommen hatte, erklang Hochdemselben ein dreimaliges Lebehoch! Der hochwürdigste Bischof verließ nun den Wagen, trat unter den Baldachin und begab sich mit der, das „Te Deum laudamus!“ absingenden, Prozession in die Kirche, vor den mit den ausgesuchtesten Blumen gezierten Altar, wo hochderselbe, auf der untersten Stufe kniend, mit den anwesenden Priestern in der Stille einige Zeit betete. Ergreifend war sodann der Eindruck, den die salbungsvolle Anrede des hochwürdigsten Oberhirten an die versammelte Gemeinde in der durch viele Kerzen erleuchteten Kirche bei schon eingetretener Dämmerung hervorbrachte.
Nachdem heute die nach Großkrotzenburg eingepfarrte Filial-Gemeinde Oberrodenbach, in ihrer Mitte einen Blumenkranz für den Hochgefeierten tragend, so wie die Pfarrei Großauheim unter kirchlichen Gesängen in die Pfarrkirche zu Großkrotzenburg eingezogen waren, holte die anwesende Geistlichkeit mit der Schuljugend und den Firmlingen den hochwürdigsten Bischof unter dem Baldachin aus dem Pfarrhause in die Kirche ab. Den Eintritt hochdesselben in das Gotteshaus verkündigten die plötzlich ertönende Musik und die sie begleitende fortissimo einfallende Orgel. Der hochwürdigste Oberhirt bestieg nun die decorirte Kanzel, und hielt eine ausführliche Predigt über die ganz verschieden sich äußernden Wirkungen des h. Sakramentes der Firmung bei den ersten und bei den jetzigen Christen, zog hieraus die heilsamsten Nutzanwendungen, und eiferte in dem Geiste des heil. Apostels Paulus gegen die Laster unserer Zeit. Der kraftvolle und gediegene Vortrag und die bündige Ausführung des Thema's fesselten die Aufmerksamkeit der von nah und fern herbeigeeilten Zuhörer und beurkundeten den großen und gelehrten Redner. Sodann spendete der hochwürdigste Bischof das heil. Sakrament der Firmung aus, worauf hochderselbe ein feierliches Hochamt unter Assistenz von fünf Priestern abhielt. Während dessen führte ein Musikchor aus Hanau unter der Leitung des geschickten Ortsorganisten mehrere Tonstücke trefflich aus.
Nach Beendigung des dreistündigen feierlichen Gottesdienstes, in welchem alle Anwesenden von tiefer Rührung ergriffen, und in dem Entschlusse, überall nach den Vorschriften des Gewissens und des Christenthums zu wandeln bestärkt worden waren, wurde der hochwürdigste Oberhirt von der Geistlichkeit in das Pfarrhaus feierlich zurückbegleitet, und nun zogen die Schuljugend und Firmlinge in den Pfarrhof, überreichten dem Hochgefeierten herrlich gewundene Blumenkränze als Zeichen ihres Dankes und kindlicher Ehrfurcht, wovon einer den Namenszug des hochverehrten Landesbischofes enthielt und zugleich mit einem seidenen Bande geschmückt war, auf welches letztere folgendes Gedicht, welches von der Gemeinde unter Begleitung der Musik abgesungen wurde, gedruckt war:
Zu dem Lichte aufgeschwungen,
Hohes, hohes Lied gesungen,
Staub im Staub' erhebe Dich,
Preise Gott heut' inniglich!
Jauchz't, Ihr Seelen voll Entzücken!
Segen soll uns heut' beglücken,
Der dem Gläub'gen, der ihn preis't,
Auch den Weg zum Himmel weist,
Schöner Tag ist uns geworden;
Kränz't des heil'gen Tempels Pforten,
Kränz't des frommen Hirten Pfad,
Der mit Lieb' und Gut' uns nah't!
Sing't im Jubelton, Ihr Chöre:
Ihm sey Heil und ihm sey Ehre,
Der uns Gottes Segen deut,
Unsre Herzen hocherfreut!
Jauchzet, heut' zum erstes Male
Naht' er uns'rem stillen Thale,
Um ein Tröster uns zu seyn
Und der Tugend uns zu weih'n.
Reiner Tugend linder Flügel
Leitet über Grabeshügel,
Sie empfängt an Gottes Thron
Auch dereinst den schönsten Lohn.
|Sp. 1272| Laßt dem Hirten uns vertrauen,
Immer gläubig auf Ihn schauen,
Der oft in die dunkle Nacht
Vielen Seelen Trost gebracht.
Lauter, als die Festgesänge,
Tönt der guten Thaten Menge,
Ewig wahr, ein hoher Klang,
Ihm den schönsten Lobgesang.
Wo er weilt, auf allen Wegen,
Strömt des Himmels reichster Segen,
Ruhe die bei Gutea wohnt
Und dem edlen Streben lohnt.
Was wir jemals irrig dachten,
Was im Irrthum wir vollbrachten,
Er, der Milde, auch verzeiht,
Wenn das Herz so gern bereu't.
O ew'ger Gott, o laß noch lang'
Den frommen Hirt uns segnen,
Am Jubeltag, im Zeitendrang
Ihm Freude nur begegnen!
Noch lange, lange wirke
Er Wie immer, edel, glorreich hehr,
Sey uns ein Milder Vater,
Ein Hort und auch Berather!
Herr aller Herren immerdar,
Du Lenker aller Sterne,
Du hörst das Fleh'n der Gläub'gen Schaar
Der Kinder Bitten gerne:
Laß uns, dess' wir uns heut erfreu'n,
Des heil'gen Segens würdig seyn,
Daß nicht den ew'gen Glauben
Uns Wahn und Sünde rauben!
Der hochwürdigste Oherhirt und Jugendfreund war gerührt, segnete nach dem Beispiele des göttlichen Herrn und Meisters (Mark. X 16) die liebe Jugend und entließ sie nach einer faßlichen Anrede unter väterlich liebreichen Ermahnungen, ihre Unschuld zu bewahren, und gegen die Gefahren der Sünde muthvoll anzukämpfen.
Morgen wird Se. bischöfl. Exz., begleitet von den Segenswünschen der unschuldigen Kinder und Firmlinge, die Reise fortsetzen, und wie verlautet, nach einiger Zeit in Hanau das heil. Sakrament der Firmung ausspenden.
(Hanauer Ztg.)
Von H.
Aub
, Rabbiner in München.
Obgleich in der Benennung dieses Aufsatzes „die religiösen Parteien“, eine indirekte Zustimmung wenigstens liegt, daß es nämlich solche theologische Parteien nicht gibt, wie sie Herr Dr. Heß bezeichnet, und obgleich der Verfasser dieses Aussatzes den Hrn. Dr. Heß mißverstanden, wie aus der Anmerkung des Letztern erhellt, indem Hr. Dr. Heß nicht von einer Partei spricht, „die nur das beibehalten wolle, was jede kirchliche Einrichtung als unerläßlich erheischt“: so werden doch meine Einwendungen gegen die geäußerte Meynung des Hrn. Dr. Heß leidenschaftslos (?) zurückgewiesen; ohne allen und jeden Grund. — Wenn nun auch eine solche Zurückweisung schwer zu widerlegen ist, so wollen wir's doch versuchen, die Worte des Hrn. Dr. Creizenach näher zu beleuchten. — |Sp. 1273| Vor Allem muß bemerkt werden, daß wir gegen die Meynung des Hrn. Dr. Heß, der nur, wie wir ihn richtig aufgefaßt zu haben scheinen, von zwei Parteien, von der biblischen und traditionellen spricht, hierin Hrn. Dr. Creizenach beistimmen, daß in unserer Zeit unter Israel, wie fast in allen kirchlichen Gesellschaften, mehrere verschiedene Ansichten sich herausstellen. (Parteien können wir sie mit Recht nicht nennen, weil sie sich als solche von der alten Synagoge nicht getrennt und gesondert haben.) Nämlich:
1) Diejenige, welche Alles und Jedes, was durch die Bibel, den Talmud, die Midraschim etc., und was durch das Herkommen geheiligt oder eingeführt ist, beibehalten will. Dieser Ansicht sind heut zu Tage noch sehr viele Israeliten zugethan, mit tüchtigen Kämpfern an ihrer Spitze, wovon wir nur Hrn. Hirsch, großherzogl. oldenb. Landrabbiner und Verfasser des „Ben Usiel“ und „Choreb“ nennen wollen.
2) Diejenige, welche sich an der Schrift und dem Talmud hält, oder deutlicher, die den Talmud, nach seinem ganzen Umfange, als geheiligte Tradition betrachtet.
3) Diejenige, welche die Bibel nach der traditionellen Auslegung des Talmuds zur Richtschnur hat. Diese Ansicht ist es auch, zu der wir uns bekennen, ohne auf jedes Wort im Talmud zu schwören, oder gar von den von Hrn. Peter Beer so gut gezählten 13,002 Paragraphen des Schulchan Aruch, kein Jota nachlassen zu wollen.
4) Die vom Hrn. Dr. Creizenach angeführte, welche die vorgeblich für unsere Zeit nicht passenden Ritualvorschriften, wozu man auch die ungeeignete Sabbath-Feier am Samstag rechnen könnte, nicht für verbindlich erachtet.
5) Die ebenfalls von demselben angeführte, die nur das mitzumachen geneigt ist, was jede Kirche als unerläßlich erfordert.
Herr Creizenach wird aus dem Gesagten schon entnehmen, daß wir nicht dagegen sind, wenn Jeder seine Ansicht frei ausspricht. מתוך הויכזה יתבדר האמת „durch die Debatte wird die Wahrheit erörtert,“ sagt schon ein alter Weiser. Nicht aber jene Wahrheit, die Herr Creizenach dafür ausgeben will, daß nämlich die eigentliche Divergenz unter allen gebildeten Israeliten nur auf Fragen unwesentlichen Inhalts sich beziehet. Denn sind wohl die Fragen: ob die Bibel in allen ihren Theilen und Vorschriften, die noch ausgeübt werden können, noch verbindlich für uns ist, oder nicht; ob wir eine Tradition, die von Mose herstammt, haben, und ob diese in der Mischna und Gemara aufbewahrt ist, unwesentlich, oder greifen sie nicht vielmehr in das innere Wesen der Religion ein? Ich muß Hrn. Dr. Creizenach bitten, seine eigenen Worte nicht zu vergessen. „Es gibt aber auch Diskussionen einer äußerst verderblichen Art, sagt derselbe (Vorrede zum Tharjag, S. XV), bei welchen die Wahrheit weder gefunden, noch gesucht wird; wo man weniger fragt, was behauptet wird, als wer behauptet etc«.“ — Denn hat Hr. Creizenach wohl beachtet, daß meine ganze Behauptung nur dahin gehet, daß der jüdische Cultus eine Tradition anerkenne, nach welcher die h. Schrift auszulegen ist? Daß er es aber durchaus nicht zugeben könne, die Schrift zu deuten nach Wohlgefallen? Hat Hr. Dr. Creizenach nur im Entfernsten darauf Rücksicht genommen ? Gewlß nicht! sonst hätte er es in seinem Eifer nicht so übel nehmen können, daß ich die bibl. Begründung der einen Partei leugne; sonst hätte er nicht glauben können, daß ich mit so ernsten Dingen spaße. O nein! es ist kein Spaß, vielmehr jetzt noch meine volle Ueberzeugung, die Hr. Dr. Creizenach nicht widerlegt hat, daß die besprochene Partei oder Ansicht nicht auf biblischem Grund und Boden, sondern auf bloßer Bequemlichkeitsliebe ruhet. Eben so glaube ich, daß es Hrn. Dr. Creizenach's voller Ernst sey, wenn er behauptet, „daß die allermeisten Ritualvorschriften in unsern Zeiten und Staaten keine Anwendbarkeit haben“. Dieß beweist aber schon, daß ich dessen Ansichten, die er im Tharjag eben so andeutete, wie er sie hier ausspricht, richtig aufgefaßt, und den Tharjag nicht falsch zitirt habe. Was ich in Beziehung der ritual-mäßigen Zubereitung der Speisen oder des Fleisches zitirt, ist dortselbst Gebot 63 zu lesen, und im Schurath Haddin, der eine Ergänzung zum Tharjag bildet, ausgeführt No. 133. In Beziehung des Sabbaths ist aus dem Tharjag für ein auch nicht sehr geübtes Auge dieselbe Meynung wohl zu entnehmen, welche im Schur. Haddin deutlich dahin ausgesprochen wird: „Wollten |Sp. 1274| wir bei den Buchstaben des Pentateuchs und der Propheten stehen bleiben, so könnten wir mit wenigen Worten sagen, die Israeliten dürften den Sabbath feiern, wie die Christen den Sonntag.“ (S. 15.) Wie aber ein so scharfsinniger Denker, wie Herr Creizenach, eine solche Behauptung aufstellen kann, ist in der That unbegreiflich. Der klare Wortsinn der bezüglichen Gebote und Verbote sagt gerade das Gegentheil. Wir verweisen nur auf die Stellen 2 B. M. 20, 8-11. 35,2-3, 5 B. M.5, 12-15. Jes. 58,13. Jerem. 17 21-22.
Die indirekten Vorwürfe über die Benennung „moderner Juden“, über „die Bittschriften an die Regierungen Deutschland's, um Reibungen und Anfeindungen zu veranlassen etc.“ kann ich füglich mit Stillschweigen übergehen, indem sie mich, Gott sey Dank, nicht treffen.
Schließlich stimmen wir Hr. Dr. Ich habe seiner Zeit nicht ermangelt, die betreffende Zuschrift des Hrn. Rabbiners der isr. Special-Redaction mitzutheilen. H. Creizenach bei, daß es jetzt sehr Noth thut, geistig zu wirken, wenn nicht das Materielle gänzlich die Oberhand gewinnen soll. Dieß war es auch, was mich bestimmte, von meiner frühern Ansicht המשכיל בעת ההיא ידם abzugehen, was ich auch bei Gelegenheit der so späten Einsendung meiner fraglichen Bemerkungen der Hauptredaktion der Univers. K.-Ztg. mit dem Bemerken mittheilte, daß ich mich bloß dadurch veranlaßt finde, dieselben der Oeffentlichkeit zu übergeben, weil Hr. Pfarrer Haas in seinem Staatsbürgerthum der Juden etc. die Meynung des Hrn. Dr. Heß (S. 88) adoptirte, und „ein Schweigen als ein Zugestehen betrachtet werden könnte.“
Vom Professor Dr.
J. S. von Drey
in Tübingen.
Die nachfolgende Abhandlung erschien zuerst im Jahre 1622 in der damals zu Bonn herauskommenden Zeitschrift Der Apologet des Katholizismus; der seitdem als solcher bekannt gewordene hochachtbare Verfasser hat sich dadurch alle Katholiken zu Dank verpflichtet, und ihnen Gelegenheit gegeben, ihre getrennten Brüder über ein Mißverständniß aufzuklären, was gerade bei diesem Punkte vielfach und selbst bei sonst hochgebildeten Theologen herrschend ist. Diese Absicht wird auch unsrerseits die Aufnahme derselben rechtfertigen, um so mehr, als wir die Gewißheit haben, daß der treffliche Aussatz vielen protestantischen Gelehrten noch unbekannt ist.
Es soll hier untersucht werden, was es mit dem Satze von der alleinseligmachenden Kirche für eine Bewandniß habe. Und zwar soll die Untersuchung aus einem thetischen und einem historischen Theile bestehen Bloß der thetische Theil ward dort und wird hier mitgetheilt.
1. Was heißt Seligmachen zunächst im Sinne der Schrift ?
Wiewohl die gewöhnliche Bedeutung dieses Worts in unserer Muttersprache, auch bei den Theologen, bekannt genug ist, so halte ich es doch für nöthig, den vollen Sinn desselben aus der Schrift hier anzuführen, vorzüglich darum, weil unser deutsches Wort nicht vollkommen das ausdrückt, was das biblische Wort — σωζειν — wofür jenes in der Uebersetzung gebraucht wird. Seligmachen nach dem biblischen Ausdrucke heißt unter Zugrundlegung des allgemeinen Begriffs; Errettung von allem |Sp. 1275| Uebel. — a) Erretten und befreien von dem moralischen Verderben, in welchem sich nach der Lehre der Schrift die Menschheit vor der gegenwärtigen Heils- oder Rettungsanstalt befand, und worin sich nach derselben Lehre jeder einzelne Mensch befindet, insofern er an dieser Rettungsanstalt noch nicht Antheil genommen hat; also erretten oder befreien von der Sünde und ihren Ursachen, der herrschenden Sinnlichkeit, Weltlust, den Leidenschaften, dem Mangel richtiger moralischer und religiöser Begriffe, dem Aberglauben und Unglauben. So ist es genommen, Matth. I,21; XVIII,11; Luk. XIX,10; Joh. V,35; I. Kor. I,18; Eph. II,5. 8; I. Thessal. II,16; I. Tim. I,15; II,4; I. Pet. III,21.b) Erretten oder befreien von der Folge des moralischen Verderbens, dem Strafgerichte Gottes, daß bald näher, bald ferner, aber immer als unausbleiblich dargestellt wird. Mark. XVI,16; Joh. III,17; XII,47; Röm. V,9; IX,27; I. Kor. III,15; V,5; Hebr. VII,25; I. Petr. IV,8. — c) Endlich positiv beglücken oder beseligen zum Theil in diesem, vorzüglich aber in dem künftigen Leben, im Reiche Gottes. Matth. XIX,25; Mark. X,26; Luk. XIII,23, ff.; Röm. VIII,24; X,9.13; I.Tim. II,15; IV,18; Jak. I,21; II,14; u. a.
2) Seligmachen — in jedem dieser Sinne, einzeln oder zusammengenommmen, kann kein Mensch, keine menschliche Gesellschaft, keine Kirche, — sondern Gott allein.
Auch dieß ist die Lehre der Schrift, darum spricht sie oft von Gott unserem Heiland oder Seligmacher; dieß ist aus den Begriffen selbst klar, darum bedarf es keines weiteren Beweises für diesen Satz; dieß hat auch noch Niemand behauptet; wer es anders zeigen kann, der trete auf, und thue es.
3) In der gegenwärtigen Periode der moralischen Weltordnung oder der göttlichen Vorsehung ist es Jesus Christus, seine Erscheinung, und was sich daran knüpft, wodurch Gott die Menschen und zwar alle ohne Ausnahme, in jeder der oben angeführten Bedeutungen des Wortes, selig machen will.
Dieß ist eine der Grundlehren der Schriften des neuen Testaments; in so vielen Stellen derselben ausgesprochen, daß es beinahe unmöglich wäre, sie alle aufzuführen; so allgemein anerkannt, daß es überflüssig ist, sie anführen zu wollen.
4) Die Forderung oder Bedingung, unter welcher die Menschen durch Christus selig werden, läßt sich ausdrücken, und ist in der Schrift wirklich ausgedrückt durch die Formel: Glauben an Christus.
Denn wenn Gott uns durch Christus selig machen will, so hat er wohl für sich das Recht, überhaupt eine Bedingung des Seligwerdens zu fordern, und das Seligwerden selbst, d. h. dasjenige, was die Seligkeit oder das Heil — σωτηρια — nach dem oben entwickelten Sprachgebrauch der Bibel bedeutet, hängt mit dem, was sie den Glauben an Christus nennt, so innig zusammen, daß Gott jene Bedingung oder Forderung nicht nur setzen konnte, sondern als Herr der moralischen Weltordnung sogar setzen mußte, wie aus der nun folgenden Erläuterung erhellen wird.
Daß nach der Lehre der Schrift Glaube, oder Glauben (πιστις, πιστευειν) an Christus als Bedingung des Seligwerdens gefordert wird, weiß und gesteht wohl Jeder zu, und es ist kaum nöthig, an die vielen Stellen zu erinnern, wo diesem Glauben Heil und Seligkeit entweder buchstäblich, oder in gleichbedeutenden Ausdrücken, als da sind; Rechtfertigung, Vergebung der Sünden, Wohlgefallen Gottes u. s. f. — zugeschrieben wird.
Was aber unter dem Glauben an Christus zu verstehen sey, darüber dürften die Meynungen heut zu Tage weniger getheilt, und man so ziemlich allgemein einverstanden seyn, daß darunter — nicht bloß die feste Ueberzeugung, Christus sey zum Heile der Welt von Gott gesandt, was allerdings der erste Glaubenspunkt ist; —auch nicht bloß, oder mit ihr, das feste Vertrauen auf die seligmachende Kraft Christi, welches Vertrauen allerdings eine notwendige Folge von jener Ueberzeugung ist; — sondern überhaupt die glaubensvolle Annahme aller Wahrheiten und Lehren, welche Christus in göttlichem Auftrage den Menschen verkündet hat, und durch die Diener seines Worts in der ganzen Welt verkünden läßt; endlich selbst auch die praktischen Gesinnungen und die ganze Handlungsweise begriffen werden, welche theils mit den theoretischen Lehren des Christenthums in einem natürlichen Zusammenhange stehen, theils von Christus, dem Seligmacher, ausdrücklich gefordert werden, theils durch die allgemei-|Sp. 1276| nen biblischen Formeln von der Sinnesänderung, Wiedergeburt aus dem Geiste, Vollkommenheit, Heiligung, Gottähnlichkeit u. s. w. bezeichnet sind.
5) Aber auch abgesehen von der genaueren Bestimmung dieses Begriffes ist soviel gewiß, daß man schon lange und allgemein, wegen der gedachten Beziehung des Glaubens auf das Heil oder die Seligkeit, ihn selbst — diesen Glauben — den seligmachenden genannt hat.
An sich und im strengeren Sinne ist der Ausdruck unrichtig. Denn so hoch man die Kraft des Glaubens auch anschlagen, und selbst wenn man ihn nach dem dogmatisch genauen Begriff als eine Gabe Gottes, als eine Wirkung der Gnade betrachtet, so ist, oder wird er doch überall, wo er vorhanden ist, des Menschen Sache; der Mensch und sein Glaube sind Eins. Sagt man also: der Glaube mache selig; so sagt man in dieser Beziehung: der Mensch mache sich, und nicht Gott mache ihn selig, was dem obigen Satze widerspricht. Auch kann man von dem Glauben nicht eigentlich sagen: er errette aus dem moralischen Verderben, er befreie von dem Strafgerichte Gottes, er verleihe ewige Freuden und Seligkeit, was der eigentliche Begriff des Seligmachens ist; dies alles thut im Eigentlichen Sinne nur Gott und Christus. Endlich sagt die Schrift nirgends, daß der Glaube selig mache; sie sagt nur: wer glaubt, werde selig werden; durch den Glauben würden wir selig, u. s. w.
Indessen nahmen die, welche zuerst den Ausdruck — seligmachender Glaube — einführten, so wie alle, die sich seitdem desselben bedienen, ihn sicherlich nicht in dem so eben bemerkten irrigen Sinne, sondern in dem vorher entwickelten völlig biblischen, daß er die Bedingung sey, unter welcher in der gegenwärtigen Periode Gott die Menschen selig mache, und diese selig werden. Sie erwogen, was der christliche Glaube nach der positiven Veranstaltung, nach dem Willen Gottes als Mittel zur Seligkeit beiträgt und legten ihm das Prädikat bei, das im strengsten Sinne nur von Gott, als der wahren causa efficiens der Seligkeit, gebraucht werden kann. Es war der abgekürzte bequemere Ausdruck statt des längeren, wortreicheren; und so ist er meines Wissens von Niemand angefochten, in den Sprachgebrauch der Theologen aller Konfessionen übergegangen, und findet sich jetzt noch nicht nur in den Werken, für die Schule, sondern vorzüglich in den religiösen Handbüchern für das Volk, namentlich in den Katechismen der Protestanten sowohl als der Katholiken.
Ich hätte diese Auseinandersetzung eines allgemein gangbaren und allgemein verstandenen Ausdrucks, da sie mir selbst fast kleinlich und an sich völlig überflüssig vorkommt, gern übergangen, wenn mich nicht der Widerspruch der Protestanten gegen einen verwandten und ähnlichen Ausdruck, um dessen Erklärung es sich hier eigentlich handelt, nöthigte, mit der Erläuterung da anzufangen, wo sie in einer systematischen Entwicklung von Begriffen und Redensarten angefangen werden muß.
(Fortsetzung folgt.)
(Fortsetzung.)
Allgemeine Literatur-Zeitung.
No. 44-45. Exeget. Werke über die Psalmen von H. M. Ewald, Sachs und J. Hitzig. — No. 45, 46 Gebser und Hagen Der Dom zu Königsberg in Preußen. — Spieker Beschreibung und Geschichte der Marienkirche zu Frankfurt a. d. O. — No. 47. Marheinecke Lehrbuch des christl. Glaubens und Lebens. 2. Aufl. — No. 51. L. Lange Die Kindertaufe in der evangel. Kirche, aus dem Standpunkte der symbol. Bücher, der h. Schrift und der menschlichen Vernunft. — No. 57. J. van Gilhe Comment. de Sapientia Jesu Sirachides. — No. 76. Grossmann Comment. de philosophia Sadducaeorum. No. 79. Gieseler Comment. qua Clementis Alexandr. et Origenis doctrinae de corpore Christi exponuntur. — No. 87 Plüschke lectiones alexandrinae et hebraicae. — No. 91 C.G. Bauer Jubelpredigt. — No. 93. H. A. Schott's Biographie, von Danz. — Fritsche Gedächtnißpredigt auf Friedrich Franz, Großherzog von Mecklenburg. — No. 94, 95. Hengstenberg Christologie des A. T. oder |Sp. 1277| Commentar über die messian. Weissagungen der Propheten. Th. 2. u. 3. — No. 95. Haft Geschichte der Wiedertäufer. — Ergänzungsblätter, No. 22, 23. Marheinecke Geschichte der deutschen Reformation, Th. 4. — No. 24. M. Guillon Histoire de la nouvelle heresie du dixneuviéme siecle. — No. 25-27. F. Hurter Geschichte Papst Innocenz III. und seiner Zeitgenossen, Bd. 1 und 2. — No. 29, 30. Religionsbekenntnisse zweier Vernunftfreunde, nämlich eines protest. und eines kathol. Theologen. — Wickenhöfer Evangel. Glaubensspiegel u. s. w. — No. 51. Apel Libri V. S. Apocryphi graece. — No. 52. Scharling Zwölf Vorlesungen über die Einleitung in's N. T. — Germar Die hermeneut. Mängel der sogen. grammat. histor. Interpretation. — No. 53, 54. Hirscher Christliche Moral, 3 Bde. — C. A. Hase lat. Gelegenheitsschrift über das Glaubensbekenntniß der evangel. Kirche. — No. 56. Fischer Casualreden. — Wallin Predigten und Reden. —
Theologisches Literaturblatt. No. 51. 52.
Die Sonntagsfeier u. s. w. von K. Zimmermann. Bd. IV. — Musterpredigten, herausgegeben von Schott und Schuderoff 1. u. 2. Bd. — Anger Archiv für Zeitpredigten und kirchliche Gelegenheitsreden. Jahrg. 1. G. H. 1. — No. 52. Möller Synodalpredigt. — No. 53. 54. Tholuck Die Glaubenswürdigkeit der evangel. Geschichte. u. s. w. — No. 53 Neuer Nekrolog der Deutschen. Jahrg. 12. — No. 54. Holzapfel Predigten. — Goldhorn Comment de summis principiis theologicae Abaelardeae. — No. 55. 56. Dr. G. J. Planck's Biographie, von F. Lücke. — No. 55. W. L. Cönen's Predigten. — No. 56. Die Uebung in der Schule des Lebens, u. s. w. Th. 1. — No. 57. C. F. Ruperti nachgelassene Predigten, rezens. von Lorberg. — No. 58. J. A. C. Mühlenhoff Predigten, rez. von Gollhard. — Der kleine Katechismus Lutheri u. s. w. in dem obergebirgischen Fürstenthume des Burggrafthums Nürnberg eingeführt. Neue Aufl. — No. 59. H. Stephani Berichtigung zweier histor. Irrthümer, betreff, den Zweck der Augsburgischen Confession. — Johamchen Untersuchung der Rechtmäßigkeit der Verpflichtung auf symbolische Bücher, beide rez. von Paulus. — Ohrt Die Wohlfahrt des Staates nicht ohne das Gedeihen der Kirche. — No. 60. Bockshammer Kurzgefaßter Konfirmationsunterricht. — Jesus Christus, der Weg, die Wahrheit und das Leben, Sammlung von Aussprüchen der heiligen Schrift u. s. w. — Hausmann Katechismus der christlichen Religion, rez. von Paniel. — Kraußold Predigt über die häufigen unglücklichen Ehen unserer Tage. — No. 61. Weinzierl Passionspredigten. — K. F. Horn Oberpredigt. —No. 62. 63. A. Geiger Wissenschaftliche Zeitschrift für jüdische Theologie. Bd. 1 u. 2 rez. von Carové. — No. 63. Kieselhausen Gereimte Morgengebete u. Morgenlieder. — No. 64. Wohlfarth Ueber den Einfluß der schönen Künste auf die Religion und den Kultus. — Bank und Henke Das Predigerseminar zu Wolfenbüttel. — F. H. Ranke Synodalrede über die Schwierigkeiten des christl. Predigtamtes. — No. 65. G. Friedländer Beitrage zur Reformationsgeschichte, rez. von Paulus. — Detroit Predigt zur Jubelfeier der franz. reformirten Kirche in Königsberg. — No. 66. M. Langenschwarz Die Arithmetik der Sprache, oder der Redner durch sich selbst, rez. von Läucher. — No. 67. Merkel Leitfaden für den Confirmanden-Unterricht, rez. von Lorb erg. — Rußwurm bibl. Fragen an Konfirmanden. — Allgemeine Wehr- und Waffenrüstung für junge Christen. — J. Maier Konfirmations-Handlung.
(Wird fortgesetzt.)
(74) Im Verlage von G. P. Aderholz in Breslau ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:
CATECHISMUS ROMANUS. Ex Decreto Consilii Tridentini et Pii V. Pont. Max. jussu editus. Editio nova ad editionem principem Manutianam anni 1566 accuratissime expressa. Praemissae sunt notitiae ad historiam hujus operis pertinentes. 8. maj. Velinpapier 1 Thlr. 4 gr. oder 2 fl. 6 kr.
Da die letzte Ausgabe des Catechismus Romanus, welche von den Jesuiten 1737 in Breslau veranstaltet worden, längst aus dem Buchhandel verschwunden, und die Nachfrage nach diesem Werke fortwährend nicht unbedeutend ist, so beschloß ich, davon eine neue Ausgabe zu |Sp. 1278| besorgen. Dieß wurde mir um so leichter und angenehmer da der Hr. Kanonicus Professor Dr. Ritter sich bereitwillig erklärte, die Aufsicht darüber zu führen, und dabei um die vielen eingeschlichenen Druckfehler und willkührlichen Abänderungen aus dem Werke herauszuschaffen, die älteste bei Manutius in Rom erschienene Ausgabe zum Grunde zu legen , von der sich ein Exemplar auf hiesiger Universitäts-Bibliothek befindet. Außerdem hat der Herr Herausgeber das Werk noch mit einer kurzen Geschichte seiner Abfassung in der Vorrede bereichert, welche man bis jetzt sowohl in den übrigen Ausgaben, als selbst in dem großem kirchenhistorischen Werke vergeblich suchte. Auch zeichnet sich diese Ausgabe durch herrlichen Druck mit neuen Lettern auf schönem Velinpapier vor jeder andern aus.
(75) Bei Bandenhöck und Ruprecht in Göttingen ist so eben erschienen:
Abdruck eines dogmatischen Gutachtens, über die ersten 16 Sätze, welche in der Erzdiözese Köln dem Klerus zur Unterschrift vorgelegt werden. Nebst einem Nachtrage. Gr. 8. geh. Preis 6 gr.
(76) Im Verlag des geographischen Instituts zu Weimar ist erschienen:
Bibel-Atlas, in 12 Karten von C. F. Weiland, mit 10 Bogen Erläuterungen von C. Ackermann. Zu allen historischen Büchern des alten und neuen Testaments, nebst einem vollständigen biblisch geographischen Wörterbuch und einer Titelvignette. In 4o. 1832, in Umschlag geheftet 11/4 Thlr. oder 2 fl. 15 kr. — Ohne Erläuterungen 3/4 Thlr. oder 1 fl. 21 kr.
Dieser Atlas, der erste seiner Art in Deutschland, hat, nach dem Urtheile sachkundiger Recensenten einem längst gefühlten Bedürfnisse der Bibelfreunde abgeholfen. Er ist zunächst für das ganze gebildete und für biblische Geschichte sich interessirende Publikum berechnet, wird sich aber, besonders wegen seiner literarischen Nachweisungen, auch Lehrern und Lernenden auf Akademien und Gymnasien als brauchbar empfehlen, so wie er auch in Schulseminarien, bei'm Privatunterricht und in Töchterschulen erwünschte Dienste leisten wird. Die äußere Ausstattung in Kupferstich, Papier und Illumination ist schön und entspricht allen Erwartungen.
(77) Bei Unterzeichnetem ist erschienen und durch alle soliden Buchhandlungen zu beziehen:
Eusebia. Ein Gebet- und Erbauungsbuch. Für christliche Töchter. Von Dr. Joseph Gläser, Prof. der Theologie in Passau. Mit bischöflicher Approbation und einem schönen Stahlstich. Oktav. 1837. In Umschlag broschirt ord. Papier 36 kr. rh. oder 8 gr. sächs. Velinp. 1 fl. oder 16 gr. sächs.
Eusebia (die Fromme), diesen Namen führte eine hl. Jungfrau, welche sich durch große Frömmigkeit auszeichnete, und als heilige Martyrinn verehrt wird. Die christlichen Töchter sollen diese Gebete als auch die ihnen beigefügten Wahrheiten und Pflichten ebenfalls zur Frömmigkeit anleiten, daher das Buch diesen Namen erhalten hat. Möchten es recht Viele in die Hand bekommen, es ist werth, von Allen besessen zu werden.
Augsburg, den 6. September 1837.
K. Kollmann'sche Buchhandlung.
Buchhandlung
: F. Varrentrapp –
Herausgeber:
Dr. J. V. Hoeninghaus. –
Druckerei
: Heller
und
Rohm.
Maschinendruck
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