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Offensichtliche Setzerfehler wurden stillschweigend korrigiert. Die Original-Orthographie wurde ansonsten beibehalten.
Beiträge für die kathol. Kirche in
Friederichstadt an der Eyder. —
Sind die nordamerikanischen Indianer Abkömmlinge der zehn Stämme Israel's.
Kirchliche Nachrichten.
Westindien. Cayenne; über die franz. Mission. Schweden, Stockholm; Schreiben des Missionars van de Beek. — Holland. Aus dem Haag; über den Zwiespalt in der reformierten Kirche. — Deutschland. Baden. Karlsruhe; evangel. Landeskatechismus, Liturgie und Gesangbuch; Promotion. Freiburg; Vollendung der protest. Kirche; Berufung für einen theol. Lehrstuhl. Lahr: Erbauung einer kathol. Kirche. —
Theologische Akademie.
Protest. Abth. Die Einführung der barmherzigen Schwestern in Zürich. Zweites Gespräch. (Schluß.) —
Israel. Abth. Einiges über den hebräischen Dichter Mose Chajim Luzzato. Von dem Rabbinats — Candidaten Joseph Klein in Würzburg. —
Literatur. Nachweise von Rezensionen theol. Schriften. —
Anzeigen.
|Sp. 1183|
Uebertrag von No. 64. 131 fl. 24 kr.
14) Aus D...g mit dem Motto: Gottes Segen kröne das fromme Unternehmen 15 fl. 30 kr.
146 fl. 54 kr.
Aus der Allgemeinen Zeitung, des Judenthums entlehnen wir in Beziehung auf den Artikel in No. 68 der Univ.-K.-Ztg. über diese Frage Folgendes:
Eine der eigensten Erscheinungen der neuern Zeit ist auch, daß ein gewisser J. Samuel Frey, von Geburt ein deutscher Israelit, aber in England zum Christenthume übergetreten, gegenwärtig in New-York eine Monatsschrift für die Juden herausgibt, unter dem Titel: The jewish Intelligencer. A monthly publication. Als wenigstens höchst interessant ist ein Aufsatz hervorzuheben, worin er sich bemüht, darzuthun, daß die nordamerikanischen Indianer die Abkömmlinge der zehn Stämme Israel's seyen, und wollen wir die bedeutsamsten Data hervorheben. Die Ansicht des Frey ist nicht ganz neu. Schon William Penn erzählt von den Eingebornen Pensylvanien's, ehe noch die Sitten derselben durch den Verkehr mit den Europäern verdorben waren, er habe an ihren Gesichtern und Geberden sehr Vieles gefunden, was an die Hebräer erinnere, und besonders zeigen ihre Kinder eine so außerordentliche Aehnlichkeit mit den jüdischen, daß man sich bei ihrem Anblick nach Dukesplace oder Burystreet in London versetzt glauben möchte. James Adair, der als Handelsmann unter den Indianern 40 Jahre verbracht, und eine Geschichte derselben schrieb, behauptete in dieser fest, daß jene Amerikaner von den Israeliten abstammen. Der Missionär 0r. Jonathan Edwards schrieb im Jahre 1824 in einem Briefe:
„Nach dem, was ich von dem Pater Hoyt über die Traditionen und die Gebräuchen und Ceremonien der Indianer in dieser Gegend erfahren, scheint mir viel Grund vorhanden, sie für |Sp. 1184| die Nachkommen Abraham's zu halten. Auch sie hatten, wie die alten Israeliten, Asylstädte, Erstlingsfeste und Opfer von den Erstlingen ihrer Heerden, die so rein und vollkommen seyn mußten, daß man nicht den geringsten Makel oder Schaden, nicht ein zerbrochenes Knöchelchen an ihnen bemerken durfte. Noch nie hat man gehört, daß sie Bilder verehren, oder einem von Menschenhand verfertigten Götzen Opfer bringen; sie haben alle eine Ueberlieferung von dem Einen „Großen Geiste“. Ihre Feste, ihre heiligen Tage waren alle in der Zeit nach der Zahl Sieben geordnet, so nach 7 Nächten, 7 Monden, 7 Jahren u. s. w. Sie hatten auch eine Art Lade, deren Inhalt für hochheilig gehalten, und als ein tiefverhülltes Geheimniß vor dem gemeinen Volke aufbewahrt wurde. Diese Lade wurde von einer auserwählten Schaar von Männern getragen, die für rein oder heilig galten; wenn ich nicht irre, hatten die Cherokees eine solche Lade. So oft sie mit einem andern Stamme in Krieg geriethen, nahmen sie diese Lade mit, und die Heiligkeit derselben war in ihren Augen so groß, daß es sich durch nichts entschuldigen ließ, sie auf die bloße Erde zu stellen; nur ein ganz glatter Fels oder ein hölzernes Gerüst war rein genug, um dieser heiligen Lade zum Ruheplatz zu dienen. Auch hatten sämmtliche Stämme einen solchen Respekt davor, daß, sobald die Partei, unter deren Obhut die Lade stand, geschlagen und gezwungen war, sie auf dem Schlachtfelde zurückzulassen, die Sieger sie auf keine Weise zu berühren wagten. Hr. Smith bemerkt, daß diese Nachricht merkwürdig übereinstimme mit manchen andern aus verschiedenen Gebieten der Indianer; unbegreiflich aber bleibt sie, so lange man nicht annimmt, daß die Indianer die Abkömmlinge der Israeliten sind.“
Als das bedeutendste Moment würde die Sprache und ihre Analogie hervorzuheben seyn, und wirklich hat nicht allein Frey, sondern schon mehrere vor ihm, die sich mit den Dialekten der nordamerikanischen Indianer und dem diesen zu Grunde liegenden Idiome beschäftigten, behauptet, daß sie durchaus mit dem Hebräischen verwandt wären. Frey führt hierüber besonders Folgendes an:
„Was ihre Sprache betrifft, so stimmen Dr. Edwards, Dr. Boudinot, Adair u. A. vollkommen überein, daß sie von dem Hebräischen herzustammen scheint, Dr. Edwards bemerkt, daß man in beiden Sprachen, dem Hebräischen und Indianischen, keine Präpositionen findet, dafür aber einen Reichthum von Präfixen und Suffixen, eine Eigenthümlichkeit, die fast in keiner andern Sprache weiter bekannt ist. Auch zeigt er, daß nicht nur die Worte, sondern auch der Satzbau in beiden Sprachen ähnlich ist, und daß besonders die Nomina und Pronomina der In- |Sp. 1185|dianer ganz deutlich aus dem Hebräischen stammen. Auch Herr Adair spricht mit großer Zuversicht und Ueberzeugung von der Verwandtschaft beider Sprachen; er macht besonders auf die kräftigen, lakonischen Redewendungen und Figuren aufmerksam, die beiden gemein seyen, und er erzählt, er habe nach einem 40jährigen Aufenthalte unter den Indianern so viel Hebräisches in ihrer Sprache erkannt, daß ihm diese reine Erhaltung der hebräischen Ursprache in den indischen Dialekten seit mehr, als 2000 Jahren und ohne alle Hilfe einer Literatur fast ein Wunder bedünke. Um den Hebräismus in ihrer Rhetorik nachzuweisen, gibt er folgende Anrede eines Häuptlings an seine Krieger bei dem Ausziehen in den Kampf: „Ich weiß, Eure Flinten brennen in Euren Händen, Eure Tomahawks dürsten, das Blut Eurer Feinde zu trinken; Eure sicheren Pfeile können es nicht erwarten, hinzufliegen durch die Lüfte; und auf daß nicht längeres Zögern Euren Muth verzehre, will ich Euch das erquickende, stärkende Wort zurufen: Auf, laßt uns der heiligen Lade nachziehen, und unsern Feind von der Erde vertilgen!“
Außerdem gibt es auch Wörter, die ihre ganze hebräische Physiognomie noch haben. Manche unter diesen sind bloß durch Versetzung der hebräischen Sylben etwas verändert, so: Niah für Ani — ich; Etliche wollen wir hierher stellen, die gewiß noch zu vermehren wären:
Deutsch. Indianisch. Hebräisch od. Chaldäisch.
Jehova Jabohewa Jehowah Höchst auffallend ist es, daß die meisten dieser Wörter Religiöses betreffen, folglich um so eher Gegenstand alter Tradition seyn konnte. Anm. d. Red. d. Allg. Ztg. d. Judenth.
Gott El El
Gott Jah oder Wah Jah
Schiloh Schilu Schiloh
Himmel Tschemim Schamajim
Vater Abba Av, Abba
Mann Isch, Ischte Isch
Weib Ischto Ischah
Gattinn Awah Ghavwah
Ich Niah Ani
Preis dem Höchsten! Halleluwah Hallelujah
Besonders bemerkenswerth sind die Notizen, die wir über das Indianische Jehowah und Hallelujah bekommen. Ganz wie die Israeliten haben die Indianer nicht nur verschiedene Namen für Gott zur Bezeichnung seiner verschiedenen Attribute, sondern auch außer dem „Großen Geist“, wie sie ihn bei gewöhnlichen Gelegenheiten nennen, haben sie auch ihr Tetragrammaton (שם) oder ihren heiligen Namen von vier Buchstaben, den sie gleich den Israeliten in alltäglicher Rede nie ganz aussprechen dürfen. Bloß bei solennen Gelegenheiten lassen sie in höchst feierlichen Modus den Namen Jahohewah hören, und auch dann werden die vier Sylben nur selten hinter einander ausgesprochen; in ihren religiösen Tänzen singen sie zuerst, mit ehrfurchtsvoller Verbeugung des Körpers, Jah, Jah, Jah, dann Ho, Ho, Ho, dann He, He, He, und zuletzt Wah, Wah, Wah, also zusammen Jahohewah. Dann fangen sie wieder von vorn an und singen das Lob des Herrn in einem bekannten hebräischen Worte, Hal, Hal, Hal, le, le, le, lu, lu, lu, jah, jah, jah, zusammen Hallelujah. So singen sie auch oft den Namen Schiloh, ohne zu wissen, was eigentlich darunter verstanden ist; und diesen Namen verbinden sie noch mit dem Tetragrammaton, indem sie singen: Schilu, Schilu,Schilu-Jah, Schilu-Jah, Schilu-He, Schilu-Ho, Schilu-Ho, Schilu-Wah, Schilu-Wah. So gebrauchen sie also den Namen Jehovah, indem sie ihn in vier Theile zerlegen, jeden von diesen Theilen zwei-, drei-, viermal wiederholen, und erst dann in der nächsten Sylbe fortgehen, und es scheint, daß sie vor diesem Namen eine ungemessene Scheu und Ehrfurcht haben.
Hr.
Frey gibt uns auch eine Nachricht von einem kuriosen Funde, der hiermit zusammenhängt. Joseph Merrick, ein achtbarer frommer Mann aus dem Orte Pittsfield in Massachusetts, stieß im Jahre 1815, bei Abtragung des Bodens auf Indian Hill in Pittsfield, aus ein ansehnliches Loch in der Erde, in dessen unterster Tiefe er etwas fand, was wie eine Art schwarzer Riemen aussah, gegen sechs Zoll lang und anderthalb breit, etwas dicker, als das Zugleder an einem Pferdegebiß. Er bemerkte, daß es an beiden Enden eine Art Knopf von einer harten Ma- |1186| terie hatte, wie es schien, zu dem Zweck, um das Ganze daran halten zu können. Als er dieses Büchschen mit Mühe geöffnet, fand er darin vier Blättchen von altem Pergament, welche die Stücke einer dicken rohen Haut mit den Sehnen eines Thiers eingenäht und so geschützt und wasserdicht gemacht worden. Die Blättchen waren beschrieben, und indem die Nachbarn ihre Neugierde darin zu befrieden suchten, wurde eines von den Blättchen zerissen und vernichtet. Die übrigen drei wurden von Hrn. Sylvester Carned nach Cambridge mitgenommen, der nach sorgfältiger Untersuchung auf den Blättchen No. 1. Deuteron 6,4-9 incl. No. 2. ib. 11,13-21, incl. No. 3. Exodus 13,11-16 incl. — geschrieben fand. Man forschte nun sehr sorgfaltig nach, ob je an diesen Ort ein Jude hingekommen oder unter dem englischen Militär gedient, fand aber durchaus keine Bestätigung dafür. Verschiedene Gelehrten waren der Meynung, der Fund sehe so alt aus, daß kein genügender Grund dagegen sey, ihn von den alten Israeliten herzuleitenWie unrichtig dieß sey, ergibt sich daraus, daß zur Zeit der Vertreibung der 10 Stämme aus Palästina (740) das Pergament noch gar nicht erfunden war, sondern erst im 3ten Jahrhunderte vor der gew. Zeitrechnung in Gebrauch kam. Die Gebetriemen müssen also jeden Falls durch einen Juden dahin gekommen seyn.
Anm. d. Red. d. Allg. Ztg. d. Judenth.
Außer diesem vielbesprochenen Funde führt Das Magazin für Lit. des Auslandes bringt hm noch einige Hypothesen bei, wie die Israeliten hierher kommen, und ihre mitgebrachte Kultur (die Buchstaben-Kenntniß, die Schifffahrtskunst, den Gebrauch des Eisens u. s. w.) verlieren konnten. Daß dieß alles nur Hypothese bleibt, versteht sich von selbst, da man vieles nur darauf rechnen kann was der Hr. Frey noch manche andere Zeugnisse für seine Hypothese an, besonders die Feste, welche diese Indianer feiern, und von denen mehrere den jüdischen entsprechen sollen, z. B. ihr Erstlingsfest, ferner das Jägerfest, mit Pfingsten zu vergleichen, das Aerntefest, Bußfest, ein tägliches Fest und ein Liebesfest. — Endlich hebt Frey noch die indianische Sitte hervor, die mit dem alttestamentlichen Gesetz von den Asylstädten für unvorsätzliche Todtschläger viel Aehnliches hat. „Die Indianer glauben, daß das Blut eines Verwandten sie gebieterisch auffordert, Blut für Blut zu vergießen; sie reisen Hunderte von Meilen, um das Blut eines Familienglieds zu rächen. Dagegen haben sie eine alte Sitte, gewisse Häuser und Städte als Zufluchtsplätze abzusondern, in welchen ein Verbrecher und selbst ein Gefangener, sobald er nur hineinkommen kann, vor jeder Blutrache sicher ist. Bartram erwähnt die Stadt Apalachuela im Gebiete der Creeks, als dem Frieden geheiligt“, und fügt hinzu: „Keine Gefangenen dürfen hier getödtet, kein menschliches Blut darf hier vergossen werden.“ Adair erzählt, daß die Cherokees, obgleich sie jetzt außerordentlich verdorben sind, doch immer noch das Asylgesetz so heilig achten, daß sie selbst einem vorsätzlichen Mörder in ihrer geliebten Friedensstadt Schutz gewähren; doch nur selten lassen sie ihn aus dieser Stadt sicher nach Hause kehren. — Es scheinen wirklich solche Asylstädte fast bei jeder indianischen Nation existirt zuhaben; sie heißen alte geliebte, heilige oder weise Städte, und noch nie haben sie Menschenblut vergießen sehen, obgleich man weiß, daß manchen Personen gewaltsam aus ihnen entführt und dann anderswo ermordet worden sind.“Frey hat hören wollen. Jedenfalls ist es interessant, hier einige Morgenstrahlen der Kultur zu bemerken, die in Israel zum hellen Tage geworden. Anm. d. Red. d. Allg. Ztg. d. Judenth.
Westindien.
Cayenne.
† Sinnamary, den 24. Mai. Die, für unser Kirchspiel in Frankreich, gesammelten milden Gaben waren bis daher noch |Sp. 1187| nicht eingegangen, man erwartete sie aber nächstens, und war von Dank erfüllt gegen die Geber. Die (kath.)Kirche von Sinnamary ist nicht von einer Mauer oder sonst umschlossen, und dem Anlauf der unreinen Thiere völlig preisgegeben. Zwei Fässer mit übergelegten Brettern bilden den Altar; von Gestühlen, heiligen Gefäßen, Büchern, Altar, Decken und Tüchern ist keine Rede. Die Pfarrwohnung leidet gleichen Mangel, und besteht überhaupt nur aus einem einstöckigen Hause, dem ein zweites Geschoß höchst nothwendig wäre. Demnach kommt die Unterstützung grade zu passender Zeit. Ein betagtes, frommes Frauenzimmer, Dem Cabrol, welche dem Pfarrer sehr nützlich gewesen seyn würde, ist leider am 30. Aprill gestorben. In der nächsten Umgebung der Kirche wohnen sehr wenig Leute; sie sind in weiterer Entfernung zerstreut. Ein Priester indessen, der Freund des Studiums ist, und eifrig auf die Erfüllung seiner Pflichten hält, weiß sich zu beschäftigen. An Entbehrungen muß er sich gewöhnen; aber an welchen andern Orten müßte dieß nicht auch geschehen? Die Bevölkerung von Sinnamary ist an der Meeresküste auf einer Strecke von 52 Lieues Länge zerstreuet, wenn man von dem kleinen Seehafen von Caruabo nach Iracubo und von 20 Lieues, wenn man von dem Kuru-Strome ab rechnet. Sie besteht aus Halb-Wilden, die keine Beziehungen untereinander unterhalten; in ihrer Unwissenheit und Theilnahmlosigkeit beschäftiget sie sich nur mit dem thierischen Leben. Daraus darf aber nicht der Schluß gezogen werden, als könne man sie nicht zum Guten anleiten; man muß sich den Einzelnen nur nähern, und beweisen, welches Bedürfniß und Glück die Religion für sie sey.
Der Apostolische Präfekt hat die Mission dem Ordonnateur und dem Gouverneur empfohlen, und diese fühlen auch, daß etwas gethan werden müsse. Sie haben guten Willen bezeigt, aber man wartet noch auf die Ankunft des Brücken- und Wege-Inspektors, der abwesend ist. Der erste Ueberschlag erforderte eine Ausgabe von 16 bis 1700 Fr., doch werden diese nicht ausreichen. Wenn erst die milden Gaben aus Europa eingegangen seyn werden, wird man besser beurtheilen können, wieviel noch zu leisten übrig bleibt.
Der Lamentin, zum Phoken-Geschlechte gehörig, findet sich häufig in den großen Flüssen von Afrika und der neuen Welt. Er hält sich fast stets im Wasser auf, ernährt sich dessen ungeachtet aber nur von Vegetabilien, die an den Ufern wachsen, wo er sich schaarenweise einfindet. Die Anwohner des Mapa, die neue Niederlassung, von welcher bereits die Rede gewesen ist, liegt 15 Lieues von der Mündung des Amazonen-Flusses auf einer Insel, mitten in einem sehr großen See, die vormals von Indianern bewohnt wurde, welche daselbst die Lamentin-Fischerei betrieben. Dort befand sich eine Mission, die seit 45 bis 60 Jahren nacheinander von Herrn Lanoé und Herrn Legrand versehen wurde. Seitdem daselbst ein Militär-Posten errichtet ist, strömen viele Tapuys-Indianer vom Amazonen-Flusse herzu, die mit den Portugiesen von Para in Krieg verwickelt sind, und von diesen vertrieben worden. Sie hatten sich deshalb nach Mapa gewendet, weil sie Priester dort zu finden glaubten. Bei ihnen bemerkt man schon einen Anfang von Civilisation, und hofft sie dort förmlich anzusiedeln, besonders um den LamentinOyapock, des Oronsko, des Amazonen-Flusses und des Missisippi haben sein Fleisch längst als ihr tägliches Hauptnahrungsmittel benutzt. In neuerer Zeit hat man das Fleisch einzupökeln versucht, und mit glücklichem Erfolge, ja sogar ist das Fett desselben weniger dem Ranzigwerden unterworfen, als das Schweinefett. Uebrigens ist das Fleisch eben so nahrhaft, als das schönste Schweinefleisch.Oyapock zu errichten, wo man einen Einfall der Boni-Neger befürchtet, welche die Quellen des Camopi umwohnen, der sich 30 Lieues oberhalb der Ausmündung des Oyapock in diesen ergießt.
(Ami de la Religion)
Schweden.
‒†‒ Stockholm, den 7. Aug. (Schreiben des kathol. Missionars W. van de Beek an den Redacteur des Godsdienst- |Sp. 1188| vriend): Ihr geehrtes Schreiben vom 28. Juli habe ich diesen Mittag erhalten. Mit herzlicher Freude ersehe ich daraus den glücklichen Fortgang der Verwendungen für die Kirchen von Assen und Middelhornis. Meine Freude ist um so größer, als wir selbst uns in viel größerer Bedrängniß befanden, und uns dennoch geholfen wurde. Unsere Kanzel, einfach aber tüchtig, ist bereits aufgerichtet; die Orgel, Schilderei und Bildhauerarbeit abgerechnet, kann, nach Aussage des Orgelbauers, binnen einem Monat aufgestellt werden. Mit dem Altare warten wir noch auf die Zeichnung, aber auch diese hoffen wir durch Kapitän Hjart, der zu Amsterdam in Ladung liegt, und jetzt wahrscheinlich schon in See gegangen ist, ehebaldigst zu erhalten. Das Altarblatt, welches zu großer Zierde gereicht, ist angekommen, so wie auch eine prächtige Verzierung aus Lyon, die ein hiesiger Wohlthäter uns geschenkt hat. Meiner Meynung nach, schrieb ich Ihnen, daß der 21. August zum Tage der Einweihung bestimmt war, und Hr. Studach meldete Ihnen, die Kirche solle dem heil. Erick gewidmet werden. Ersteres konnte nicht Statt finden, weil das feuchte Wetter, welches wir bisher hatten, und noch zu befürchten haben, es verhinderte. Letzteres wird auch nicht geschehen können, weil Umstände, deren Mittheilung hier zu weitläufig seyn würde, eingetreten sind, die den ehrw. Studach veranlaßten, seinen Plan zu ändern. Inzwischen liefern diese Umstände grade den sichersten Beweis, daß der Finger Gottes mit uns ist. Wenn es irgend möglich ist, wird die Einweihung gegen Ende Septembers vor sich gehen. Hr. Studach will besonders, daß der Anstrich völlig trocken werde, ehe die Kirche in Gebrauch gesetzt wird. — Am 30. Juli hielt ich den letzten Gottesdienst in unserer alten Kirche und zeigte der Gemeinde an, daß uns ferner unser großer Saal zur Nothkirche dienen müsse. In der darauf folgenden Woche gingen wir mit dem Ausräumen unsers Mobiliars voran, jedoch werden wir außer einigen Balken und Brettern davon in der Neuen Kirche nichts verwenden können. Ein großer Trost ist es für uns, daß wir es eigentlich auch nicht eben bedürften! — Dieß ist alles, was ich bei meiner sehr beschränkten Zeit, Ihnen für jetzt Melden kann. Hr. Studach grüßt Sie herzlich; sobald es ihm möglich ist, wird er selbst schreiben, und dabei eine Uebersicht von sämmtlichen milden Gaben und deren Verwendung beifügen. Für jetzt ist derselbe unpäßlich, sowie auch Hr. Baale schon seit vierzehn Tagen an dem hier herrschenden Nervenfieber krank, jedoch Gott Lob! außer Gefahr ist, und seiner Genesung entgegengeht. Eins und das Andere, was noch bei dem Bau geschehen muß, zwingt mich, kurz zu seyn, und mit viel herzlichen Grüßen zu schließen.
(De Godsdienstvriend)
Holland.
Aus dem Haag. Erlauben Sie mir, Ihnen einige Mittheilungen über einen Gegenstand zu machen, welcher vielleicht sehr ernste Folgen herbeiführen kann, Was sich dermalen bei uns ereignet, ist nur ein Akt des großen Drama's, dessen Schauplatz die Schweiz, Deutschland und Frankreich sind: es ist eine Reaction des Supernaturalismus gegen den Rationalismus; und alle denkenden Menschen werden mit uns übereinstimmen, daß, wenn man in der Welt des Geistes dasselbe Phänomen in dem nämlichen Zeitraum auf verschiedenen von einander entfernten Punkten in hohem Grade sich offenbaren sieht, es Aufmerksamkeit verdient, und nicht unter die augenblicklichen Verirrungen gehört, denen zu steuern eine bloße Polizeiverordnung schon ausreicht. Um den eigentlichen Charakter der dermaligen Episode der Geschichte unseres Landes kennen zu lernen, sind wir genöthigt, auf die Religionsstreitigkeiten zu verweisen, welche zu Anfang des 17ten Jahrhunderts einen so großen Einfluß auf das Schicksal Hollands gehabt haben. Jedermann kennt die Spaltungen, welche hier vor etwas mehr, als zweihundert Jahren zwischen den Gomaristen und Arminianern über Willensfreiheit, Gnadenwahl, Erbsünde etc. ausbrachen. — Die ersten Reformatoren nahmen das Dogma der absoluten Vorherbestimmung (Prädestination) an, wonach die Menschheit in zwei Fractionen zerfällt, wovon die eine der Hölle, die andere dem Himmel bestimmt ist. Diese Lehre entwickelt Calvin in seinen Christlichen Institutionen. Die Hauptstütze dieses traurigen Systems war in den Niederlanden Franz Gomar, Professor an der Universität |Sp. 1189|zu Leyden. Sein Gegner war ein anderer berühmter Professor an derselben Universität, Johann Hermann oder Arminius.
Dieser stellte als Grundsatz auf, daß alle Menschen von ihren Sünden abstehen Wir wollen keineswegs als Vertheidiger alles dessen, was bei dieser Gelegenheit vorgefallen ist, auftreten) allein von einer andern Seite können wir eben so wenig das strenge Urtheil annehmen, welches man heutigen Tages so gern über alle Beschlüsse der Synode fällt. Bei Prüfung dieser Beschlüsse vergißt man zu sehr die damaligen Zeitverhältnisse, den feindseligen Stand der öffentlichen Meynung wider die Remonstranten, und die verflochtenen und widerstrebenden Interessen, welche man zu vergleichen suchen mußte. Mit den Ideen und Meynungen des 19ten Jahrhunderts lassen sich diejenigen des 17ten nicht wohl zusammenstellen. Ein einziger Umstand wird genug seyn, um zu beweisen, daß die Dordrechter Synode nicht in Allem nach dem Impuls unserer strengen Orthodoxen gehandelt hat; ihre Lehre wurde nämlich als zu schlaff, später von demselben Die vorstehende interessante Mittheilung ist als Erster Artikel über diesen Gegenstand bezeichnet. Die Red.könnten, und daß allen, deren Versuche in dieser Hinsicht von Erfolg wären, die ewige Seligkeit zu Theil werden würde. Arminius nahm also die Willensfreiheit an. Gomarus dagegen behauptet in einer Schrift als Antwort auf diejenige, worin Arminius die Prädestination bestreitet, daß der ewige Rathschluß, nach welchem die Menschen selig oder verdammt würden, absolut sey, und daß der Mensch sich ihm unterwerfe, ohne die geringste Veränderung durch seine Verdienste oder Verschuldungen veranlassen zu können. Da sich dieser Streit erbitterte, so machten die Anhänger des Arminius den Staaten von Holland eine Vorstellung (Remonstranz), worin sie sich von der Anschuldigung zu rechtfertigen suchten, als strebten sie, die reformirte Religion zu verändern, und den Staat zu beunruhigen. Daher der Name Remonstranten. Die Nationalsynode, welche sich 1618 in Dordrecht versammelte, um einem Kampf ein Ende zu machen, welcher die öffentliche Ruhe bedrohte, sprach sich für Gomarus aus, und verwarf die Lehre der Arminianer.Gomarus heftig angegriffen, dessen System den Sieg davon getragen hatte. Anm. des Verf.Heidelberger Katechismus entfernt wissen wollten, so wie das Glaubensbekenntniß, welches dieselbe Kirche zu Anfang der Unruhen als den Ausdruck der wahren Gesinnungen aller Getreuen in Betreff der Glaubenslehre der reformirten Religion abgefaßt hatte. Diese beiden Schriften, denen man später die Glaubensvorschriften (Canones) der Dordrechter Synode beifügte, und welche über einige zwischen den Gomaristen und Arminianern streitige Punkte entscheiden, werden von den Reformirten mit dem Namen der Unions-Formulare (Formulae Consensus) bezeichnet. Man bemerke wohl, denn es ist zur Kenntniß dessen, was sich dermalen zuträgt, von Wichtigkeit, daß von dem Zeitraume, nämlich vom Jahre 1619 an, alle reformirten Geistlichen genöthigt waren, bei ihrem Amtsantritt eine Erklärung zu unterschreiben, daß sie auf Seele und Gewissen glaubten, alle Artikel und Lehrpunkte, befaßt im Glaubensbekenntniß und im Katechismus der niederländischen reformirten Kirche, so wie die Auslegung einiger Punkte dieser im J. 1619 zu Dordrecht festgestellten Lehre, stimmten in jeder Hinsicht mit dem göttlichen Worte überein. Die Lehre der Synode, in der so eben genannten Erklärung formulirt, und durch Hilfe des weltlichen Armes aufrecht erhalten, hat seit geraumer Zeit in Holland zur Richtschnur gedient, der sich durch eine schriftliche Erklärung nicht nur alle Pfarrer, sondern auch alle Schullehrer, Rectoren, Lehrer in Stiftungen, Professoren der Theologie etc. unterwerfen müssen. Indeß gab es hiebei einige Ausnahmen. In Friesland z. B. nahm man anfänglich nur als Unions-Formular das Glaubensbekenntniß und den Katechismus an, und man verwarf die Synodalvorschriften bis 1767, während die wallonische Kirche nichts als das Glaubensbekenntniß und die Synodalvorschriften anerkannt hat, ohne den Heidelberger Katechismus zuzulassen. Wenn man einigen unserer Theologen glauben will, so hatte sich die Synode nie beikommen lassen, diese Unions-Formulare als Glaubensregeln, von denen sich zu entfernen nie und nimmer erlaubt seyn sollte, vorzuschreiben. Es galt hier, sagen die Vertheidiger der Synode, das große Werk der Reformatoren, die freie Untersuchung (liberum examen), welche die Synode keineswegs zerstören wollte. Weder der Katechismus, |Sp. 1190|noch das Glaubensbekenntniß, noch die Synodalvorschriften, sind, wie diese Vertheidiger behaupten, mit der Natur der protestantischen Kirche unvereinbar, weil diese Schriften uns nicht gegeben sind als die ewige und unveränderliche Wahrheit enthaltend, sondern bloß als der Ausdruck der Gesinnungen, welche eine gewisse Epoche hat, und wie sich die und jene Kirche zu der christlichen Lehre bekennt. Hieraus erhellt, und so hätte es die Synode einsehen müssen, daß die nämlichen Schriften einer Durchsicht und anderweitigen Veränderung fähig sind. Wir wollen hier nicht in die Prüfung der Frage eingehen, ob die Synode diese Latitude den künftigen Geschlechtern hat überlassen wollen; es sey genug, zu wissen, daß diese davon Gebrauch gemacht haben, was auch nicht anders seyn konnte, aus dem einfachen Grunde, weil es eine nothwendige Folge der Entwickelung des menschlichen Geistes war. Schon wenige Jahre nach Haltung der Synode erhob sich ein sehr heftiger Streit bei einigen unserer Theologen über die verbindliche Kraft der Unions-Formulare und über die Notwendigkeit, sie einer Revision zu unterwerfen, oder wo möglich zu verwerfen. Es gab sogar Prediger, welche erklärten, wenn man die Getreuen zwingen wollte, diese Formulare mit den Glaubensartikeln gleichzustellen, so heiße dieß nichts Anderes, als sich der Vernunft und der heiligen Schrift widersetzen, und die Synode für eine gesetzwidrige, ungerechte, antichristliche und papistische Autorität erkennen. Diese Streitigkeiten und der fortschreitende Gang des Indifferentismus untergruben allmählich das 1618 aufgeführte Gebäude, welches gänzlich einstürzte in einer Epoche, wo der Sieg neuer Ideen die Trennung der Kirche und des Staates (1793) herbeiführte, und wo folglich die Verfassungen der Dordrechter Synode auch die Stütze des weltlichen Armes verloren, nachdem schon seit langer Zeit ihr moralischer Einfluß auf einen großen Theil der Reformirten entschwunden war. Auf diese Art befand sich die niederländische reformirte Kirche abermals in derselben Lage, worin sie sich vor der Dordrechter Synode befand. Die Vormundschaft, welche sie seit beinahe zwei Jahrhunderten durch die Autorität dieser Versammlung ausgeübt hatte, ging zu Ende, und es mußte darauf gedacht werden, durch eine neue Organisation, die alte Ordnung der Dinge, welche der Zeitgeist umgestoßen, wiederherzustellen. Wir wollen uns bei den Versuchen nicht aufhalten, welche in dieser Hinsicht vom Jahre 1795 bis 1813 gemacht wurden, weil sie von keiner Wichtigkeit für unsern dermaligen Gegenstand sind. Erst im Jahr 1816 wurde eine neue Nationalsynode durch die königliche Regierung zusammenberufen, um ein allgemeines Verwaltungs-Reglement, für die niederländische reformirte Kirche zu entwerfen. Es ist oben erwähnt worden, daß die Dordrechter Synode den protestantischen Predigern die Verpflichtung auferlegte, schriftlich die Uebereinstimmung der Unions-Formulare, nämlich des Glaubensbekenntnisses des Heidelberger Katechismus, und der Erklärung einiger von der Dordrechter Synode aufgestellter Punkte ihrer Lehre mit dem Worte Gottes zu erkennen. Eine der ersten Sorgen der Synode von 1816 war, anstatt der Erklärung von 1619 ein anderes Formular festzustellen, welches Jeder, der zur Ausübung des öffentlichen Gottesdienstes zugelassen wird, zu unterschreiben gehalten ist. Es ist von Wichtigkeit, den Haupttext und den Geist desselben zu kennen, weil gerade daraus der größte Theil der erhobenen Klagen derer, welche sich anmaßen, die alleinigen Rechtgläubigen zu seyn, gegen die neue Ordnung der Kirchenangelegenheiten in Holland entsprang. Die genannte Erklärung enthält: „daß man aufrichtig und redlich an die Lehre glaubte, die, in Uebereinstimmung mit dem heiligen Worte Gottes, in den von der niederländischen reformirten Kirche angenommenen Unions-Formularen enthalten ist, und daß man solche erhalten und mit Eifer lehren wolle." Diese Erklärung hat der Synode von Seite einiger Orthodoxen den Vorwurf zugezogen, als habe sie mit dem Beisatz „in Uebereinstimmung“ den Sinn: insofern verbinden, und dadurch den jungen Geistlichen Mittel in die Hände geben wollen, ohne Bedenken eine erschlaffte Lehre zu lehren, oder auch ein gänzliches Stillschweigen in Hinsicht auf ein Dogma des Christenthums zu beobachten, woran sie nicht mehr glauben, oder das sie nur nach den Ideen und Exegesen der Neuerer unserer Tage annehmen. Ist dieser Vorwurf gegründet? Die Vertheidiger der Synode haben nach unserer Meynung nicht immer mit der erforderlichen Aufrichtigkeit in einer so delicaten |Sp. 1191| Sache gehandelt, wenn sie zu beweisen gesucht haben, daß die dermalige Erklärung von jener von 1619 in nichts abweiche. Dieses scheint der Präsident der Synode gleichfalls eingesehen, und den Muth gehabt zu haben, vor einiger Zeit ohne Umwege den wahren Sinn der Erklärung von 1816 auszulegen, so wie die Motive, welche den Körper der Kirche veranlaßt haben, sich von der Strenge, welche das alte Dordrechter Formular charakterisirt, loszusagen. „Es blieb der Synode „(dieß sind die eigenen Worte des gelehrten Theologen, welcher diese Versammlungen präsidirt hat), „nur das einzige Mittel, dem Laufe der Dinge zu folgen, welche durch den Lauf der Zeit entstanden waren, und mithin den Theologen und Predigern eine gesetzliche Freiheit zu versichern, die sie in der That schon besaßen.“
(Allg. Ztg.)
Deutschland.
Baden.
Karlsruhe, den 1. Sept. Das kirchliche und religiöse Leben der Gemeinden ist durch neue Lebens-Elemente angefacht worden, und dem evangelischen Theile des badischen Volkes ist nunmehr zu dem neuen Katechismus auch eine neue Liturgie oder Kirchen-Agende und ein neues Gesangbuch gegeben. Das letztere zeichnet sich durch seine Mannichfaltigkeit, seine gute Auswahl und seine vielseitige Rücksicht auf verschiedene Lebensfragen und äußere Verhältnisse vortheilhaft aus, enthält neben vielem Preiswürdigen und gehaltvollem Neuen auch manche ältere Kernlieder, gibt hinten einen Anhang von Gebeten, und hat vor dem Würtembergischen Gesangbuche auch den Vorzug recht schönen Papiers und sehr deutlichen Druckes. Zugleich mit demselben ist nun ein dreijähriger Turnus sonntäglicher Predigttexte eingeführt, und zur Abwechselung je im dritten Jahre älteren Geistlichen auch die Erlaubniß zur eigenen Wahl einer passenden Textreihe gegeben worden.
(Schwäb. Merk.)
— Die theologische Facultät Heidelberg hat dem Herrn Ministerial- und Kirchenrathe Sonntag in Karlsruhe die Doctorwürde ertheilt.
(Allg. K.-Ztg.)
Freiburg, den 29. Aug. Nun ist auch das Gerüste vom Thurme an der hier neu erbauten, zum evangelisch-protestantischen Gottesdienste bestimmten Kirche entfernt, so daß das Aeußere dieses herrlichen byzantinischen Tempels dem betrachtenden Auge sich nun ungehindert darstellt. Der Total-Eindruck ist überraschend, besonders im Frontispice. Dieses Gebäude, von dem Landbaumeister Hübsch in Karlsruhe, einem der ausgezeichnetsten Architekten, seit mehreren Jahren aufgeführt, gehört unstreitig zu dem Besten, was die neuere Zeit in dieser Art hervorgebracht hat. Zu bedauern ist nur, daß der Thurm in seiner Ausführung in keinem ganz richtigen Verhältnisse zu dem übrigen Gebäude steht, und namentlich in der Nähe unseres herrlichen Münsters allzu bescheiden zurücktritt. Doch ist dieß nicht die Schuld des genialen Baukünstlers; Beschränktheit der Mittel hat auch hier einen — der Kunst ungünstigen — Einfluß geübt. Muß doch selbst die innere Ausrüstung der Kirche zum Theil durch Privat-Beiträge bestritten werden, die freilich nicht überreich ausfallen; denn die Zeiten sind vorüber, wo einzelne Städte in ihrem frommen und kunstliebenden Sinne großartige Tempel in das Daseyn riefen, die jetzt ganze Länder kaum vor dem Verfalle zu schützen vermögen. Mit Dank muß übrigens anerkannt werden, daß ein einzelner hier wohnender Privatmann die kostbare Anschaffung sämmtlicher Silbergeräthe der Kirche, in reicher Ausstattung, auf seine Kasse übernommen hat.
— Sehr schmerzlich traf uns die Nachricht, daß der schon vor längerer Zeit unter sehr günstigen Bedingungen hieher berufene Professor Staudenmaier in Gießen sich durch die hessische Regierung hat bestimmen lassen, wieder zu bleiben. Möchte man in der beabsichtigten Berufung eines ausgezeichneten Lehrers der Moral auf einer benachbarten Universität glücklicher seyn!
(Schwäb. Merk.)
— Unter den Bewohnern unsers gesegneten Zarter-Thals herrscht seit langer Zeit her eine mystische Epidemie, die ursprünglich von einem gutmüthigen fanatischen Bauersmann ausging und wenig gefährlich schien, aber bald von schweizerischen Geistli- |Sp. 1192| chen genährt wurde, und jetzt bereits zahlreiche Familien in verschiedenen Gemeinde ergriffen hat. Durch einen trunksüchtigen Studiosen der Theologie, der sich auf solche Weise Nahrung und Kleidungsstücke verschafft, stehen diese Verblendeten in einer ziemlich lebhaften Correspondenz, und statten in der Schweiz häufige Besuche ab. Religiöse Umtriebe anderer Art geschehen auch in einigen protestantischen Gemeinden des östlichen Schwarzwaldes. Bekannt ist es, wie in jener Gegend ein dortiger Diener der Kirche die einzige Katholikinn seines Orts durch fromme Bearbeitung dahin vermochte, daß sie all ihre katholischen Gebetbücher in frommer Wuth den Flammen übergab. Besonders anstößig war, daß dieser Glaubenswechsel ohne den vom Gesetz vorgeschriebenen feierlichen Uebertritt so weit kam, daß die Neubekehrte von ihrem Bekehrer zum Abendmahle nach protestantischem Ritus zugelassen wurde. Wie groß nun auch der Unfriede in der Familie der Bekehrten war, so sind doch weit unangenehmer und wichtiger die Folgen solcher, welche in der Wiederbelebung eines längst erloschenen Hasses zwischen den beiden Confessionen der Gegend sich offenbaren. Eine Beruhigung muß es indessen seyn, daß nicht nur diese Bekehrungsgeschichte bei den Protestanten selbst allgemeine Mißbilligung, sondern überhaupt ein mystisches Treiben jenen Gegenden so wenig Anklang findet, daß z. B., um von vielen ähnlichen nur Einen Fall anzuführen, ein schlichter Landmann nach einer mystisch salbungsreichen Predigt in seinem körnigen schwarzwälder Dialekt ausrief: „Mont denn jez au der, wir sein no so dumm!“
(Cass. Ztg.)
Lahr, 9. August. So eben erfahre ich, daß es den Bemühungen eines unserer ersten Mitbürger endlich gelungen ist, die Intoleranz, auch selbst dem Worte nach, aus unserer Stadt zu bannen, indem wir, wie das Gerücht geht, nunmehr eine katholische Kirche hier erbaut bekommen. Es wird hierdurch einem schon längst gefühlten Bedürfnisse abgeholfen, weßhalb wir jenem verdienten Manne unsern aufrichtigen Dank zollen müssen.
(Karlsr. Ztg.)
(Schluß.)
B. Ja, das beklage ich mit Ihnen. Das ist die schlimmste Seite der Freiheit in den Händen der sündigen Menschheit, daß sie der Einheit Eintrag thut. Die Schweiz, das freie Land von Europa, ist in 22, eigentlich 27 Theile zersplittert. Rußland, das Land des Selbstherrschers, ist Eins, vom Nordpol bis zum Kaukasus. Aber lassen Sie sich's nicht so anfechten. Alle Korporationen haben nur insofern Werth, als dem Körper ein Geist inwohnet. Beklagen wir es nicht, daß wir keine englische Kirchenverfassung haben; auch sie schadet offenbar mehr, als sie nützt. Laßt uns nach dem Geiste streben, so wird er sich selbst passende Formen schaffen. Laßt uns das Gerüst nur bauen im Verhältniß, als der Bau sich erhebt und sein Bedarf; es möchte sonst umstürzen, wie so manche butterne und papierne Konstitution, die in die Luft hinan gebaut, wurde. Ich verspreche mir auch von Ihren Synoden nur dann etwas Rechtes, wenn erst die freiwilligen Pastoralvereine den rechten brüderlichen Geist werden vorbereitet haben. Und wer weiß, ob nicht auch die obgedachten religiösen Vereine zu einem Verein für christliche Krankenpflege unwillkürlich vorgearbeitet haben.
Z. Das mag seyn; nur zu frömmelnd wünschte ich die Sache nicht. Das erste, ehe die Gesellschaft der Pflegerinnen sich organisirte, müßte die Bildung einer Kommission seyn, welche die sich Meldenden prüfte, und späterhin für ihren Unterricht, ihre Anstellung und ihre Beaufsichtigung oder Berathung sorgte.
B. Richtig. Und die Wahl dieser Kommission wäre das Allerwichtigste. Davon hinge der Geist und der Erfolg der gan- |Sp. 1193| zen Unternehmung ab. Ich wünschte sie nicht zu vornehm und nicht zu geistlich.
Z. Sie trauen uns Pfarrern scheint nicht ganz; aber wenn die Kommission auch noch so gut bestellt wäre, so müßte sie doch auch tüchtige Subjekte haben zur Ausführung, Daß der Rücktritt offen steht, erleichtert die Anmeldung. Ich fürchte aber immer, es möchten hauptsächlich nur solche Personen sich einschreiben, denen es um eine Versorgung zu thun ist.
B. Sie wünschten also lauter gebildete Frauenzimmer, die auch schone Briefe schreiben können?
Z. Ich wünsche Personen von einem gewissen Stande und einiger Bildung, weil man von diesen am ersten erwarten kann, daß ihr Anerbieten uneigennützig sey, und aus dem echten, christlichen Beweggrund hervorgehe.
B. Aber wer sollte dann so manche ekelhafte Verrichtung versehen, und so manche Arbeiten, welche die körperlichen Kräfte gebildeter Frauenzimmer übersteigen?
Z. Hiezu könnten dann immer gewöhnliche Anwärter gebraucht werden.
B. Das scheint mir nicht rathsam. Alles in Einem Geiste! Lauter freiwillige Leute, die vom Hause nur die Kost und nöthigen Falls die Kleidung kriegen, meinetwegen eine bescheidene Tracht. Wo in katholischen Spitälern barmh. Schwestern angestellt sind, gibt es auch barmh. Brüder, die auf die gleichen Bedingungen eintreten, wie sie, nur nicht so jung. Die würde ich überhaupt für die männlichen Kranken in den meisten Fällen brauchen. Aber, um wieder zu den Frauenzimmern, zu kommen, so wüßte ich nicht, wozu man so viel gebildete brauchen könnte. Die meisten Dienste in einem solchen Hause, das Waschen, das Scheuern, das Kochen, das Tragen der Kranken, sind ja von solcher Art, daß es dazu rüstiger und starker Personen bedarf. Darum sind die barmh. Schwestern meist Bauernmädchen.
Z. Es ist freilich schade, daß unsere vornehmern Frauenzimmer ihre Kräfte nicht mehr üben. Man behauptet aber, daß es hiemit wieder besser komme.
B. Das soll mich freuen. Verständig gebildete Personen, wenn sie die gehörigen Kräfte hätten, wären freilich weit nützlicher, als ungebildete. Aber vornehm und reich brauchen sie grade nicht zu seyn.
Z. Doch könnten vornehmere Personen sich zu einem Frauenkomité bilden, das wenigstens mit Rath und Aufsicht der Kommission an die Hand ginge.
B. Weiblicher Rath und weibliche Aufsicht wären freilich nöthig; aber auch hiezu scheint mir nicht sowohl das Reich- und Vornehmseyn erforderlich, als vielmehr praktischer Verstand und Volksbildung.
Z. Sie sind, wie es scheint, gar nicht für die Damen. Vergessen Sie denn, was in neuerer Zeit durch Frauenvereine geleistet worden ist? Und die edle Quäkerinn Fry in Newgate? Freuen wir uns doch, daß wir in Zeiten leben, wo, auch die vornehmsten Stände so schöne Beispiele der edelmüthigsten Hingebung aufzuweisen haben. Das ist die rechte Weise, dem Kastengeist zu wehren.
B. Ich theile Ihren Enthusiasmus für die Gleichheit, wenn sie recht verstanden wird. Aber ich kann nicht helfen: wenn ich vornehme Damen Armenbesuche machen sehe, so will mir das so wenig einleuchten, als wenn ich Herren sehe, welche Bauern werden. Ich glaube, daß es für den Bauern leichter ist, ein Herr zu werden, als umgekehrt. Die reichen Damen kennen die Lebensverhältnisse des Armen zu wenig, um ihnen recht nützlich seyn zu können. Alles scheint ihnen Noth und Entbehrung, was der Arme nicht so gut hat, wie wenigstens ihre Diener. Sie schaffen ihm oft Bedürfnisse. Statt den Sieb der Unwirthschaftlichkeit zu verstopfen, gießen sie ein Füllhorn voll Oel und Wein auf denselben. Es wissen auch die niedern Stände zu gut mit glatten Worten umzugehen, um nicht die Vornehmen, denen Schmeichelei ein oft selbst nicht erkanntes Bedürfniß ist, oft unvermerkt zu erhaschen.
Z. Sie trauen unsern Matronen wenig Verstand und Scharfblick zu. Wenn man doch selbst in die Häuser geht, und mit eigenen Augen sieht, und Erfahrungen macht, so wird man etwann auch den Sachen auf den Grund kommen.
B. Eine solche Herablassung mag für die Vornehmen von Nutzen und Segen seyn (zumal so lange noch Schmach darauf |Sp. 1194| ruht?). Was denken aber die Armen vom Besuch der Dame mit ihrem reichen Schmucke? — Wie sehr wird ihrer armseligen Eitelkeit dadurch geschmeichelt! Wie bald werden sie durch solche Auszeichnungen verwöhnt! Wie unverschämt werden sie dadurch! Bald gilt ihnen kein Rath mehr was, als von vornehmem Munde, und keine Gabe was, wenn sie nicht aus delikater Hand kommt; und wie widerlich führen sie bei allen Anlässen die Namen der vornehmen Besuche im Munde, die sie gehabt haben!
Z. Mit dem Staate ist's nicht so gefährlich; die vornehmen Leute kleiden sich ja gemeiniglich am einfachsten.
B. Man weiß aber doch, wer sie sind. Ich bleibe nun einmal dabei: Zwar haben alle Regeln Ausnahmen; aber im Ganzen sind gewiß die Vornehmen und Reichen weniger zur Aufsicht und Pflege der Armen und Kranken geeignet, als der Mittelstand. Es gibt Tugenden, die der obere Stand in seinen Verhältnissen wenig ausüben kann, die er andern überlassen muß. Es sind Leute bestimmt, reichlich zu geben, andere, weislich auszutheilen, wieder andere, dankbar zu empfangen. Verehren wir diese Anordnung Gottes als einen Beweis, daß er einem jeden Stande seine eigenthümlichen Vortheile angewiesen hat.
Z. Ihre Grundzüge führen aber weit. Nach dem Gesagten zu urtheilen, wären denn die reichen Pfarrer auch nicht gerade die, welche am meisten Gutes stiften könnten.
B. Allerdings. Und allzu schöne Pfarrhäuser mit Fußteppichen und Sopha's sind auch eine Art Grimasse in einem armen Dorfe.
Z. Aber zuletzt könnte ich Ihren Satz selbst gegen die Spitäler und Waisenhäuser wenden; denn die stehen ja auch wie Schlösser da.
B. Sie verfolgen mich mit Ihrer Logik bis in die geheimsten Gedankenwinkel, und zwingen mich beinahe, Ihnen Bekenntnisse zu machen, die ich vielleicht besser für mich behielte. Im Vertrauen gesteh' ich, daß mir Spitäler und Waisenhäuser, diese Armenschlösser, schon nicht mehr als das Beste erscheinen, was man für Kranke und Waisen thun kann, sondern als ein Nothbehelf für die Städte. Kann's ein Ort noch ohne eine solche öffentliche Anstalt machen, so sehne er sich doch nicht darnach. Was auf freiwilligem Wege durch Verwandte und Bekannte zur Pflege und Erziehung geschieht, und unter Vermittlung der Ortsvorsteher und Pfarrer, oder ganz im Stillen, das ziehe ich der besten öffentlichen Anstalt vor. Alle öffentlichen Anstalten haben lhre Vortheile; arten sie aber aus, so schaden sie um so mehr, je großartiger sie angelegt sind. Doch nun genug hiervon.
Z. Lassen Sie sich's nur nicht reuen, daß Sie über die Spitalsache mit unserm Tagherrn geredet haben. Denn es ist außerordentlich, wie sich auch noch in unsern Tagen der Proselytengeist regt. Ist nicht, auch kürzlich ein junger Maler aus Ihrer Stadt in Genf katholisch geworden?
B. Ja, wirklich. Und diese Geschichte beweist, daß wir noch nicht alles gethan haben, wenn wir die grauen Schwestern nicht hinein lassen.
Z. Ja, es ist nicht genug, dem Aberglauben zu wehren; wir müssen auch dem Glauben Zugang verschaffen. Hätte jener junge Mann nicht in Genf öffentlich den Unglauben predigen gehört, so hätte die ganze Sache eine andere Wendung genommen.
B. Predigt man in Genf öffentlich den Unglauben?
Z. Sind Sie nicht zum Reformationsfest dort gewesen? Sie wohnen näher, und kennen die Stadt wohl besser, als ich.
B. Ich bin gerade nicht der Meynung, daß man an Paradetagen ein Corps am besten kennen lerne. Es ist auch nicht meine Absicht, die Genfer Geistlichkeit zu vertheidigen. Aber aus Ihrem Munde klingt mir die Behauptung etwas stark.
Z. Ich erzähle, was ich gelesen habe, und lasse mich gern bedeuten.
B. Was ich von Genf weiß, ist, daß sich namentlich unter den jüngern Geistlichen immer mehrere für die einfältige Predigt des Evangeliums erklären. Und auch von ältern Pfarrern kann man sagen, daß, wenn auch einige von ihnen noch viel auf flachen französischen Rednerprunk halten, und mehr die Tugend schildern, als den Tugendweg, sie dennoch gerade keine Irrlehren vortragen. Ich muß Ihnen redlich gestehen: wenn ein Pfarrer todt ist, wenn der Geist Gottes ihn nicht belebt, so frage ich wenig darnach, ob er ein sogenannter Orthodoxer sey, oder ein Deist, oder ein Rationalist. Im Tode ist alles ziemlich gleich. Oft wacht der Ortho- |Sp. 1195| doxe noch am spätesten auf, weil er seine Form für die Sache hält, und meynt, für ihn sey keine Umkehr nöthig.
Z. Was Sie da von Genf sagen, ist mir ganz einleuchtend. Die Opposition der Separatisten muß nothwendig dort auch etwas Gutes gewirkt haben.
B. Und dann das überall neuerwachte Leben! Sollte denn die Kirche von Genf allein der segensreichen Bewegung unserer Tage immer fremd bleiben können?
Z. Möge nun auch bei uns und in unserm Stande namentlich ein reges, nüchternes und kräftiges Leben immer mehr um sich greifen.
B. Nun denn: Es leben die Pfarrer!
Von
Joseph Klein
, Rabbinats-Candidat in Würzburg.
Wenn es unsere Pflicht schon erheischt, daß wir noch lebenden Männern vom Rufe, denen entweder Irrthum, falsche Nachrede, Neid und Böswilligkeit diesen Ruf anzufeinden oder zu verkleinern gedachten, Gerechtigkeit angedeihen lassen sollen, dem Grundsatze getreu: „De visis nil nisi vere“ so sind wir solche Gerechtigkeit um so eher Verstorbenen schuldig die oft unverschuldeter Weise angeklagt und dabei nicht mehr im Stande sind, sich selbst zu verteidigen. Hier gesellt sich zur Gerechtigkeit- und Wahrheitsliebe gegen jeden Menschen noch die Pietät gegen den Todten und rechtfertigt die Maxime: „De mortius nil nisi bene!“ Wo nun die üble Nachrede sich nicht bloß auf Verdächtigung des Charakters erstreckt, sondern auch das literarische Wirken eines Mannes der Art entstellt, daß man hinter dem einfachen Ausdrucke seiner Ideen ein falsches, verkehrtes Gepräge sucht, da ist es gewiß um so mehr Sache eines Jeden, dem es möglich ist, die Rechtfertigung zu übernehmen. Und ist endlich gar der üble Ruf durch die Geschichte in spätere Zeiten übergegangen, so gebietet Jedem die Rechtlichkeit, baldmöglichst dem Uebel zu begegnen, dadurch, daß man mit dem Widerrufe, wenn er sich auf Wahrheit zu stützen vermag, nicht zögere.
Diese Umstände nun bestimmen mich, die Vertheidigung eines verstorbenen Gelehrten zu übernehmen, weil wirklich, wie es Wer sich darüber, sowie über die Sekte der Sabbathäer näher zu belehren wünscht, den verweisen wir auf Dr. höchst wahrscheinlich ist, Verläumdung und Irrthum ihn in Charakter und schriftstellerischer Wirksamkeit verdächtigten, und weil dieser Irrthum in die Geschichte übergegangen, den Namen dieses Mannes für spätere Zeiten schändet, und dieß ohne sein Verschulden. Dieser Mann ist der hebräische Dichter Mose Chajim Luzzato, ausgezeichnet durch seine hinterlassenen Werke, in welchen neben dem Geiste tiefer Gelehrsamkeit auch der erhabene Schwung dichterischer Begeisterung lebt. Dieser Gelehrte ist nämlich in dem Werke Thorath Haknaoth (תורת הקנאות) von R. Jakob Emden (fol.34 seqq.) als ein eifriger Anhänger der schwärmischen, und mit Recht verrufenen Sabbathäersekte erklärt, und von den Eiferern und Gegnern dieser Sekte heftig angefeindet wordenJost's Geschichte der Israeliten etc. 8. Bd., das 26. Buch, Kap. 1-5 (S. 96-134). — Peter Beer's „Geschichte der Lehren und Meynungen der bestandenen und bestehenden jüdischen Sekten“ enthält viele falsche Data und parteiische Schilderungen. — K.
Dieß schadete nicht nur seinem Charakter, sondern auch seinen literarischen Arbeiten bei der Mit- und Nachwelt, so daß man nur mit einer gewissen Scheu an deren Lektüre ging, weil man oft in den einfachsten, klarsten Worten und Ideen versteckte Sektirerei und Geheimnisse suchte.
In neuester Zeit jedoch hat dieser treffliche Gelehrte und gewiß echt fromme und religiöse Mann einen Vertheidiger gefunden, der in einem hebräischen Briefe in Kurzem sein Leben schildert, und dabei durch zwei wichtige Briefe dessen Rechtfertigung als eines Nicht-Sabbathäers belegt. In dem Werke Kerem Chemed |Sp. 1196| (hebräische Briefe verschiedenen Inhalts von mehreren jüdischen Gelehrten, gesammelt und herausgegeben von S. J. Goldenberg; 2 Thle., Wien, bei Schmid, 1833 und 1836) findet sich im 2. Thle. ein Brief (der ote) von R. S. M. Girondi, Rabbiner in Padua, an Hrn. S. J. Rapoport in Lemberg, worin ersterer die Vertheidigung Luzzato's übernimmt. — Ich säume nicht, diesen Brief, soweit er L. betrifft, hier in deutscher Uebersetzung zu veröffentlichen, und bemerke nur noch, daß es allerdings eben so billig ist, den Vertheidigern denselben Glauben zu schenken, als man ihn dem Ankläger (in Thorath Haknaoth) bisher angedeihen ließ.
Nach einigen einleitenden Bemerkungen andern Inhalts beginnt N. S. M. Sollte sich hiezu kein Verleger finden? etwa Schmid in Wien, oder Landau in Prag? K. Das Werk ist bis jetzt noch nicht im Drucke erschienen; es befindet sich in Manuskript bei Hrn. Sam. Girondi in seinem Schreiben also:
„Ich komme jetzt dahin, den gründlich frommen und gerechten R. Mose Chajim Luzzato‘s. A. zu rechtfertigen von allen Lügen, die die Feinde und Neider seines Wissens gegen ihn verbreiteten. Wisse mein Freund! daß dieser Mann (Mose) hier (in Padua) aufgewachsen unter Leitung des R.Jesaja Basan, Verfasser des לחמי תודה, im J. 5470 (der jüd., 1710 der christl. Aera), und des N. Jizchak Chajim, Verfs. des פי ספרים עת קץ, פחד יצחק und ,עקברב und anderer Gelehrten, die damals in unserer Stadt blüheten. Noch war er erst 17 Jahr alt, als er zu Mantua den ersten Theil seines Werkes לשון למודים (5487—1727) herausgab, worin er die Regeln, den Ursprung und die Verzweigungen der (hebräischen) Poesie erläuterte; (noch besitze ich handschriftlich den 2. und 3. Theil dieses Werkesחנוכת הארון heraus. — So wuchs L. unter den Rabbinen heran, studirte Natur-, klassische- und theologische Wissenschaften, lernte lateinisch, griechisch und französisch und erweiterte seine Kenntnisse stets mehr. Er eröffnete dann in seinem Hause selbst eine Lehrschule für Bibel- und Talmudstudium, wodurch sich bald sein Ruf weit verbreitete; denn er war nebstdem sehr reich und sehr wohlthätig, so daß er Jeden, der Liebe zum Studium zeigte, kräftig unterstützte und erhielt. In Folge der Zeit fühlte er sich zur Kabbalah hingezogen, und studirte sie in Venedig bei den Schülern des R. Mose Sakuth. Dort kam ihm ein Werk unter die Hand שאגת אריה oder ארי נוהם von R. Jehuda Arie von Modena; worin gegen die Kabbalah und deren Anhänger geeifert wirddella Volta, Dr. med. in Mantua, woraus ein Anonymus einige Notizen im 25. Briefe des 2. Thls. des Kerem chemed gibt, die hauptsächlich die Falsität des Sohar, als sey er ein Werk des N. Simon ben Jochai, nachzuweisen beabsichtigen. Auch der selige L. Mises scheint in seinem Kinath haemmeth (Wien, bei Schmdt, 1828) dieses Manuskript benutzt zu haben. S. daselbst S. 135. Anm, 2. K. מאמר הויכוח, worin er gründlich die Einwendungen jenes Werkes widerlegt. Diese Schrift wollte er veröffentlichen, nachdem er sie dem Gutachten seines Lehrers Basan, seines Schwiegervaters, des Rabbiners in Mantua, des Kabbalisten, Verfassers von אמונת הכמים, und des Kabbalisten R. Gur Arie Ponzi (?) unterstellte, welche auch dareinstimmten. Als aber einige Rabbiner in Venedig, Eiferer für R. J. A. aus Modena, der aus Venedig war, Kunde davon erhielten, fanden sie Gelegenheit ihren Haß und Neid gegen M. Ch. Luzzato offen zu geben; sie sandten zwei Männer, die nicht den Namen von Gelehrten verdienten, nach Padua, um Luzzato zu warnen, daß er die erwähnte Schrift nicht herausgebe. Als sie aber aus seiner Antwort entnahmen, daß er ihnen nicht gehorchen wolle, weil er sagte, die Hochschule zu Padua stehe keineswegs im Dienste der zu Venedig, da entflammte denn ihr Eifer und sie verbreiteten das Gerücht, daß Luzzato falsche Absichten bei seinem Studium habe und sammt den mit ihm befreundeten Gelehrten irrthümlich an Sabbathai Zevi glaube; sie verfolgten ihn nun auf's Aergste, und schrieben deßhalb an R. Mose Chagis (der gegen jeden, ihm in Gelehrsamkeit und Ruf Ueberlebenen, eiferte). Dieser, in Verbindung mit noch einem Deutschen, dessen Namen ich nicht nennen mag, reizte nun alle gelehrten Rabbinen Deutschlands gegen L. als einen Sektirer auf, und daraus entstand dann all das Böse, das im Werke Thorath Haknaoth gegen L. geschrieben ward, während Alles Lüge |Sp. 1197| ist. Denn obschon sich L. allerdings mit dem Studium der Kabbalah abgab und einige Werke darüber verfaßte, die ich handschriftlich besitze, so sind sie doch rein von Sektirerei und auf die Worte des R. S. ben Jochai sich stützend; nie aber war es ihm, (wie seine Feinde ihn beschuldigten), in den Sinn gekommen, sich für den Messias auszugeben; denn ich besitze selbst eine Abhandlung über die Erlösung im Manuskript von ihm (מאמר הגאולה) worin er die über das lange Exil Verzagten ermuthigt und sie auf die untrüglichen Verheißungen Gottes wegen eines Messias hinweist.
Um aber all seine Gegner, die sich mit Stolz und Verachtung gegen ihn erhoben, verstummen zumachen, fühle ich mich verpflichtet, hier ein Vertheidigungsschreiben anzuführen, das sein Lehrer, R. Jesaja Basan, für ihn an die Rabbinen in Venedig geschrieben.
(Dieser Brief Basan's, datirt: Reggio, 6 Schebat 5494‒1734, ist nach dem damaligen, rabbinischen Style strotzend von pompösen, tautologischen Floskeln, die keine deutsche Übertragung dulden, auch untermischt mit manchem nicht hieher Gehörigen und Fremden. Ich gebe daher die Quintessenz dieses Schreibens soweit es die Charakteristik Luzzato's berührt).
„Alle berühmten gleichzeitigen Rabbinen Italien's, (sagt er), außer denen in Venedig, welche עץ חיים von R. J. Man wende hier nicht ein, daß Von großem Inhalte.Luzzato's Gelehrsamkeit beneideten, ferner auch die zwei großen Rabbinen R. Simcha Kallimani und R. Jakob Sarval wollten von ihrem Kollegium aus nicht gegen L. auftreten.... Weil gegen diesen Mann sich manches Gerücht erhebt, so will ich ihm gleichsam als Mund seyn; denn er ist mir, wie ein Sohn. Wahrhaftig! seit seiner frühen Jugend gab er sich dem Studium des Gesetzes hin, nach welchem er stets Verlangen hegte; nie wandelte er auf Abwegen oder in jugendlichem Leichtsinne; denn Gott hat ihm einen der Weisheit offenen Sinn gegeben. Ich erzog ihn, leitete ihn in die Studien meiner Lehrer ein, und erfüllte ihn nach Kräften mit dem Geiste der Weisheit; er war mir der Liebste in meinem Hause, ihm sagte ich all meine Schritte, übergab ihm alles Gut und hatte kein Geheimniß vor ihm; schon am frühen Morgen kam er zu mir, um zu studiren, durchsuchte all' meine Schriften, und nahm auch vom „Lebensbaume“Luria, dem Kabbalisten.Kimchi aus Zafet vor mit, das er mir von Ferrara aus zusandte, und wo es am Schlusse heißt: „„Ich hielt mich 12 Tage bei R. M. Ch. Luzzato auf und fand Wundervolles, wie er nämlich vollkommen in der Sprache des Sohar zu schreiben versteht; auch sah ich seinen Kommentar zu Koheleth und Berichtigungen; auch verfaßt er einen neuen Sohar über alle Pentateuchabschnitte, so daß er bis zum Abschnitt Vajeze (Genes.28,10 fg.) schon 4 Hefte hat. Ich staunte darüber; denn solches habe ich noch nie gesehen.““.... „Ich glaube hiemit klar erwiesen zu haben, daß L. gerecht und fromm ist, und daß die Wahrheit sich klar erweisen werde u. s. w.Basan, selbst Anhänger der Kabbalah, sich des Kabbalisten L. angenommen. Gewiß, wäre nur im Geringsten der Verdacht der Sektirerei begründet gewesen, so würde gerade der eifrig treue Anhänger sich aller Vertheidigung entledigt und gegen den frühem Schüler wohl keine Schonung gezeigt haben. K.Wessely (in seinem dritten Schreiben [seiner [מכתבים שנים] Blatt 78b) sprechen. War nicht selbst Moses, (nach dem Talmud) David, Majemonides auch in falschen Verdacht gekommen; eben so erging es L., von dessen Unglück sein eigenes Werk מסילת ישרים zeugt. — Auch weißt Du, was in der Vorrede |Sp. 1198| dieses Werkes die Rabbiner in Amsterdam geschrieben, daß nämlich seine Wurzeln im heil. Gesetze gründen, und seine Zweige sich gegen den Himmel neigen, um das Herz zu läutern und dem himmlischen Vater zuzuführen. In ihrem Gutachten zu L's. Werk דרך תבונות wiederholen diese Rabbinen dasselbe Lob. Und diese Männer gehörten nicht zu den Geringen, von denen wir sagen durften, sie hätten sich ebenfalls von seinen Worten bethören lassen, wie R. Jakob Emden (in Thorath haknaoth) den Rabbi Basan zu verdächtigen sucht. Ja dieser Emden, welcher gegen L. alle Schmähungen häuft schließt dennoch also: „Jedoch wollen wir ihm kein Unrecht thun und sein Gutes nicht verhehlen. Das Ende L's. war Folgendes: Er zog von Frankfurt nach Amsterdam, und ließ sich dort nieder; dort lernte er, wie ich hörte, das Juwelenschleifen zur Erhaltung seines Lebens; so ernährte er sich durch eigener Hände Arbeit; auch soll er einen Gehalt von der portugisischen Gemeinde gezogen haben; denn seit damals hörte man nichts Schlimmes mehr von ihm. Dort ließ er auch 2 kleine Schriftenמסילת ישרים und ,דרך תבונות worin nichts Verdächtiges vorkommt. Nachdem er dort etliche Jahre verweilt, zog er in das gelobte Land und dort soll er gestorben seyn.“ So weit Emden.
(Schluß folgt.)
(Fortsetzung.)
Rheinwald's Repertorium. Mai.
Arnheim Uebersetzung und Erklärung des Buches Hiob. — Beneke Erklärung des Briefes an die Römer. — Kraft Entstehungsgeschichte der luther'schen Bibelübersetzung. — Schott Geschichte der lutherschen Bibelübersetzung. — Stier Darf Luther's deutsche Bibel unberichtigt bleiben? — Ritter Handbuch der Kirchengeschichte. — Fortmann Kurze Geschichte der Reformation. — Rettberg Quaestionum scholasticarum specimen I. — Carové der Messianismus u. s w. — Felice Betrachtungen über die Verhältnisse der christlichen Religion zur gegenwärtigen Lage Frankreichs. — Veit St. Simon und St. Simonismus. — Kierkegard De theologia vere christiana. — Hase Cefessio fidei ecclesiae evangelicae. — Höfling De symbolorum natura etc. — Lindenberg Ueber das lübeckische Gesangbuch. — Kaiser Hirtenbrief. — Nekker de Saussure Die Erziehung des Menschen. — Zeitschriften und religiöse Volksblätter: Religionsblatt, 4r Jahrg. — Studien und Kritiken 1836. — Tübinger Quartalblatt 1835. — Rhamberger Philothea. 1837. — Mittheilungsblatt der evangel. Gesellschaft im Kanton Bern. — Bossard Fliegende Blätter u. s. w. — Der christliche Beobachter. —
(Wird fortgesetzt.)
(68) Bei F. E. C. Leuckart, Buchhandlung in Breslau, ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Religionslehre für die Unterklasse katholischer Elementarschulen, in geschichtlicher Behandlung, als Vorbereitungsbuch für jeden der gebräuchlichen Katechismen, wie auch als Lesebuch, verfaßt von C. Barthel, Kreis-Schulen-Inspektor und Pfarrer.
Der durch mehrere Schriften einem größeren Kreise bereits bekannte Verfasser bietet hier den kleinsten Schülern den religiösen Lehrstoff nach den Forderungen der neuern Katechetik dar, in geschichtlicher Behandlung, nämlich in möglichster Vollständigkeit, im genauesten Zusammenhange, auf eine Art, wie sie dem Fassungsvermögen und Gemüthe der Kleinen am Entsprechendsten seyen dürfte. Wer es weiß, wie wenig die gebräuchlichen Katechismen gerade für das zarteste Alter sorgen, wird es dem Verfasser Dank wissen, daß er seine Thätigkeit einem an sich so schwierigen Gegenstande zugewendet hat; denn wer kann kindlich genug mit Kindern vom Reiche Gottes reden?!
Buchhandlung
: F. Varrentrapp –
Herausgeber:
Dr. J. V. Hoeninghaus. –
Druckerei
: Heller
und
Rohm.
Maschinendruck
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