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Offensichtliche Setzerfehler wurden stillschweigend korrigiert. Die Original-Orthographie wurde ansonsten beibehalten.
Die jetztlebenden christlichen Souveräne nach dem Religionsbekenntnisse. —
Kirchliche Nachrichten. Nordamerika. Neu-Schottland. Halifax; Schreiben des Missionärs Henny. Vereinigte Staaten von Nordamerika. Baltimore; Concilium; Cincinnati; stat. Notizen; Newyork; gemischte Ehen; Brand des kathol. Seminars. Mexiko. Mexiko; Gesinnung des Präsidenten. — Kirchenstaat. Rom; kathol. Akademie; Anwesenheit des Kardinals Latil; Tod des Kardinals Galeffi. — Dänemark. Kopenhagen; Conventikel; Itzehoe; israel. Angelegenheiten. — Deutschland. Frankfurt. Frankfurt a. M.; Generalversammlung des evangel. Missionsvereins. —
Theologische Akademie.
Kathol. Abth. Die Strauß'sche Mythisirung des Christenthums, von der politischen und socialen Seite. Vom Regierungsrath Wilhelm von Schütz in Reichenwalde. —
Literatur.
Protest. Abth
. Jung-Stilling sämmtliche Schriften. Rec. vom Cand. Aug. Boden in Oldenburg. —
Anzeigen.
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A. Katholisch.
1) Der Papst: Gregor XVI.
2) Der Kaiser von Brasilien: Pedro II.
3) Der Kaiser von Oesterreich: Ferdinand I.
4) Der König von Bayern: Ludwig I.
Die Königinn, Therese, geborne Prinzessinn von Sachsen-Altenburg, ist lutherisch.
Die königlichen Kinder sämmtlich katholisch.
5) Der König von Congo (in Afrika).
6) Der König von Frankreich: Ludwig Philipp I.
Die Kronprinzessinn, Helene, Herzoginn von Orleans, geb. Prinzessinn von Mecklenburg-Schwerin, ist lutherisch.
7) Der König von Griechenland: Otto I.
Die Königinn, Amalia, geborne Prinzessinn von Oldenburg, ist lutherisch; die sämmtlichen kön. Kinder sollen schismatisch-griechisch erzogen werden.
8) Die Königinn von Portugal: Maria II. da Gloria.
Auch ihr Gemahl, Ferdinand, Sohn des Herzogs von Sachsen-Coburg-Kohary ist katholisch. (Sein Vater, der Herzog Ferdinand von Sachsen-Coburg-Kohary trat 1818 zur katholischen Kirche über, sämmtliche Kinder aus dessen Ehe wurden katholisch erzogen).
9) Der König von Sachsen: Friederich August.
10) Der König von Sardinien: Karl Albert.
11) Der König beider Sizilien: Ferdinand II.
12) Die Königinn von Spanien: Isabella II. Desgleichen der Thronprätendent: Don Carlos.
13) Der Großherzog von Toscana: Leopold II.
14) Der Groß-Emir des Libanon's: Chebar Emir Beschir.
Auch die Fürstinn, seine (zweite) Gemahlinn, ist vom Muhamedismus zur katholischen Kirche übergetreten.
15) Der Herzog von Lucca: Karl.
16) Der Herzog von Modena: Franz IV.
17) Die Herzoginn von Parma: Marie Louise.
18) Der Fürst von Hohenzollern-Hechingen: Friederich.
Die Fürstinn, Pauline, geborene Prinzessinn von Curland-Sagen, ist lutherisch. (?)
19) Der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen: Karl Anton.
Die Gemahlinn des Erbprinzen, Josephine, geborene Prinzessinn von Baden, ist evangelisch-unirt.
20) Der Fürst von Liechtenstein: Aloys. |Sp. 0848|
B. Schismatisch-griechisch.
1) Der Kaiser von Rußland: Nikolaus I. Paulowitsch.
Die Kaiserinn Alexandra Feodorowna, geborne Prinzessinn Charlotte von Preußen, ist vor ihrer Vermählung von der evangelisch-unirten Confession zur schismatisch-griechischen übergetreten, in der auch sämmtliche kaiserl. Kinder erzogen werden.
2) (Halbsouverain) Der Hospodar der Moldau: Michael Sturdza.
3) (Halbsouverain) Der Hospodar der Wallachai: Alleco Ghika.
C. Monophysilisch.
1) Der Kaiser von Abyssinien: Itta Tekla Gorgis.
D. Protestantisch.
a) anglikanisch-episcopal.
1) Die Königinn von Großbrittanien und Irland: Alexandrine Viktorie.
2) Der König von Hannover: Ernst August.
Die Königinn, Friederike, geborne Prinzessinn von Mecklenburg-Strelitz, ist lutherisch.
3) Die Königinn von O'Taheiti und Marua: Pomare I.
b) lutherisch.
1) Der König von Belgien: Leopold I.
Die Königinn, Louise, geborne Prinzessinn von Frankreich, ist katholisch. Auch werden sämmtliche kön. Kinder in der katholischen Religion erzogen.
2) Der König von Dänemark: Friederich IV.
Des Erbprinzen erste, von demselben geschiedene, Gemahlinn, Charlotte, geborne Prinzessinn von Mecklenburg-Schwerin, ist von der lutherischen Confession zum Katholizismus übergetreten.
3) Der König von Schweden und Norwegen: Karl XIV.
Der König ist vor seiner Thronbesteigung von der reformirten Confession zur lutherischen übergetreten. Die Königinn, Eugenie, geborne Clary, ist katholisch. Auch die Kronprinzessinn Josephine, geborne Prinzessinn von Leuchtenberg, ist katholisch.
4) Der König von Würtemberg: Wilhelm I.
5) Der Großherzog von Hessen-Darmstadt: Ludwig II.
Die Erbgroßherzoginn, Mathilde, geborne Prinzessinn von Bayern, ist katholisch. Der Prinz Friederich Bruder des Großherzogs, ist zur katholischen Kirche übergetreten.
6) Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin: Friederich Ludwig.
Die Großherzoginn, Auguste, geborne Prinzessinn von Hessen-Homburg ist reformirt. |Sp. 0849|
7) Der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz: Georg.
Die Großherzoginn, Maria, geborne Prinzessinn von Hessen-Cassel ist reformirt.
8) Der Großherzog von Oldenburg: August.
9) Der Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach: Karl Friederich.
Die Großherzoginn, Maria, geborne Großfürstinn von Rußland, ist der schismatisch-griechischen Kirche zugethan.
10) Der Großherzog von Braunschweig: Wilhelm.
11) Der Herzog von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen: Bernhard.
Die Großherzoginn, Marie, geborne Prinzessinn von Churhessen ist reformirt.
12) Der Herzog von Sachsen-Altenburg: Joseph.
13) Der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha: Ernst.
14) Der Fürst von Reuß-Plauen-Greiz: Heinrich XIX.
Die Prinzessinn Gasparine, geb. Prinzessinn von Rohan-Rochefort und Montauban ist katholisch. (?)
15) Der Fürst von Reuß-Plauen-Schleiz: Heinrich LXII.
16) Der Fürst von Reuß-Plauen-Lobenstein und Ebersdorf Heinrich LXXII.
17) Der Fürst von Schwarzburg-Rudolstadt: Günther.
Die Fürstinn, Auguste, geborne Prinzessinn von Anhalt-Dessau, ist reformirt.
18) Der Fürst von Schwarzburg-Sondershausen: Günther:
Die Fürstinn, Mathilde, geb. Prinzessin von Hohenlohe-Oehringen ist evangelisch.
c) reformirt.
1) Der König der Niederlande: Wilhelm I.
Die Königinn, Wilhelmine, geb. Prinzessinn von Preußen ist evangelisch. Die (Kron-) Prinzessinn von Oranien, Anna Paulowna, geb. Großfürstinn von Rußland, ist schismatisch-griechisch.
2) Der Churfürst von Hessen: Wilhelm II.
3) Der Churprinz Mitregent von Hessen: Friederich Wilhelm.
4) Der Herzog von Anhalt-Dessau: Leopold.
Die Herzoginn, Friederike, geb. Prinzessinn von Preußen, ist evangelisch.
5) Der Herzog von Anhalt-Köthen: Heinrich.
Die Herzoginn, Auguste, geb. Prinzessinn von Reuß-Köstriz, ist lutherisch. Die verwittwete Herzoginn, Julie, geborne Gräfinn von Brandenburg, ist von der reformirten Confession zur katholischen Kirche übergetreten.
6) Der Fürst von Lippe-Detmold: Leopold.
Die Fürstinn, Emilie, geb. Prinzessinn von Schwarzburg-Sondershausen, ist lutherisch.
7) Der Fürst von Schauenburg-Lippe: Georg Wilhelm.
8) Der Landgraf von Hessen-Homburg: Ludwig.
Die (geschiedene) Landgräfinn, Auguste, geb. Prinzessinn von Nassau-Usingen, ist lutherisch.
9) (Halbsouverain) Der Graf von Bentinck: Gustav.
d) evangelisch (unirt).
1) Der König von Preußen: Friederich Wilhelm III.
Die Kronprinzessinn, Elisabeth, geborne Prinzessinn von Bayern, ist von der katholischen Kirche zur evangelisch-unirten Confession des Protestantismus übergetreten.
2) Der Großherzog von Baden: Leopold.
Die Verwitwete Großhorzoginn, Stephanie, geborne de Beauharnais und Adoptivtochter des vormaligen Kaisers von Frankreich, Napoleon, ist katholisch. Die Kinder aus ihrer Ehe sind in der evang. Confession erzogen worden.
3) Der Herzog von Anhalt-Bernburg: Alexander Karl.
4) Der Herzog von Nassau: Wilhelm.
5) Der Fürst von Waldeck: Georg.
e) methodistisch.
1) Der König des Sandwich-Archipels:
Tamehameha II.
Eine dem Könige blutsverwandte Fürstinn, Schwester der alten Könige von Mowee und Oahu ist zur katholischen Kirche übergetreten.
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Nordamerika.
Neu-Schottland.
Halifax. (Aus einem Schreiben des kathol. Miss. Henny, der auf seiner Reise nach Cincinnati hieher verschlagen wurde).
Halifax, die Hauptstadt von Neu-Schottland und Sitz des englischen Gouverneurs, der zugleich als Admiral auf drei Jahre von der englischen Regierung hieher gesetzt wird, liegt an der südlichen Seite eines von Natur und Kunst schönsten, befestigtsten und vollendetsten Hafens. Wie dieser als Vorposten aller englischen Kolonien in diesem Welttheile mit den vorzüglichsten Kriegsschiffen prangt, so ist auch die Stadt, auf deren oberster Höhe eine Festung liegt, nur durch das Militär hauptsächlich ausgezeichnet. Die Zahl der Einwohner soll, die Garnison abgerechnet, 17,000 Seelen betragen. Dieser Ort ist wahrhaft der Fokus der englischen Macht in Amerika und in der nordamerikanischen Revolutionsgeschichte berühmt. Die Umgegend ist kahl, sandig, kalt, darum unfruchtbar; reicher ist die Küste Breton, vorzüglich an Stockfischen und Steinkohlen, welche die fast ausschließlichen Handelsartikel sind. Der Wohlstand der Bürger wechselt daher mit dem Kriege und Frieden ab; letzterer trägt natürlich am wenigsten dazu bei, weßwegen die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten täglich zunimmt. Der beste Theil dieser Provinz, nämliche die südwestlichen Gegenden, ist von Veteranen oder Söldlingen der Revolutionskriege bewohnt, und, wie man sagt, trefflich bepflanzt; Louisburg ist ihr Hauptort.
Der frühere Name des Landes, Acadié (Acadien), erst später von anderem Herrn Neu-Schottland genannt, deutet auf französischen Ursprung. Wie abwechselnd war dessen Schicksal und Herrschaft seit de Monte, der im Namen Frankreich's von dieser Provinz Besitz nahm, während England seine Rechte darauf auf frühere Entdeckung stützte. Daher der beständige Kampf um diesen Schlüssel zu dem Innern des Continents, zu Canada, bis der 12te Artikel des Utrechter Friedensschlusses (1711) ganz Acadien sammt Port royal und Annapolis von Frankreich wegnahm und an England übertrug. Durch diesen Stoß mußte natürlich auch Canada oder ganz Neu-Frankreich erschüttert werden, und nach und nach in englische Hände fallen, was Frankreich im Friedensschlusse von Paris (1762) auch zugeben mußte.
So sehr durch die langwierigen Kriege zwischen den englischen und französischen Kolonien das Werk der Missionen, das so herrlich überall im tiefen Norden begonnen hatte, nothwendig leiden mußte, so wurde selbes doch erst durch die bald erfolgende Verbannung der von allen Seiten verfolgten Jesuiten fast gänzlich verlassen. Dieses war vorzüglich in Neu-Schottland der Fall, wo niemals so feste Ansiedelungen stattgefunden hatten, wie in Canada. Jedoch ist ein großer Theil der heutigen Bevölkerung katholisch. Mit größerer Wirksamkeit arbeiteten seit Jahren der herrliche Bischof Burns und sein Nachfolger Fraser (als Bischof in partibus) unter ihren Kindern hier, als früher die Bischöfe von Quebeck, gewohnt von diesem fernen Sitze her geistliche Jurisdiktion auszuüben. Wie unvergeßlich, sage ich, bleiben die Verdienste eines Bischofs Burns um seine heilige Kirche in dieser Provinz. Seine sterbliche Hülle ruht in stiller und prunkloser Grabstätte unter den Leichen der Seinigen, neben einer von ihm aufgeführten, für die Gemeinde zu kleinen, aber herrlichen Kirche gothischer Bauart. An einem andern (nordwestlichen) Ende der Stadt haben die Ursulinerinnen eine Kapelle nebst Kloster. Man schätzt die Anzahl der Katholiken in und um Halifax auf ungefähr 5000 Seelen, die unter der Leitung von zwei englisch sprechenden Priestern stehen. Nebstdem sind verschiedene andere, selbst zahlreiche Gemeinden in den übrigen, besonders nordwestlichen Theilen der Provinz, deren einige aus Schotten und Irländern, andere aus französischen Abkömmlingen und Indianern bestehen. Letztere sollen alle, so viele deren getauft sind, zur katholischen Religion sich bekennen. Diese Missionen verdanken das Meiste seit Jahren dem Eifer der Trappisten, die hier ein Haus haben. Welch ein ehrwürdiges Ansehen gibt Alter und Verdienst ihrem Superior, Pater Vincentius, den ich glücklicher Weise in Halifax traf auf seinem Wege nach Philadelphia wohin er reist, weil er eine mildere Wohnstätte für seine Ordensgenossen auf Pennsylvaniens nordwestl. Höhen gründen möchte.
|Sp. 0851| Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Baltimore. Am 16. Aprill wurde das dritte Provinzial-Conzilium in Baltimore eröffnet. Man stimmte für die Errichtung einiger neuer Bisthümer, wie Pittsburgh (West-Pennsylvanien) und Natches in Mississipi.
Cincinnati. Die Zahl der Priester in Cincinnati ist um einen vermehrt worden, durch Hrn. Köhe, welcher im vorigen Herbste von der Propaganda in Rom nach Charleston gesendet wurde, von da aber sich nach Cincinnati begab, weil im Süden der Vereinigten Staaten wenige oder keine deutschen Katholiken sich befinden.
— Herr Henny will zu Cincinnati ein deutsches Wochenblatt begründen unter dem Titel "der Wahrheitsfreund", dessen gedruckten Prospektus er uns übersendet hat. Es soll religiösen und politischen Inhalts seyn. Die reine Einnahme fließt in die Kasse des Waisenvereins vom hl. Aloys, welcher bereits 200 Mitglieder aus allen Ständen zählt. Hr. Henny geht mit dem Gedanken um, eine deutsche Druckerei zu errichten, da die Druckkosten in Nordamerika außerordentlich groß sind. Fände er dazu nur einen Setzer und einen Drucker, die nicht um des Lohnes, sondern um Gottes willen arbeiteten! Vom Palmsonntage bis zum 12. Mai hatten 2500 Deutsche in Cincinnati die hl. Communion empfangen. "Wie leicht, sagt er am Schlusse, könnten in Augsburg und München einige wohlthätige Matronen unsern ärmlichen Altar zieren! Was haben Ihre Kirchen nicht im Ueberfluß, während ein einziger übersilberter Kelch für uns drei Priester genügen muß."
(Sion)
† Newyork, 10. Mai. Sowie die Vereinigten Staaten von Nordamerika dasjenige Land sind, wo sich die meisten Sekten vorfinden, so ist es auch dasjenige, wo gemischte Heirathen am häufigsten sind. Zuweilen begibt es sich, daß ungeachtet des Verbots oder der Ermahnung der Pfarrer schwache Personen sich bereden lassen, ihre Ehe von einem Geistlichen, von den unzähligen Abzweigungen des Protestantismus, einsegnen zu lassen. Denen dieses Unglück widerfahren ist, die werden nicht mehr so angesehen, als ob sie noch zu der Kirchengemeinschaft gehörten, und wenn sie sich wieder damit vereinigen wollen, so müssen sie ihren Fehler öffentlich eingestehen, oder wenn sie keinen Muth haben, diesen feierlichen Schritt selbst zu thun, so geschieht er von einem Priester. Wir können das Daseyn dieses Gebrauches als gewisse Thatsachen behaupten und uns auf das Zeugniß aller derjenigen berufen, welche die Vereinigten Staaten genau kennen und dort die katholischen Kirchen besucht haben.
† — Das Seminar und Kollegium, welches der Herr Bischof von Newyork für seine Diözese hatte aufbauen lassen, war fast unter Dach, als eine Feuersbrunst es am 12. Aprill zerstörte. Dieselbe wird der Ruchlosigkeit eines Handwerkers zugeschrieben; ja man geht so weit, den Verdacht zu äußern, derselbe sey von fanatischen sekt. Geistlichen, die längst gedroht hatten Feuer in das Gebäude zu werfen, ausdrücklich zu dieser Brandlegung gedungen worden. Uebrigens war die Lage des Seminars 30 Meilen entfernt von Newyork am Ufer des Nordflusses äußerst gesund und günstig; aber der Hr. Bischof hat doch die Anlegung jener Niederlassung an jenem Orte aufzugeben für rathsam erachtet. Er hat das Grundstück verkauft und in einem bedeutend höhern Verkaufspreise einigermaßen Entschädigung für den erlittenen Verlust erhalten. Wahrscheinlich wird die Anstalt nunmehr nach einem Orte verlegt werden, wo die Gesinnung der Bewohner minder feindlich gegen die Katholiken ist. Vielleicht würde sogar ein bereits fertiges Haus angekauft, wenn nur die gegenwärtige Geld- und Handelskrisis erlaubte, an die schnelle Ausführung des Planes zu denken.
(Ami de la Rel.)
Mexiko.
† Mexiko. Die öffentlichen Blätter haben vor einiger Zeit Bustamente's Ernennung zum Präsidenten der mexikanischen Union angezeigt. Nach ihnen scheint derselbe auch die Ordnung in seinen Landen nicht besser herstellen und den gesunkenen Kredit nicht besser heben, auch den Schatz nicht anders füllen zu können, als das von der französischen Revolution in das Leben gerufene, seitdem von der Schweiz, Spanien und Portugal befolgte System des Verkaufs der Kirchengüter anzunehmen. Busta- |Sp. 0852| mente scheint aber doch mehr Förmlichkeiten zu beobachten geneigt, ja er soll sogar vorläufig die Genehmigung des Papstes einholen wollen.
(Univers)
Kirchenstaat.
† Rom, den 16. Mai. Die Akademie der katholischen Religion hielt am 27. v. Mts., unter den gewöhnlichen Feierlichkeiten in der großen Aula des römischen Erzgymnasiums die jährliche solenne Sitzung. Se. Em. Kardinal Paolo Polidori, Präfekt der h. Congregation der Regularen und Ehren-Censor der Akademie, hielt, nachdem ein glänzendes Orchester gebräuchlicher Weise eine der schönsten Symphonien vorgetragen hatte, einen, seine Kenntniß von den Bedürfnissen der Zeit beurkundenden Vortrag über "die Nothwendigkeit, der immer mehr und mehr zunehmenden Impietät unseres Jahrhunderts einen Damm entgegenzusetzen, und namentlich eine gründliche Reform bei dem Studium der philosophischen Wissenschaften, in specie der Metaphysik, eintreten zu lassen." Der gelehrte Würdenträger durchging die verschiedenen Stadien, welche in der neuern Zeit der Irrsinn an der Religion durchlaufen, und der zu dem verderblichsten Indifferentismus und zu dem völligsten Unglauben geführt hatte. Er bezeichnete als solche, die seit einiger Zeit in verschiedenen Ländern Europa's eingeführten neuen Systeme der Philosophie, sie in vier Fractionen abtheilend, als: das Locke'sche System in England; Das Reid und Steward'sche in Schottland; das Kant, Fichte und Schelling'sche in Deutschland; und den Eklecticismus in Frankreich. Er berührte in der Kürze die irrthümlichen Prinzipien derselben, und zeigte, wie der Verstand durch sie von dem Wege der Wahrheit abgeleitet werde, und das Kriterium der Sicherheit verliere. Daher käme dann die Lehre von der individuellen Wahrheit, von dem eigenthümlichen Sinne, die Träume von dem Frieden und von der Individualisirung, nebst der Theorie von der Hoffnung und das Betrachten der Religion als Sprößling des Gefühls, stets unbeständig und in allen Beziehungen veränderlich. Er deutete an, wie das verderblichste Nachtheil aus solchen Lehren für die Religion hervorgehe, die dem Glauben gebiete, und in ihm zu wirken befehle. Darauf führte er klar aus, wie aus solcher Moral die verderbliche Lehre von dem Angenehmen und Nützlichen habe entstehen, und durch die Metaphysik von der einen Seite des Materialismus, von der andern der Idealismus, vermittelst beider aber ein systematischer Skeptizismus sich habe eindrängen müssen. — Hatte der Redner so Art und Ursprung des Uebels angegeben, so ging er auf die Auseinandersetzung der Mittel dagegen über. Er stellte fest, Methode und Materie der Philosophie müßten dahin wirken, den menschlichen Verstand von allen Irrthümern abzuleiten, und bewies, daß sie darin in allen Theilen conform mit der Religion, der sie zur Stütze dienen, mit der sie nach Einem Ziele hinarbeiten, und nur ein und denselben Zweck haben solle, seyn müsse. Er prophezeihete, die Zeit werde nicht mehr ferne seyn, wo sich das Bedürfniß fühlbar machen werde, nach einer speculationsfreien, so vielfach einleuchtende Vortheile darbietenden, andere Wissenschaften nicht verwirrenden Philosophie, welche der Phantasie der Jugend fremd bleibe, und für sie ein festes und einiges Fundament bilde, weil in dem Einigen das Wahre bestehe. Hauptsächlich müsse sie sich der Theologie anschließen, und ihre Metaphysik darum mit ihr übereinstimmen, weil noch kein menschlicher Verstand die rechte Wahrheit ergründet. Um dieß Alles zu belegen, citirte der Redner außer dem heil. Augustin und den übrigen heil. Vätern den Magister Angelo, aus der Schule des heil. Thomas von Aquin. Er schloß damit, daß Rom, der Mittelpunkt der religiösen Einheit, der Sitz der Unfehlbarkeit, der Ort, von welchem aus alles Gute zu allen Zeiten über den ganzen Erdkreis sich verbreitet, die erleuchteten Mitglieder der Akademie veranlassen werde, an Ausbreitung und Vertheidigung der Religion thatkräftig zu arbeiten, dahin zu wirken, daß dieß thörichte Licht der Aufklärung zu einer wahren, keine Verfinsterung zulassenden werde, vorwärts zu schreiten, und nicht umzukehren, wie jener Pilger, der einen Fußpfad wandelnd, der ihn irre leitet, zurück zu gehen genöthigt ist! — Es bedarf keiner Argumente, um darzuthun, wie treffend alles auf den gegenwärtigen |Sp. 0853| Zustand paßt. Der erhabene Redner ärntete von allen Seiten den verdienten Beifall von der zahlreichen Versammlung ein, welche nicht allein die Gründlichkeit der Auseinandersetzung, sondern auch die Anmuth des Vortrages nicht genug bewundern konnte.
Die Akademie wurde mit der Gegenwart Ihrer Eminenzen der Kardinäle Pacca, Dekan des heil. Collegiums, de Gregorio, Pedicini, Falzacappa, Fransoni, Giustiniani, Castracane degli Antelminelli, Frezza, Patrizi, Gazzoli, Marco y Catalan, und Spade beehrt. Außerdem waren viele Prälaten, Ordens-Vorgesetzte und ein zahlreicher Adel gegenwärtig.
(Diario di Roma)
† — Am 20. v. M., als dem Quatember-Sabbath, fand in der Patriarchat-Basilica zum Lateran die Ordination durch den hochw. Erzbischof Antonio Piatti, Erzbischof von Trapezunt und Vice-Gouverneur von Rom statt. Es wurden 12 Geistliche zur Tonsur zugelassen; 25 erhielten die niederen Weihen, 19 wurden zu Sub-Diaconen, 23 zu Diaconen, 15 zu Presbytern ordinirt; überhaupt die Weihe an 94 Personen vollzogen.
† — Donnerstag den 1. Juni fand die Frohnleichnams-Prozession in der Patriarchat Basilika vom Vatikan statt. Sowohl die zu dieser Kirche gehörigen Brüderschaften, so wie diejenigen der Filial-Kirchen und des vatikanischen Seminars hatten sich dabei eingefunden. Das h. Sakrament wurde von dem Patriarchen von Constantinopel, Kanonikus jener Kirche, Monsignor Giovanni Soglio getragen. Demselben folgten Se. Heiligkeit nebst den Kardinälen und dem ganzen Hofstaate.
(A. d. l. R.)
— Wie wir hören, wird der aus Oesterreich hier eingetroffene Kardinal de Latil, Beichtvater Karl's X., uns nicht so bald wieder verlassen, und vielleicht für immer sein Domicil hier wählen. Somit wäre die früher gehegte Hoffnung verschwunden, wonach er als Erzbischof von Rheims in seine Diözese zurückkehren sollte. Es waren darüber manche Unterhandlungen gepflogen worden.
(Allg. Ztg.)
† — den 20. Juni. Zu allgemeinem Bedauern starb vorgestern um die 17te (italienische) Stunde der hochwürdigste Kardinal Pierfrancesco Galleffi, Bischof von Porto, S. Rufina und Civitavecchia, Dekan des heiligen Collegiums, Erzpriester der Patriarchat Basilica des Vatikans, beständiger Commendatar Abt, Ordinarius von St. Benedetto, Kanzler der römischen Universität etc. Er war am 27. Oktober 1770 zu Cesena geboren, und wurde schon in dem geheimen Consistorium vom 12. Juli 1803 von Pius VII. mit dem Purpur bekleidet.
(Diario di Roma)
Dänemark.
Kopenhagen, den 23. Juni. Unter den "kirchlichen und literarischen Nachrichten" liest man in der Nordischen Kirchenzeitung No. 26 Folgendes: ,,In der gerichtlich anhängig gemachten Sache wegen der religiösen Versammlungen in Hjarup bei Kolding ist ein Urtheil in erster Instanz gefällt worden, nach welchem der Hofbesitzer Niels Thomsen in Hjarup zu 40 Rth. Strafe verurtheilt wird, nämlich 20 Rthlr. wegen der Versammlung in seinem Hause und 20 Rthlr. wegen seiner "ungeziemenden Ausdrücke" in seiner Eingabe gegen den Prediger; ein anderer Hofbesitzer aus Fühnen zu 20 Rthlr., ein dritter, ebenfalls aus Fühnen zu 20 Rthlr., und ein vierter Hofbesitzer zu 5 Rthlr. Strafe. Sie haben an das Obergericht in Viborg appellirt."
Itzehoe. Der Obergerichtsadvokat Löck in Itzehoe, Präsident der holstein'schen Provinzialstände, hatte im vorigen Jahre in seiner Rechenschaftsablegung an seine Mandanten im Kieler Correspondenzblatt bei Erwähnung seines (feindlichen) Votums über die Supplik der holsteinischen Juden, Stellen aus Riesser's erster Schrift gegen Paulus auf eine ganz entstellte Weise citirt. Das Blatt kam Riesser erst vor Kurzem zu Händen, da es ihm Steinheim aus Altona nach Bockenheim mitbrachte, der es auf seiner längern Abwesenheit von der Heimath bei sich führte, um ihm als Gegenmittel gegen etwa ihn beschleichendes Heimweh zu dienen. Riesser, dessen gottverliehener Beruf es ist, jeden neuen Kopf der alten Hydra Judenhaß unverzüglich auszubrennen, und es beiläufig wohlmeynenden aber verblendeten Männern klar zu machen, daß sie bei aller redlichen |Sp. 0854| Selbsttäuschung von Nationalität, Staatswohl u. dgl. ihre Argumente doch im Grunde nur aus derselben nebelhaften Quelle schöpfen, wie der muthwillige kleinstädtische Knabe, der einem ungewöhnlich Gekleideten nachläuft, Steine nachwirft: nämlich aus philiströser Scheu vor Unbekanntem, und aus eingesogenen Ammendogmen; vielleicht verstärkt durch die Unbehaglichkeit, die man dem unbezahlten gerechten Gläubiger gegenüber empfindet; vielleicht, vielleicht auch noch verstärkt durch das Gellertsche — "Du Narr willst klüger seyn, als wir?", — —Riesser, sagen wir, entgegnete unterm 24. Mai in demselben Blatte, indem er u. A. in herrlichen Worten edlen Zornes ein Verfahren treffend charakterisirte, das sein Ziel darin sucht und die gleißendsten Vorwände nicht spart, Andere von einer Stellung im Staate auszuschließen, die man selbst so mühelos erlangt hat. Dieser Aufsatz läßt, wie die meisten aus Riesser's Feder, keinen Auszug zu. Nun hat Hr. Löck unterm 8. Juni größtentheils ausweichend replizirt, und bricht zum Beleg seiner Unbefangenheit mit rührender Naivität in folgende Fragen aus: „Ist es nun aber möglich, Mitglied einer Nation zu seyn und zu bleiben, und zugleich in eine andere einzutreten? Ist es möglich, zugleich ein Deutscher und ein Franzose zu seyn und zu bleiben? u. s. w." Ferner:
„Auch über die Frage wünsche ich wohl eine Belehrung aus glaubhafter Quelle: Hat man Beispiele (nur nicht bloß eins oder zwey, daß in den Ländern, wo die Juden den übrigen Staatsbürgern gleichgestellt sind, Männer dieser Nation sich mit schwerer Körperarbeit befaßt hätten? Sieht man sie dort graben, mähen, dreschen, Holz schlagen u. dgl.? Oder überlassen sie diese Arbeit nach wie vor der Nation, welche sie aufgenommen hat?
Wenn die erste Frage nicht einen versteckten Bezug auf die in Dissidenz gerathene Brüderschaft der Dänen und Holsteiner enthalten soll, so können wir unmöglich glauben, daß in gebildeten deutschen Staaten der Begriff der Nationalität noch immer ganz streng etymologisch auf das bloße Raçeverhältniß, und nicht vielmehr auf die Staatsangehörigkeit angewandt wird; denn sonst könnte der Schluß nicht ausbleiben, daß z. B. holsteinische Familien, die seit mehreren Generationen fremde Länder mit andern Zungen bewohnen, ohne auch nur im Geringsten an holsteinischen Zuständen Theil zu nehmen, eher zu Holstein's Volke gezählt werden müßten, als eben die Juden, die seit Jahrhunderten darin wohnen, und deren Wohl und Weh, deren Gegenwart und Zukunft mit allen Banden des Interesse's, der Liebe, der Hoffnung und der Furcht Tag und Nacht daran geknüpft ist. Turkomannen und Lappen, Malaien und Botokuden, die freilich nehmen Niemand in ihren Verband auf, dessen Voreltern nicht schon den Feß oder den Rennthierpelz, das Krieß oder den Lippenstöpsel getragen haben; aber je mehr eine Gesellschaft sich von dem rohen Zustande, von dem Standpunkte der Natur entfernt, um so mehr sollen solche Verschiedenheiten unbeachtet bleiben, und das Wort Nation, im angegebenen Sinne, gegen das Wort Staat verschwinden.
Die zweite Frage betreffend, so hätte sich der Hr. Lök doch die Mühe geben sollen, sich in seiner nächsten Umgebung an Orten, wo er eben so bekannt ist, als in Itzehoe selbst, vor Abgabe seines Votums ein wenig zu erkundigen, und er wüßte dann, daß, trotz aller bürgerlichen Schranken und Hemmschuhe, z. B. in Elmshorn und Altona ansehnliche Gerbereien sind, die von jüdischen Meistern mit jüdischen Gesellen betrieben werden; er hätte in Kopenhagen, sowie in allen dänischen Provinzen, wo allerdings eine modifizirte Emanzipation gegeben ist, jüdische Arbeiter jeder Art, vom Grobschmid an bis zum Seiler, Oekonomen, Verwalter u. s. w. finden können, und da dem sorgfältigen Manne so viel am Graben und Holzschlagen liegt, so hätte er in der Armen-Kolonie Frederiksgabe — freilich an drei Meilen von Itzehoe — nach den jüdischen Colonisten daselbst fragen können. Wäre er aber in seinen ethnographischen Forschungen noch weiter gegangen, etwa nach Hamburg, so hätte er da u. A. eine große Anzahl jüdischer Lastträger aller Art, namentlich Torfträger gefunden — die jedoch als Nichtbürger den Torf nicht aus den Schiffen auf die Wagen laden dürfen, — er hätte da jüdische Seifensieder, Kerzengießer, Metallraffineurs u. dgl. getroffen, die mit eigenen Händen arbeiten; vor Allem aber hätte er erfahren, wasmaßen schon vor 20 Jahren die jüdische Gemeinde um die Erlaubniß anhielt, eine |Sp. 0855| Anzahl jüdischer Arbeiter zu den Walldemolitions-, Chaussée- und andere öffentlichen Arbeiten stellen zu dürfen, und wasmaßen sie einen ganz runden Abschlag erhielt, der auch nachmals noch oft gegen einzelne Aspiranten wiederholt wurde. Ohne nun noch den Blick nach Holland, Bayern u. s. w. zu richten, könnte Ref. ihm mehrere Güter in Böhmen nennen, die von christlichen und jüdischen Bauern in solcher Harmonie bewirthschaftet werden, daß sie gegenseitig an ihren resp. Feiertagen für einander arbeiten, doch da die sämmtlichen jüdischen Zustände dem Herrn Löck böhmische Dörfer zu seyn scheinen, so bleibt nur noch die grauenerregende Frage: Welchen Namen verdient ein Zustand, wo über das Seyn oder das Nichtseyn ganzer Menschenmassen auf Jahrhunderte hinaus von Männern entschieden wird, die zwei Jahre nachher erst sich über die wichtigsten betreffenden Verhältnisse "eine Belehrung aus glaubhafter Quelle wohl wünschten?"
(Allg. Ztg. d. Judenth.)
Deutschland.
Frankfurt.
Frankfurt. Der evangelische Missionsverein hat am 24. März dahier in der deutsch-reformirten Kirche, welche das verehrliche Presbyterium hierzu einzuräumen, die Gefälligkeit hatte, seine dießjährige Generalversammlung gehalten.
Die Feier begann mit einem Wechselgesang, zu dessen erhebender Wirkung ein aus Schülern der Allerheiligenschule gebildeter Chor, unter Leitung seiner verdienstvollen Lehrer, wesentlich beitrug.
Hr. Consistorialrath Pfarrer Zimmer sprach das Eröffnungsgebet. Auf dieses folgte der durch Hrn. J. Justus Finger abgefaßte Bericht, welchen, wegen Unpäßlichkeit des Verfassers, Hr. Doktor und Candidat Glöckler vorzutragen, die Gefälligkeit hatte.
In diesem Berichte wird unter anderm gesagt:
Wenn wir uns heute gemeinschaftlich an heiliger Stätte versammeln, um abermals die Feier eines Missionsfestes zu begehen, so sind es Empfindungen der Freude und des Dankes, von denen wir uns durchdrungen fühlen, und welchen wir Worte zu leihen versuchen. So wie die Kirche Christi in diesen festlichen Tagen den Sieg ihres göttlichen Stifters über Tod und Grab feiert, eben so feiern die christlichen Missionsvereine die Triumphe, welche die Lehre des Auferstandenen vom Aufgang bis zum Niedergang über jeden Widerstand des Aberglaubens und Unglaubens erringt. Mächtig und augenscheinlich sind die Erfolge des Missionswerks und der innigst damit verbundenen Bibelverbreitung; und die Gesellschaften und Vereine, die sich zur Forderung dieser heiligen Angelegenheiten die Hände bieten, dürfen nicht mehr mit Schüchternheit auf den Ausgang ihrer Unternehmungen hinblicken, oder sich desselben nur in stiller Verborgenheit erfreuen. Die ehrenvollsten öffentlichen Anerkennungen würdigen ihre Bestrebungen und halten sie für die Anfeindungen und Verunglimpfungen, die ihnen so oft feindlich in den Weg treten, schadlos.
Nicht bloß eine weltgeschichtliche Bedeutung hat das Missionswerk erlangt, auch eine kirchliche Angelegenheit ist es geworden, und wird sich immer mehr dazu ausbilden. Die evangelische Kirche wird es täglich mehr anerkennen, daß die Verbreitung des göttlichen Wortes in der Heidenwelt eben so sehr zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört, als dessen Verkündigung in der Nähe, und sie wird diese Aufgabe lösen. Die schönsten Anzeigen berechtigten zu dieser Erwartung. England und Nordamerika gehen mit leuchtenden Beispielen voran, Schweden, Norwegen und Dänemark, Holland, Rußland, Frankreich und die Schweiz haben ihre Missionsvereine, und über die protestantische Länder Deutschland's breiten sich diese Vereine in solcher Menge aus, daß sie bald schwer zu zählen seyn werden. Denn, außer den Anstalten der ehrwürdigen Brüdergemeinde, bestehenden und blühenden Missionsschulen in Basel, Barmen und Berlin soll sich nun auch noch eine in Dresden anreihen, und im nördlichen Deutschland haben sich die Vereine von Hamburg, Bremen, Stade und mehreren andern Städten zu einer norddeutschen Missionsgesellschaft verbunden, die zwar keine eigne Missionsschule errichten, sondern ihre Missionare bereits bestehenden Instituten zur Ausbildung anvertrauen, als dann aber dieselben selbstständig in die Heidenwelt aussenden will. |Sp. 0856| Während sich so von allen Seiten ein neues Leben für diese Angelegenheit regt, und vermehrte Kräfte dafür in Bewegung gesetzt werden, dürfen wir es mit Preis und Dank gegen Gott bekennen, daß auch in unserer geliebten Vaterstadt und unter den Landbewohnern ihrer Umgebung der Eifer für die Missionssache nicht erkaltet, sondern die Theilnahme dafür im Wachsen begriffen ist. Letztere äußerte sich besonders bei dem Besuch unserer monatlichen Missionsstunden. Dieser wurde zuletzt so zahlreich, daß der geräumige Betsaal des Versorgungshauses, welchen uns das löbliche Pflegamt dieser Anstalt mit einer Gefälligkeit, wofür wir unsern Dank nochmals öffentlich auszusprechen, uns verpflichtet fühlen, einräumte, die Zahl der Zuhörer nicht mehr zu fassen vermochte. Genöthigt, diese Zusammenkünfte in Kirchen zu verlegen, verdanken wir es der Bereitwilligkeit des verehrlichen Presbyteriums der deutsch-reformirten Gemeinde, daß uns für die Monate Aprill bis September des abgewichenen Jahres diese Kirche — in welcher wir auch heute versammelt sind — hiezu eingeräumt wurde, und als die spätere Jahreszeit uns nöthigte, eine Kirche, welche Anstalten zur Beleuchtung darbot, zu suchen, räumte uns der verehrliche evangelisch-lutherische kirchliche Gemeindevorstand, unter Vorwissen und Genehmigung der oberen Behörden, mit gleich dankenswerther Bereitwilligkeit die St. Peterskirche für die Dauer des Winters zu unsern Versammlungen ein; und wir haben die gegründete Hoffnung, diese Kirchen auch ferner abwechselnd benutzen zu dürfen, und so die Sache des hiesigen Missionsvereins immer mehr die Gestalt einer kirchlichen Angelegenheit gewinnen zu sehen.
Zu den Gefühlen der Freude und des Danks, wozu uns die bisherigen Mittheilungen veranlaßten, gesellt sich nun aber auch das Gefühl eines gerechten und tiefempfundenen Schmerzes. Es ist der frühe Heimgang unseres unvergeßlich theuren, vielgeliebten Bruders J. Phil. Köhnlein (geb. zu Niederrad den 13. Aug. 1807, gest. zu Marseille den 13. Februar 1837), über welchen wir trauern.
Von den früher durch uns nach Basel empfohlenen Missionaren arbeitet Bruder Krückeberg noch immer mit vielem Segen in Kischnagore in Bengalen, und hat nach seinem letzten Brief aus Calcutta vom 1. Aprill 1836 noch sechs umliegende Orte (Nuddea, Santipore, Culna, Dola, Ranugsat und Haskali) in seinen Missionssprengel aufgenommen. Als er jenen Brief schrieb, fand er sich durch die Krankheit seiner Gattinn veranlaßt, nach Calcutta zu kommen, war aber im Begriff, wieder nach Kischnagore zurückzugehen. Spätere, bis zum August 1836 gehende Briefe anderer Missionare in derselben Gegend erwähnen, daß er fortwährend gesund und thätig in seinem großen Berufe ist.
Der Kolonieprediger Breidenbach zu Helenendorf in Grusien war im Anfang des vorigen Sommers angegriffen und kränklich, und machte deßwegen eine Erholungsreise nach Schuscha, die ihm gesegnet war. Während seines Aufenthaltes daselbst schrieb er unterm 19. Juli 1836 nach Basel, meldete seine Wiedergenesung, und entwarf zugleich eine Schilderung über seine Stellung zu seiner Gemeinde, aus welcher hervorgeht, daß er, obgleich nicht frei von Amtssorgen und Leiden, doch viel Ursache hat, dem Herrn für den guten Geist, der die Mehrzahl seiner Gemeindeglieder belebt, so wie für segensvolle Erfahrungen in seinem Berufe zu danken. Im Herbste des verflossenen Jahres wurde er als Mitglied einer Untersuchungskommission der Regierung auf einige Wochen nach Tiflis berufen, und setzt seine Arbeit seitdem im Segen fort.
Der in unserm letzten Bericht noch erwähnte Missionszögling Georg Bausum aus Rodheim verließ im Laufe des letzten Jahres das Missionsinstitut in Barmen, und reis'te mit Unterstützung des Herrn Friedensrichters Young aus Bombay und mehrerer christlicher Missionsfreunde in Amsterdam nach der Halbinsel Malakka in Indien ab, woselbst er Gelegenheit zur Ausübung seines Missionsberufes zu finden hofft. Weitere Berichte von ihm müssen wir erst noch gewärtigen.
Manche Mitglieder unseres Vereins erinnern sich wohl noch des Missionars Vogt. Ueber diesen meldet ein Brief vom 6. August 1836, daß er einen Besuch bei den freien Buschnegern im Innern von Surinam gemacht, der ihn beinahe das Leben gekostet, und sechs Monate auf dem Krankenbette gehalten hatte.
Der Baseler Missionar Ries war am 16. Oktober 1835 glücklich bei Bruder Schmidt zu Annarbour am Michigansee |Sp. 0857| eingetroffen, und hat nach kurzer Erholungszeit am 2. November seinen weiteren Weg, von etwa 360 Stunden, nach Neu-Argau, im Staate Illinois in Nordamerika, angetreten, woselbst er nun als Prediger unter den vielen verlassenen deutschen Auswanderern in einem großen Wirkungskreise mit vielem Segen arbeitet.
Seit unserer letzten Generalversammlung hatten wir keine Gelegenheit, durchreisende Missionare als Redner in unsern Versammlungen zu hören, obgleich wir durch den Besuch mehrerer derselben, deren kurzer Aufenthalt indeß kein öffentliches Auftreten gestattete, erfreut wurden. Vorzüglich angenehm war uns der im August verwichenen Jahres stattgefundene Besuch der beiden Baseler Missionare Mürdter und Stanger, denen der Auftrag wurde, sich zu dem in Akropong, in den Aquapimbergen, in Westafrika, einsam weilenden Missionar Ries zu begeben, und ihn in seinem Missionswerke unter den Aschanti-Negern zu unterstützen. Die frischen Grabhügel auf Guinea's Küste, welche die Gebeine unsers theuren Henke und seiner früh vollendeten Mitstreiter decken, schreckten sie nicht ab, ihrer Bestimmung mit Glaubensmuth und Freudigkeit entgegen zu eilen, und nachdem sie den Weg zu derselben über Kopenhagen eingeschlagen, haben sie, nach kürzlich eingelaufenen Nachrichten, die afrikanische Goldküste am 3. Novbr. 1836 glücklich erreicht, und waren bei Abgang ihrer Briefe im Begriff, auf die Berge nach Akropong zu ziehen, wo die Neger sie mit Freuden erwarteten. Das Klima auf jenen Bergen, wo an gutem reinen Quellwasser kein Mangel ist, und weder Seeluft noch Ausdünstungen von Sümpfen die Luft vergiftet, ist ungleich gesünder, als auf dem tödtlichen Sumpfboden der Küste, und so wollen wir, mit Beruhigung über ihr Leben und ihre Gesundheit, den segensreichsten Erfolg dieser Mission erwarten, und vom Herrn erbitten.
Was die ökonomischen Verhältnisse unsers Vereins betrifft, so betrugen im Jahre 1836 die Einnahmen: fl. kr.
1) an Kassarest am Schlusse des Jahres 1835 505 54
2) an jährlichen Subscriptionsbeiträgen 798 23
3) an Geschenken 119 30
4) an Kapitalzinsen 18 45
5) an Ertrag der Opferstöcke bei den monatlichen Missionsstunden. 567 27
1504 5
zusammen fl. 2009 59
Aus diesen Gesammteinnahmen wurden folgende Ausgaben bestritten: fl. kr.
1. Beitrag an die Missionsschule in Basel 825 —
2. Desgleichen an die Missionsschule in Barmen 100 Thlr. pr. Cour. 174 48
3. Desgl. an den Missionar Rhenius zu Palamcottah in Ostindien, durch Hrn. Dr. H. A. Niemeyer in Halle 120 Thlr. pr. Crt. 10 —
4) Desgl. an die evangel. Gesellschaft in Genf, zur Beförderung der Missions-Angelegenheiten in Algier 57 24
5) Desgl. an den Missionszögling G. Bausum aus Rodheim. 52 —
6. Verschiedene Ausgaben für Druckkosten, Buchbinderlohn, Beleuchtung, Porto und Abonnement für den Heidenboten, die Calwer, Barmer und sonstige Missionsblätter. 121 51
441 3
verbleiben am Schlusse des Jahres 1836 noch fl. 568 56
Nach Verlesung dieses Berichtes schritt die Versammlung zur Wahl eines dritten geistlichen Mitglieds der Direktion, welche durch Stimmenmehrheit auf Hrn. Pfarrer Dr. Joh. Phil. König fiel.
Hr. Pfarrer Richter hielt sodann einen religiösen Vortrag und sprach das Schlußgebet. Hierauf folgte wieder ein Wechselgesang, nach dessen Beendigung Hr. Consistorialrath Pfarrer Zimmer den Segen sprach, welcher die Feier beschloß.
|Sp. 0858| Die Direktion des Missionsvereins für das laufende Geschäftsjahr besteht aus den Herren: Consistorialrath Pfarrer Zimmer, Pfarrer Richter in Praunheim, Pfarrer Dr. Joh. Phil. König, J. J. Finger, Dr. jur. C. H. Häberlin, Max. Schmid, H. A. Cornill.
(Frankf. Jahrbücher)
Die Nothwendigkeit in der Dr. Strauß'schen Schrift: "das Leben Jesu", ihrem wissenschaftlichen Werthe und ihrer wissenschaftlichen Haltbarkeit nach zu beleuchten und zu prüfen ist weder unerkannt noch unausgesprochen geblieben. Auch läßt sich kaum bezweifeln, daß die Vernichtung derselben in einer für den Verfasser eben so ungünstigen, wie für die Sache der Kirche glänzenden Weise erfolgen werde. Aber an die Verwüstungen scheint man nicht gedacht, viel weniger sie berechnet zu haben, welche dem Aufsehen nach, das die Schrift entweder von sich selbst oder unter fremder Vermittelung scheint machen zu wollen, inmittelst durch sie für den geselligen Zustand der Menschen könnten angerichtet werden.
Wenn sich kein Staat, selbst die heidnischen nicht ausgenommen, aufweisen läßt, dessen ganzer Bestand nicht beruhet hätte auf irgend einem Heiligthume, irgend einem unverbrüchlichen, keiner Bezweiflung unterworfenen Wesen, wodurch er in allen seinen Theilen zusammengehalten wurde, so kann als dieses geweihete Band sich nur die Religion und nichts anderes nachweisen lassen. Diese Religion, sich manifestirend, und nach außen hin wirksam eingreifend nur durch Tempel und Priesterschaft, bildete bei den meisten, ja bei fast allen Staaten des Alterthums den Mittelpunkt des gesammten Staatswesens. Jene waren nicht ein einzelnes Organ, eine einzelne Kraft und Lebensader in demselben, etwa wie die Finanz, die Polizei, die Heeresmacht, die Flotte, sondern das Herz selbst, mit dem alle Adern und Pulse gleichzeitig lebten und schlugen, zu dem alles Blut hin, und von dem alles Blut zurückgravitiren mußte, traten hier Strebungen ein, fing dieß an, seine Functionen zu versagen, dann stellte sich auch bald genug als Folge eine Paralyse des gesammten Staatslebens ein; es fiel auseinander, und aus den Staaten wurden Provinzen, die, weil in ihnen selbst das Leben erstorben war, vom Leben eines fremden Staates aus einen mechanischen Druck empfingen, welcher statt des verlorengegangenen Lebens der stagnirenden Existenz eine dürftige Bewegung mittheilte, die um so träger und kraftloser blieb, als in den meisten unterjochten Provinzen sich auch das religiöse Leben erstorben zu zeigen pflegt.
Das Christenthum, wie sehr es auch den meisten Dingen eine andere Gestalt gab, hat hierin nichts verändert; wenigstens sagen jene heiligen Quellen, aus denen allein über diesen Punkt Belehrung zu schöpfen ist, durchaus nichts davon; vielmehr deuten sie sehr bestimmt an, daß jene Centralität des religiösen Lebens und seiner alles beseelenden Wirksamkeit erst im Christenthum die demselben nöthige höchste Reinheit, Vollendung und Totalität gewinne, aber die Kirche im wahren Sinne des Wortes Herz und Centralpunkt der Religiosität, für alle Menschen und Geschlechter werden solle. Aber nicht plötzlich und mit einemmale, sondern nur unter den aller historischen Folge, Entwicklung und Vollendung unerläßlichen Bedingungen vermochte die christliche Kirche sich hineinzuwachsen in jenen Centralpunkt, und die höchste Centralkraft alles Lebens zu werden. Sie mußte damit anfangen, in sich selbst vollkommen concentrirt, einer nicht unbedingt irreligiösen heidnischen Weltmacht als unterdrückte oft verfolgte Sklavinn zur |Sp. 0859| Seite zu gehen, bis sie immer weiter geführt ward durch einen allmählichen wunderbaren Stufengang, in dem wir nur die alles lenkende himmlische Weisheit verehren und anbeten können. Denn wie merkwürdig und geheimnißvoll ist es, daß Constantin dem Christenthum zuerst nur Duldung gewährte, und, ohne selbst Christ zu werden, dem Christenthum eine fast räthselhafte Sorgfalt widmete. Um das Heidenthum, dem er äußerlich doch noch ganz angehörte, völlig unbekümmert, bezogen alle seine Sorgen sich bloß auf die christliche Kirche und Einheit. Wie merkwürdig ferner, daß erst unter Theodosius das Christenthum herrschende Religion ward, unter Karl dem Großen aber die weltliche Macht anerkannte, daß, der Stimme ewiger Wahrheit nach, und dem, welcher nicht im Innersten seiner Seele, vor Gott und vor Menschen, Lügner bleiben wolle, nun und nimmer, auch ihr, der Weltmacht, der Statthalter Christi vorangehen, und sie durchsuchen müsse mit den Bedingungen eines wahrhaft christlichen Regiments. So ward die Herrschaft und Wirksamkeit Christi und seiner Kirche immer lebendiger, immer wirksamer auf Erden, bis die für ihn höchste und letzte Läuterung so bedeutsame und so wichtige, ja nothwendige Episode der Reformation eintrat, durch welche in den Augen Vieler jene Centralität der Kirche zerstört seyn soll; was aber ein bloßer falscher Schein ist, der die Ansichten ihrer Widersacher getrübt und verwirrt hat.
Zwar begleitet jene religiöse Centralität jetzt ein anderer religiöser Zustand, welcher, durch verschiedene sonstige Momente different und eigenthümlich, es auch in so weit seyn will, als er, nicht aus jener Centralität hervorgegangen, nur neben ihr wandelt, die Strahlen der Religiosität nicht aus ihrem Mittelpunkt empfängt und endlich in Betreff eines Mittelpunkts, in Betreff jener religiösen Centralität abweichend lenkt und lehrt. Nämlich wer entfernt sich von der Anerkennung einer die Fluthen des religiösen Lichtes und Lebens durch die Tage und Räume des zeitlichen Daseyns, überall hingießenden religiösen Centralsonne, statt ihrer das Religiöse behandelnd, wie einen sein Gebiet durchfließenden, sich hier und dort hin schlängelnden Lichtstrom, den jeder Mensch von Zeit zu Zeit besucht, um aus seinen Wogen zu schöpfen, als einer Art von Nilfluß in Aegypten des irdischen Lebens, dessen Gewässer eine gute Einrichtung, ein angemessenes religiöses Canalsystem dergestalt vertheilt, daß keinem der Bewohner das Nöthige zu seinem Gebrauch und Bedarf fehlt. Aber dieser Zustand, inwiefern er ein vollendetes Verhältniß, oder inwiefern er nur eine ihre Vollendung zum begründeten Verhältniß erst noch suchende Erscheinung darstellt, will einer näheren prüfenden Betrachtung unterworfen seyn.
Wenn im Bürgerlichen man Rechts- und Thatzustände unterscheidet, und wenn unter Mangelhaftigkeit der letzteren die Vollgiltigkeit der ersteren beizulegen, es für genügend anerkannt wird, darüber einen Vertrag aufzurichten, ein die Absonderung aussprechendes Rechtsübereinkommen; so entsteht doch die Frage, ob in religiöser Hinsicht, ob für die Kirche Christi, das nämliche genügte und ausreichte. Es will sehr ansprechen, hier ein Verhältniß anzuerkennen, ähnlich dem der Ehe, so weit diese virtuell, ihrem Wesen und Begriff nach ein Sakrament bleibt, trotz dem, daß Viele sie als einen bloßen, bürgerlichen Vertrag nehmen und behandeln. Die Frage ist noch nicht entschieden, ob die Ehe der bürgerliche Richter zu trennen vermöge, oder ob nicht erforderlich sey, daß die geistliche Macht sie löse. Die beiden Getrauten sind nicht die einzigen Compaciscenten; es hat noch ein Dritter einzureden. Und wenn vor bald dreihundert Jahren das Corpus Evangelicum mittelst eines Vertrages ein Rechtsverhältniß erwarb, aus dem die Befugniß zur freien Anordnung alles dessen geflossen seyn soll, was sich auf die Religion, die göttlichen Dinge und die übermenschlichen Verhältnisse bezieht, so wird gegenwärtig, wo die Spekulation nichts mehr verschont, nichts undurchforscht lassen, und sogar die höchsten Mysterien der christlichen Religion kritisch beleuchten will, eben diese nämliche Speculation ganz unfehlbar auch die juristischen Mysterien einmal unter ihr Mikroskop nehmen, und sich mit der Untersuchung beschäftigen, ob aus einem Rechtsvertrage, aus einem Uebereinkommen bloß rechtlicher Natur, wo eine sich zum Katholizismus bekennende, und ihm treu bleibende Weltmacht einer andern, von ihm ausscheiden wollenden Weltmacht die Befugniß zugesteht, die himmlischen und übermenschlichen Angelegenheiten aus den eigenen irdischen und menschlichen Mitteln zu heiligen, eine solche religiöse |Sp. 0860| und heiligende Kraft und Befugniß wirklich entspringen könne.
da unter allen Wissenschaften die Jurisprudenz den höchsten Stand jetzt behauptet, sie vor allen andern echt wissenschaftlich, wahrhaft gelehrt, ungeheuchelt religiös und dabei nicht minder philosophischem Scharfsinn als positiv-historischem Glauben angebauet wird, da die Juristen den Begriff der Ehe weit religiöser auffassen, als die meisten Theologen; so kann kaum es ausbleiben, daß sie sich auch mit der Frage beschäftigen werden; in wiefern ein bloßer Rechtsvertrag die Befugniß zu jenem höchsten religiösen Wirksamkeiten gründen und übertragen könne, für deren Autor und Insulator bisher alle Völker und Nationen nur das höchste Wesen mittelst unmittelbarer Aueßerung und Ausübung, anerkannt haben. Die Frage wird sich nicht anders stellen lassen, als dahin: ob das Religiöse ein Ausfluß aus dem Rechtlichen, oder ob das Rechtliche ein Ausfluß aus dem Religiösen sey? — und, will man ein Beispiel zu Hilfe nehmen, die Sache sich etwa folgendergestalt verhalte, als ob zwei katholische Brüder, Cajus und Titius, die bisher im religiösen sich einem consacrirten Priester unterworfen, nun aber von ihm losgesagt, unter sich, sey es nach der Entscheidung des Looses oder nach Anleitung einer andern Rücksicht, übereingekommen wären, und einen Rechtsvertrag geschlossen hätten, wonach der Eine dem Andern die religiösen Befugnisse übertrüge, welche nur Gott selbst verleihen könne. Denn hier hätte ja der Erstere etwas, das unverkennbar er selbst gar nicht besaß, und worüber er folglich nicht disponiren konnte, zum Gegenstande seiner Disposition gemacht, und einem Andern übertragen. Die Rechtsphilosophie, sollte sie einmal, was kaum ausbleiben kann, auch das allgemeine, katholische wie protestantische Kirchenrecht kritisch beleuchten, wird auch auf diese Frage stoßen müssen.
(Fortsetzung folgt.)
Johann Heinrich Jung's, genannt Stilling, sämmtliche Schriften, zum erstenmale vollständig gesammelt und herausgegeben von Verwandten, Freunden und Verehrern des Verewigten, und mit einer Vorrede begleitet von Dr. J. A. Grollmann. Stuttgart, bei Fr. Henne, 1835.
Erster Band: Stilling's Lebensgeschichte.
Beurtheilt von Candidat August Boden in Oldenburg.
Eben so, wie die Recension der Jung Stilling's Schriften kommen in dieser Ausgabe zum erstenmal vollständig heraus. Die folgende BeurtheilungFischer'schen Selbstbiographie (Univ.-K.-Ztg. vom 11. und 19. Juni) schon 1835 geschrieben.Jung Stilling's viel gelesenes, von ihm selbst beschriebenes Leben. —
"Jung Stilling's Leben, Eine wahrhafte Geschichte", ist ein Werk, ganz geeignet, jeden fühlenden und auch jeden denkenden Menschen zu fesseln. Eine Leidenschaft, welche nie rastet, verbunden mit einer Ergebung, der jene sich immer fügt, reißen in Jung Stilling's Leben den Leser eben so sehr hin, als sie ihn befriedigen, und befriedigen ihn aber so sehr, als sie ihn hinreißen. Jung Stilling hat Fehler und Schwächen, er erarbeitet fortwährend, sie abzulegen, ohne daß er sie erkennt, und bei ihm kann man in einem gewissen Sinne sagen, daß sie keine Fehler sind, weil er sie nicht erkennt. Aber er kann sie nicht erkennen, weil ihn nie sein Inneres quält, sondern sein Inneres von der Außenwelt gequält wird. Er ist nicht für diese Welt — wenn man das anders von irgend einem Menschen sagen darf — und doch wünscht Keiner seine Pflicht gegen diese mehr zu erfül- |Sp. 861| len, als er. In Göthe's Leben beschäftigt der Leser nicht Göthe allein, sondern der Dichter gibt der Eitelkeit eines jeden Einzelnen Stoff, sich mit sich selbst zu beschäftigen, denn Göthe weiß sich so herabzulassen, daß Jeder sich bei ihm dünken lassen kann, was er will. Bei Jung Stilling kann hiervon die Rede nicht seyn, aber auch nicht vom Gegentheil; obgleich er sich aus der niedrigsten Lebensweise emporgearbeitet hat, so stößt er doch weder Niedrigen noch Hohen vor den Kopf. Ueberall sehen wir nur ihn, das Leben ist nicht seine Seele, sondern er selbst ist die Seele seines Lebens. Die Dinge erscheinen ihm überall, wie er sie sieht, und also oft anders, als sie waren. Aber sich selbst schildert er, wie er war, und das nicht bloß, weil er es so will, sondern weil er es nicht anders kann. Denn er ist nicht bloß wahrhaft, sondern auch unschuldig, will nichts verschweigen, und braucht nichts zu verschweigen, sagt unwissend, was er nicht wissend sagt, und wenn er wirklich sich und Andern etwas nicht gestehen sollte, so gibt die naive Weise, wie er es verräth, seiner Erzählung neuen Reiz.
Wie sehr hat dieser Mann gerungen, sich aus dem Staube zu erheben; sein Leben ist so reich an wunderbaren Ereignissen, daß er Tausenden davon mittheilen, und das Leben Tausender aus seiner Alltäglichkeit reißen könnte. Für Stilling würden jede Verhältnisse, in die er gekommen wäre, etwas Außerordentliches gehabt haben. Geistig sehr befähigt, und etwas zu werden bestimmt, fehlte ihm bei der Unmöglichkeit, ein anderer zu seyn und zu scheinen, als er wirklich war, alles Geschick zum äußerlichen Fortkommen. Nur seine innern Vorzüge, nur der Drang seines Geistes läßt ihn die Hindernisse überwinden, die ein Mann von seiner Gemüthsbeschaffenheit nicht anders als finden und auch sich selbst bereiten konnte. Daher erscheint ihm alles, was ihn fördert, als etwas Fremdes; er erblickt darin die unmittelbare Veranstaltung, die Vorsehung, und weil er sich ganz und unmittelbar unter diese gestellt glaubt, so erscheint ihm auch das Böse, sobald es überstanden ist, gut; sobald er nur aus der Ungewißheit gerissen ist, und irgend etwas in seinem Leben sich entschieden hat, ist er getröstet. Aber er ist auch ein so guter Mensch, und das Leben hat für die wahrhaft guten Menschen so viel Trost und Hilfe, daß ihn die Vorsehung nicht sinken zu lassen braucht, und daß er zu dem Guten, was ihm widerfährt, das Böse wohl mit in den Kauf nehmen kann.
Wir wollen bei dieser Seite des Buches stehen bleiben, es hat eigentlich keine andere. Wir haben von dem Buche Gutes genug gesagt, um untersuchen zu können, ob es von dieser Seite ganz die Probe bestehen könne.
Stilling hatte endlich, durch die Unterstützung guter Freunde, in Straßburg Medizin studirt, und als er 1772 als Arzt nach Schönenthal an der Wupper zog, da glaubte er am Ziele seiner Wünsche zu stehen, und dasjenige erlangt zu haben, wozu er von der Vorsehung bestimmt sey. "Seine pietistischen Freunde", sagt er, "die ihn ehemals als einen Engel empfingen, ihn mit den wärmsten Küssen und Segenswünschen umarmten, blieben jetzt von Ferne stehen, bückten sich bloß und waren kalt, das war aber auch kein Wunder, denn er trug nun eine Perücke mit einem Haarbeutel; ehemals war sie bloß rund, und nur ein wenig gepudert gewesen; dazu hatte er auch Hand- und Halskrausen am Hemd, und war also ein vornehmer, weltförmiger Mann geworden. Hin und wieder versuchte man's, mit ihm auf den alten Schlag von der Religion zu reden, dann aber erklärte er sich freundlich und ernstlich: er habe nun lange genug von Pflichten geschwatzt, jetzt wolle er schweigen und sie ausüben; und da er vollends keiner ihrer Versammlungen mehr beiwohnte, so hielten sie ihn für einen Abtrünnigen, und zogen nun bei allen Gelegenheiten in einem lieblosen und bedauernden Ton über ihn los. Wie sehr ist diese Maxime dieser sonst so guten und braven Leute zu bejammern! Ich gestehe gern, daß die rechtschaffensten und besten Christen unter ihnen sind, aber sie verderben alles Gute wieder durch ihren Hang zum Richten; wer nicht mit ihnen gerade Eines Sinnes ist, mit ihnen von Religion tändelt und empfindet, der gilt nichts, und wird für unwiedergeboren gehalten; sie bedenken nicht, daß das Maulchristenthum gar keinen Werth hat, sondern daß man sein Licht durch gute |Sp. 0862| Handlungen müsse leuchten lassen." S. 297 und S. 344 sagt er von den Pietisten: "Es ist zu beklagen, daß diese sonst wahrhaft gute Menschenklasse die große Lehre Jesu, den sie doch sonst so hoch verehren: Richtet nicht, so werdet Ihr auch nicht gerichtet, so wenig beobachten. Alle ihre Vorzüge werden dadurch vernichtet, und ihr Urtheil an jenem Tage wird, so wie das Urtheil der Pharisäer, sehr schwer seyn." Stilling war aus einer großen Geldverlegenheit gerissen. Diese Hilfe, die ihm durch Göthe ward, hing mit einem früheren Besuch desselben bei Stilling zusammen. Stilling sagt bei dieser Gelegenheit: "Stilling's Freundschaft mit Göthe, und der Besuch dieses Letztern zu Schönenthal wurde von denen, die Auserwählte Gottes seyn wollen, sehr verlästert, man schauderte vor ihm als einem Freigeist, und schmähte Stillingen, daß er Umgang mit ihm hätte, und doch war die Sache Plan und Anstalt der ewigen Liebe, um ihren Zögling (nämlich Stillingen) zu prüfen, von ihrer Treue zu überzeugen, und ihn ferner auszubilden. Indessen war Keiner von denen, die da lästerten, fühlbar genug, um Stillingen nur mit einem Heller zu unterstützen; sogenannte Weltmenschen waren am öftersten die gesegneten Werkzeuge Gottes, wenn er Stillingen helfen und belehren wollte."
(Fortsetzung folgt.)
(48) In der Stahel'schen Buchhandlung in Würzburg erscheint seit Anfang 1837:
Philothea. Ein Sonntagsblatt für religiöse Belehrung und Erbauung. Herausgegeben von mehreren katholischen Geistlichen. Wöchentlich 1 Bogen im Formate des Pfennig-Magazins, auf Velinpapier. Preis pr. Semester 1 fl. 30 kr., 20 Gr., 25 Sgr. oder 1 fl. 44 kr. C. M.
Die bereits vollständige erste Jahreshälfte oder No. 1—26 liegt in jeder soliden Buchhandlung zur Ansicht bereit. Das beigefügte Inhaltsverzeichniß wird die Leistungen dieser, zur Ehre der christkatholischen Religion gegründeten, und von den ausgezeichnetsten religiösen Schriftstellern kräftig unterstützten und für die Zukunft gesicherten, Zeitschrift so vollkommen beurkunden, daß wir uns nur begnügen die Herren Seelensorger, Schullehrer, Familienväter und Erzieher, sowie jeden wahrhaft religiös Gesinnten darauf aufmerksam machen, wobei noch zu bemerken ist, daß sie hier für das geringe Opfer um wöchentlich nicht ganz 4 Kreuzern sich das nützlichste, nie veraltende häusliche Belehrungs- und Erbauungsbuch, einen wahren, für ewige Zeiten berechneten Familienschatz anschaffen können.
(49) ששה םדרי משנה
oder Mischnah, 6 Bande 4., über 200 Bogen, brosch., enthaltend den hebräischen Text punktirt, mit Lesezeichen versehen, mit hochdeutscher Uebersetzung daneben, und Erklärungen unter dem Texte, wie auch einen ältern rabbinischen Commentar. (Alles mit hebräischen Lettern) Berlin 1832‑4.
Diese schöne Ausgabe eines für jüdische Theologen unentbehrlichen und allen Freunden rabbinischer Literatur willkommenen Werkes, hat in wenigen Jahren so starken Absatz gefunden, daß die Kosten des Unternehmens reichlich gedeckt sind. Der Herausgeber (Dr. I. M. Jost, Verf. der Geschichte der Israeliten, und Mitredakteur der Universal-Kirchenzeitung) findet sich daher bewogen, eine Anzahl Exemplare, die ihm als Mitunternehmer noch zur Verfügung stehen, den Rabbinern, Lehrern, Candidaten und Freunden dieser Literatur, welche bisher des hohen Preises wegen (es kostete im Subscriptionspreise 10 Thlr.) es nicht angeschafft haben, so weit dieser Vorrath reicht, zu dem bedeutend ermäßigten Preise von 10 fl. anzubieten, und bei Partieen noch einen Rabbat zu gewähren. Näheres auf portofreie Briefe. Adresse
Dr. I. M. Jost in Frankfurt a. M.
Buchhandlung: F. Varrentrapp. — Herausgeber: Dr. J. V. Hoeninghaus. – Druckerei: Heller und Rohm. Maschinendruck.