CC by-nc-sa
Offensichtliche Setzerfehler wurden stillschweigend korrigiert. Die Original-Orthographie wurde ansonsten beibehalten.
Gegenwärtiger Zustand der katholischen Kirche in
England
und
Schottland
. Dritter Brief. —
Kirchliche
Nachrichten. Nordamerika. Newfoundland. S. Johns; Schreiben des Apostol. Vikars von Terranova über seine bischöfl. Visitationsreise. Spanien. Madrid; über die gegenwärtige Lage des Kirchlichen; Trauer-Gottesdienst; Versetzung des Bischofs von Valencia; Todesfall. — Ungarn. Erlau; Einweihung der neuen Kathedrale durch den Erzbischof Pyrker; Stuhlweißenburg; Ernennung eines Bischofs; Waitzen; milde Stiftung. — Deutschland. Waldeck. Arolsen; über die kathol. Verhältnisse. Nassau. Wiesbaden; Doktoratsertheilung an Pfarrer Haas; über Traktätchen-Verbreitung; Limburg; Corresp.-Ber., die Organisation des Klerikalseminars betr.; Schwalbach; isr. Predigt. —
Theologische Akademie.
Israel. Abth. Das Verhältniß des ehemaligen Tempels in Jerusalem zu den heutigen Synagogen. Von Dr. S. Scheyer in Frankfurt a. M. (Forts.) —
Kath. Abth. Ueber Robert Peel's religiösen und christlichen Sinn. Vom Regierungsrath und ritterschaftlichen Direktor Wilhelm von Schütz in Reichenwalde in der Mark Brandenburg (Schluß). —
Literatur.
Kath. Abth.
Riegler Compendium der christl. Moral. —
Nachweise von Recensionen theol. Schriften.
|Sp. 0671|
Aus dem Französischen des Univers.
Drittes Schreiben. (Von einem andern Correspondenten.)
London, den 25. März 1837.
Ich finde in der No. vom 10. März des Univers eine Aufzählung der gegenwärtig in England und Schottland befindlichen katholischen Kapellen. (Vgl. Nr. 25 der Univ. K. Z.) Auch ich hatte für Ihr Blatt einen Aufsatz unter der Feder, welchen das Schreiben Ihres Correspondenten zum Theil unnütz gemacht hat. Da indessen der Zweck ähnlicher Nachweisungen stets dahin geht, die Fortschritte des Katholizismus in England darzuthun, so schien es mir wichtig genug, jener Uebersicht andere, die von den Jahren 1794 und 1829, gegenüber zu stellen. Die Wahl dieser beiden Epochen ist keineswegs willkührlich; eine wie die andere sind die Anfangspunkte der Wiederzunahme unserer Religion in dem Lande, daß man vor Zeiten die Insel der Heiligen nannte.
In dem erstern Zeitabschnitte trugen die ausgewanderten französischen Priester durch ihre Tugenden, ihren Privatunterricht, vielleicht durch ihre Person allein, so sehr viel dazu bei, die Zahl der Katholiken zu vermehren und fast unglaublichen Vorurtheilen zu begegnen. In dem zweiten erfolgte die Emanzipation der Katholiken. Außerdem, daß es von großem Interesse ist, diese drei Zeitabschnitte miteinander zu vergleichen, ist dieß das einzige Mittel, den wahren Stand des Katholizismus in England richtig zu stellen, da bei der gegenwärtigen Lage der Dinge genaue Nachweisungen zu geben, ganz unmöglich ist. Seine Zukunft kann man sowohl aus dem Studium der Vergangenheit bemessen, als aus dem Einflusse, welchen theils legislative Maßregeln, theils das Vorhandenseyn einer größeren Anzahl evangelischer Arbeiter ausgeübt haben, und wenn man ferner (was nicht bezweifelt werden darf) die Entwickelung günstiger Maßregeln für die Religionsfreiheit voraussetzt. Sie, verbunden mit dem Verfall der protestantischen Kirchengewalt und der Aristokratie, unterstützt durch den Mißkredit, in welchen unvermeidlich eine Menge lächerlicher und absurder Vorwürfe, die man unserm Glaubensbekenntniß und unserm Ritus macht, unverzüglich fallen muß und der Reaction die dieß zur Folge haben wird, könnten der Unterstützung anderer, minder direkter, aber unzähliger und wichtiger Ursachen, die ich Ihnen näher angeben will, entbehren.
In Bezug auf das Jahr 1794, besitze ich noch keine vollständigen Nachweisungen über den Zustand der Kirche von Eng- |Sp. 0672| land. Auch begünstigen mich die Umstände zu ihrer Erlangung wenig, doch mag dieses Schreiben schon den Vortheil haben, Ihren Correspondenten, der eher Gelegenheit haben mag, sich selbige zu verschaffen, auf diese Weise aufmerksam zu machen, da er sonst mir unbekannt ist. Indem ich mich nach der Eintheilung, nach welcher er die verschiedenen kirchlichen Distrikte klassifizirt, richte, lege ich Ihnen für das Jahr 1829 eine ähnliche Uebersicht vor, wie Sie für 1837 publizirt haben.
England.
Distrikt von London.
Namen der Grafschaft Anzahl der öffentlichen Kapellen.
Middle-Essex. 26
Bedfordshire 7
Bucks 1
Essex 6
Hants- und Insel-Whigt. 12
Kent und die Inseln Jersey u. Guernsey 7
Surrey 3
Sussex 6
68
Distrikt des Innern.
Cambridgeshire 1
Derbyshire 8
Leicestershire 7
Lincolnshire 10
Norfolk 8
N. Hants 3
Notts 3
Oxon 7
Shropshire 7
Staffordshire 22
Suffolk 4
Warwickshire 12
Worchestershire 8
100
Nord-Distrikt.
Cheshire 7
Cumberland 4
Durham 13
Lancashire 84
Nordhumberland 16
Westmoreland 2
Yorkshire mit der Insel Man 46
339
|Sp. 0673| West-Distrikt.
Cornwallis 2
Devonshire 9
Dorsetshire 6
Gloucestershire 5
Hertfordshire 3
Monmouthshire 5
Sommersetshire 8
Witts 3
Wallis 5
46
Darnach hatte England im J. 1829 Kapellen 385
Diese Uebersicht, verglichen mit der von Ihnen in Ihrer Nr. vom 10 d. M. gegebenen, stellt zu Gunsten des laufenden Jahres 1837 einen Ueberschuß von 31 Kapellen heraus. Bei dem Distrikt von London ist keine Verschiedenheit, was den Beweis liefert, daß die Wirkung der Emanzipationsbill sich nur in den Städten niederen Ranges versichtbarte, wo die Katholiken bis dahin weit weniger Freiheit gehabt hatten, als in London und dessen Umgegend. Jedoch muß bemerkt werden, daß von denen 1829 zu London im Gebrauch befindlichen Kapellen mehrere verlassen und durch andere, bei weitem geräumigere ersetzt wurden.
Schottland.
Ost-Distrikt, oder Edinburgh 6
West-Distrikt, oder Glasgow 20
Nord-Distrikt, oder Aberdeen 25
50
Ergibt sich für 1837 ein Ueberschuß von 4.
Schließlich glaube ich, Ihnen drei tröstliche Ausnahmen von dem von Ihrem Correspondenten berichteten, bescheidenen Aeußern unserer Kapellen anführen zu müssen. Zwar ist es nur zu wahr, daß sie es noch nicht wagen dürfen, ihr Kreuz gen Himmel zu erhoben, daß sie selbst auch noch keine Glocke haben, um uns zum Gebete zu rufen, aber doch sind schon drei Kapellen, oder vielmehr drei Kirchen den Katakomben entstiegen, nämlich: von St. Marien zu Moorfields, die zur h. Dreieinigkeit zu Bermondsey und die zu U. L. F. zu St. Johnswood. Alle drei sind neuerer Bauart. Die katholische Kunst hat begonnen sich daran hervorzuthun und die diesen Gebäuden gegebene ungewöhnliche Ausdehnung ist allzu bedeutungsvoll, als daß sie in einem Aufsatze, wie Sie Ihren Lesern mittheilen, mit Stillschweigen übergangen werden dürfte.
Nordamerika
.
Newfoundland
.
† St
.
Johns. (Schreiben des Dr. Fleming, Bischofs von Carpasia und Apostolischen Vikars von Terranova, an Hrn. Spratt im Carmeliter-Kloster zu Dublin).
Seit meiner vorigjährigen Reise nach dem mitternächtlichen Theile meiner Diözese, versprach ich, die Indianer-Stämme bei Morton-Harbour an der Exploits-Bai zu besuchen. Sie erinnern sich ohne Zweifel der drückenden Beschwerden, welche wir auf jener Reise erdulden mußten, wie wir öfters breite Meeresarme in einem gebrechlichen vierruderigen Nachen überschiffen, selbst lange Tage und lange Nächte darin zubringen mußten, ohne auch nur einen Augenblick uns aufrecht stellen zu können. Ungeachtet dieser widrigen Schwierigkeiten habe ich, in Betracht des bedauernd würdigen Zustandes, in welchem sich eine große Anzahl meiner Lämmer befindet, mich entschlossen, eine andere, nicht minder beschwerliche Reise zu unternehmen. Der Gedanke, daß so viele Seelen niemals Gelegenheit gehabt haben, sich den heiligen Sakramenten zu nahen, oder dem heiligen Meßopfer beizuwohnen, hat mich angespornt, lieber Alles zu erdulden, als sie länger in diesem Zustande der geistigen Entblößung zu lassen. Zum Be- |Sp. 0674| hufe dieser Pastoralreise ließ ich eigens ein kleines Fahrzeug von ungefähr 30 Tonnen Last bauen und mit 4 tüchtigen Seeleuten bemannen. Am 17. Juli Mittags schiffte ich mich auf diesem kleinen Schooner, dem ich den Namen: die Madonna beilegte ein. Zu Reisegefährten nahm ich Hr. Dalton, Pfarrer von Harbour-Grace, und Hr. Berney, Pfarrer von Buren. Eine Stunde später warfen wir zu Petty-Harbour, fünf Meilen von St. Johns, Anker. Da wir durch widrige Winde genöthigt wurden, hier zwei Tage liegen zu bleiben, so schifften wir unsere tragbare Kapelle aus, und feierten am Sonntage das h. Meßopfer; später steuerten wir dem Süden zu. Nachdem wir von der hohlen See tüchtig geschaukelt worden waren, langten wir Montag Mittag zu Ferry-Land an. Da ich einige Jahre zuvor die Firmung auf dieser Insel vollzogen hatte, so hätte ich, ohne den gänzlich widrigen Wind, es vorgezogen, mich in die Gegenden zu begeben, wo man noch niemals seinen Bischof gesehen hatte. Hier trafen wir Hr. Duffy, der uns nach seinem Distrikte Fermeuse, vier Meilen von da, begleitete. Kaum waren wir gelandet, so begann ich die Prüfung derjenigen, welche Hr. Duffy zur Firmung vorbereitet hatte, mit besonderer Rücksicht auf die erforderlichen Eigenschaften zum würdigen Empfang dieses Sakramentes. Zu meiner Zufriedenheit fand ich, daß Alle vollkommen den Unterricht ihres eifrigen und unermüdlichen Pfarrers begriffen hatten. Folgenden Tags, Dinstags den 21., firmte ich überhaupt 120, nachdem ich das h. Meßopfer vor einer unzähligen Menge von Zuhörern gefeiert hatte. Darauf fertigte ich einen Boten nach Renews ab, um die Einwohner von meiner Ankunft daselbst am folgenden Tage zu benachrichtigen, und wirklich langte ich dort am 22. an, nachdem ich zu Ferneuse noch bei anbrechendem Tage die h. Mysterien gefeiert hatte. Bei der Bevölkerung von Renews, größtentheils aus armen Fischern bestehend, fand ich ungemeine Einsicht, und, was noch wichtiger ist, ich überzeugte mich, daß dieselbe, Dank dem Eifer des Herrn Duffy, dem es auch gelungen war, eine geräumige Kirche aufführen zu lassen, gründlich in den Grundsätzen der Religion unterrichtet war. Am folgenden Tage vollzog ich die Firmung an 140 Personen, wovon ein großer Theil Neophyten waren. Nachdem wir die zuvorkommendste Gastfreundschaft bei Hr. Neill genossen hatten, gingen wir nach Ferneuse zurück und schifften uns auf der Madonna nach Trépassés ein. Eine mitten in der Nacht eintretende Windstille zwang uns indessen, in der Nähe gefährlicher Klippen, Anker zu werfen, um nicht durch die Strömungen fortgerissen zu werden. Plötzlich erhob sich, gleichsam wie durch ein Wunder, ein frischer Landwind, was uns veranlaßte, eiligst unser Ankertau zu kappen und lieber den Anker im Stiche zu lassen, als länger der Gefahr des Schiffbruchs uns Preis zu geben.
Am 27. Juli kamen wir zu Buren, nach einer beschwerlichen dreitägigen Ueberfahrt an. Diese Insel ist eine Stunde lang und nur eine halbe Meile von dem Festlande entfernt. Wir brachten dort eine Woche in dem Hause des achtbaren Hrn. Berney zu, und da derjenige Theil der Bevölkerung des Distrikts, welcher westlich längs der Plaisance-Bai hinstreift, auf verschiedenen Inseln zerstreut lebt, so wandten wir diesen Zeitraum dazu an, die Gläubigen an einer einzigen Stelle zu versammeln. Die Schönheit der neuen Kirche und des priesterlichen Schmuckes, so wie die Bequemlichkeit der Pfarrwohnung, übertraf alles, was ich zu hoffen Grund gehabt hatte. Sonntags den 2. August, als am Feste der h. Maria der Engel verrichtete ich nach Abhaltung der heil. Messe vor einer großen Menge von Zuhörern die Firmung an 94 Personen, unter denen sich 36 Familienhäupter befanden, die erst neuerlich zum katholischen Glauben bekehrt waren. Am folgenden Tage kamen noch 20 von der benachbarten Inselgruppe an, wodurch die Zahl der Gefirmten auf 114 stieg. Sie können sich einen Begriff von den großen Hindernissen machen, welche sich dem Missionär bei Verwaltung seines Amtes entgegenstellen, so wie von der sehr großen Zahl derjenigen, welche vor Gottes Thron erscheinen müssen, ohne an den Sakramenten der h. Kirche Theil genommen zu haben, wenn Sie hören, daß der Distrikt von Newfoundland die weiten Buchten Trinity, Bonavista, Sander, Exploits, White, und Maria, im Ganzen einen Küstenstrich von zwölfhundert Meilen umfaßt. Hätte ich aber nur noch zwei Geistliche, um den Einen in der Trinity-Bai und den Andern zu Fortune-Harbour anzustellen, so dürfte ich hoffen, |Sp. 0675| daß diese in Vereinigung mit denen jetzt zu Silting-Harbour befindlichen und mit Hrn. Devereux zu Kings-Cove, für meine gesammten Lämmer hinlänglich wären. Aber in diesem Falle müßte man anderswoher den Unterhalt dieser Pfarrer herbeizuschaffen suchen, weil die Mehrzahl der Bevölkerung von der Trinity-Bai aus Protestanten besteht, und die wenigen Katholiken kaum selbst das Nothwendigste haben.
Am 4. Morgens segelten wir von Buren nach Cap Chapeaurouge ab. Während eines großen Theils unserer Ueberfahrt feuerten die Forts St. Patrik und St. Georg Artillerie-Salven uns zu Ehren ab. Der widrige Wind nöthigte uns, zu St. Pierre de Miquelon anzulegen, einer kleinen franz. Insel, wo wir von Abbé Olivier mit der achtungsvollsten Aufmerksamkeit aufgenommen wurden; derselbe ist Apostol. Präfekt dieser Kolonie. Abends den 25. warfen wir in der Hermitage-Bai Anker, wo den Einwohnern bekannt gemacht wurde, der Bischof werde am zweiten folgenden Tage die h. Messe feiern und zu Galtaus die Firmung verrichten, als der Hauptstadt von Long-Island, am Eingang der Verzweiflungsbucht belegen. Nichts kam der Freude dieser guten Leute bei solcher guten Nachricht gleich. Anfangs wollten sie es gar nicht recht glauben, als ihnen aber jeder Zweifel benommen war, vergossen sie Freudenthränen. Dem zu Folge begab ich mich am bestimmten Tage nach Galtaus und zwar in einer Schaluppe die Hr. Galop zu meiner Disposition zu stellen die Güte gehabt hatte, und mich erwartete dort die Freude, nach verrichteter Firmung zwei Neubekehrte in den Schooß der Kirche aufnehmen zu können. Als wir von hier nach einigen Wigwam's (kleine Dörfer der Wilden, aus Hütten bestehend) am Conne-River uns wendeten, aber immer noch innerhalb der Verzweifelungsbucht, bemerkte ich, daß die Indianer eiligst ihren Wäldern zuflüchteten; aber kaum hatten sie an unserm Vordermast die Friedensflagge wahrgenommen, so kamen sie voller Vertrauen zurück. Während meines Aufenthalts unter ihnen hörte ich vermittelst eines Dollmetschers viele Beichten, firmte daselbst aber nur 27 Personen, indem die Uebrigen dieses Sakrament schon vor einigen Jahren in Canada empfangen hatten. Es ist sehr interessant, die Andacht zu beobachten, welche diese armen Wilden bei Erfüllung ihrer religiösen Pflichten zeigen! Im übrigen erziehen sie ihre Kinder im Hasse gegen alle Laster und gewöhnen sie von der zartesten Jugend daran, die Hütte, welche sie zum Bethause eingerichtet haben, in ihrer Begleitung zu besuchen. Begeht irgend ein Mitglied ihres Stammes den geringsten Fehler gegen die guten Sitten, so wird es gleichsam excommunizirt und wird nicht eher in der Gemeinde wieder zugelassen, als bis es durch Buße sich gereiniget hat. Je näher unsere Abfahrt heranrückte, um so größer wurde ihre Betrübniß, und in dem Augenblick, wo wir unsere Segel aufzogen versammelten sie sich am Ufer und feuerten zum letzten Lebewohl Gewehrschüsse ab. Diese Freundschaftsbezeugungen hörten erst auf, als wir weit außerhalb ihres Hafens die hohe See gewonnen hatten. Freitag am 14. Aug. nachdem ich zu Great-Garvis-Harbour, an der äußersten Spitze der Bai, 30 Personen gefirmt hatte, mußte ich noch zu St. Pierre de Miquelon anlegen, wo ich am nächsten Sonntag die Messe in pontificalibus feierte. Sodann schlug ich die Richtung nach Great-St. Lorent ein, wo ich 65 Personen firmte, die meistens Neophyten waren. Die ersten Orte, welche ich auf der Rückkehr nach der großen Halbinsel Avalon berührte, waren Groß-PIacentia, Barren-Island und Klein-Placentia. In Zeit von 8 Tagen firmte ich in diesen kleinen Häfen 346 Personen, worunter 86, ausdrücklich zu diesem Zwecke, von der Insel Meracheen herübergekommen waren, die eine Stunde südlich von Barren-Island liegt. Kaum war die Ceremonie beendigt, so kamen zwei Personen in vorgerücktem Alter zu mir. Sie erzählten mir, sie wären stets Protestanten gewesen und wären selbst noch diesen Morgen in die katholische Kirche mit dem Vorsatze gegangen, das was dort vorgenommen würde, lächerlich zu machen, daß sie aber nach denen Wahrheiten, welche nach der Firmung vorgetragen worden wären in ihren Gemüthern sich überzeugt hätten, daß man außer dem Schooße der apostolisch-römischen Kirche nicht selig werden könne. Im Laufe des Tages, den ich ihrem Unterricht widmete, gesellte sich noch ein anderes Glied des lutherischen Glaubensbekenntnisses zu ihnen, und den Tag vor meiner Abreise firmte ich sie alle drei. Darauf ging ich nach St. Mary's, dem Ziel meiner Reise, wo ich noch 85 Personen firmte. So |Sp. 0676| endigte ein Pastoralbesuch, wahrend dessen wir viele Widerwärtigkeiten und Gefahren auszustehen hatten, wie ich im Eingange meldete. Dennoch hat uns der Himmel wohlbehalten nach dem Abfahrtsorte zurückgeleitet. Hätte ich Zeit so würde ich Sie von den zahllosen Schwierigkeiten unterhalten, die mir eben hier zu St. Johns entgegentreten, wo die Blattern bei meiner Rückkehr die Bevölkerung decimirten, die größten Theils in großer Dürftigkeit lebt.
Spanien
.
* Madrid, den 5. Mai. Wer auch nur mit geringer Aufmerksamkeit die Richtung beobachtet hat, welche unsere s. g. politische Wiedergeburt nimmt, dem hat es nicht entgehen können, wie die Neuerungssüchtigen — novarum rerum studiosi — grade die Grundfesten des Staates, schon erschüttert durch feindliche und freundliche Invasionen, (1808, 1821), vollends werkthätig verwüsten, ohne Etwas hinzustellen, was der größeren Masse der Bevölkerung Ersatz böte für das, was ihr Jahrhunderte lang ehrwürdig und heilig war. Hätte man dem vom Bürgerkriege zerrissenen Vaterlande den Frieden erkaufen können, so würde der echte Vaterlandsfreund verziehen haben, was man an der Kirche und an ihren Dienern that, wenn er es auch nicht billigen konnte; er würde es gut geheißen haben, wenn, zur Erreichung jenes Zieles, das Erz, dessen Stimme ihn zum Gebete rief, zum Grabe geleitete, umgewandelt wurde zu todtbringender Waffe, — nimmer aber konnte er mit dem Verkaufe sich versöhnen. Mag es seyn, daß Geistliche direkt und indirekt Theil nahmen an den Bewegungen der Parteien, — das gab der obersten Gewalt kein Recht zu drücken Maßregeln gegen die Gesammtheit derselben. Wie weit man heut zu Tage davon entfernt ist, der Religion noch eine Stelle in dem bürgerlichen Leben einzuräumen, davon zeugt der unsern Cortez vorgelegte Constitutions-Entwurf, der diesen Gegenstand im 1. Artikel beiläufig in zwei Zeilen erwähnt. Wohl hat man Männer auftreten sehen, welche ein Bestimmtes wollten und sprachen (Garcia Bianca in der Sitzung der Cortez vom 12. Jan. d. J.), die aber darum noch keine Bahn brechen konnten, für ein feststehendes System der kirchlichen Angelegenheiten. In der That auch mußten die Vorschläge jenes Deputirten oder Prokurador seine Genossen stutzig machen, entgegenhaltend den bisherigen Gebrauch und die zur andern Natur gewordene Gewohnheit. Wir setzen dieselben hieher, um ein Dokument mehr zu liefern, wie Extreme sich nur allzuleicht berühren und ein vermeintlich vermiedener Fehler in einen noch größern verfallen läßt. Er beantragte in jener Sitzung:
1) Die Nation wird nur die Geistlichen besolden, welche zum Cultus unumgänglich nothwendig sind.
2) Ihre Dotation soll von dem öffentlichen Schatze getragen werden.
3) Die Dependenzen dieses Verwaltungszweiges sollen aufgehoben werden.
4) Die Verabreichung der heiligen Sakramente geschieht unentgeltlich.
5) Es soll eine Theilung des Territoriums nach Diözesen vorgenommen werden.
6) Die Zahl der Bisthümer soll herabgesetzt werden.
7) Die Ordinirung wird in Gemäßheit des Conciliums von Toledo stattfinden.
8) Die Capitel sollen aus ehemaligen Pfarrern gebildet werden.
9) Auf jeden Kirchsprengel soll nicht mehr, als Ein Kapitel kommen.
10) Es soll die Zahl der Bewohner eines jeden Kirchsprengels bestimmt werden.
11) Es soll keine andere Musik, als der Kirchengesang und die Orgel in den Kirchen geduldet werden.
12) Es sollen daselbst keine Kupferstiche verkauft werden.
13) Es sollen keine andere Prozessionen gehalten werden, als die des h. Sakraments, der Litanei und der Patrone jeder Stadt und jeden Dorfes.
14) Die Ausstellung religiöser Bilder in den Straßen soll unterdrückt und verboten werden.
Endlich
15) Es soll die Zahl der Seminarien bestimmt werden.
|Sp. 0677| Glücklicher Weise gingen die Cortes damals nicht darauf ein, sondern vertagten die Angelegenheit bis zur Berathung über den Constitutions-Entwurf, welche an der Tagesordnung ist, und wobei schon die Diskussion über die religiösen Verhältnisse am 5. d. Monats geschlossen wurden. Eine Abstimmung von 125 gegen 34 Stimmen hat ergeben, daß weder die katholische Religion als die allein geltende in Spanien erkannt wird, noch andern Glaubensgenossen das geringste Recht in religiöser Hinsicht eingeräumt werde.
Bei diesem Stande der Sache ist nicht zu verwundern, daß das Volk irre wird, daß die Geistlichkeit sich abwendet von einer Seite, die ihr keine Garantie mehr leistet für die Ausübung ihres Berufes, daß endlich die moralische Calamität größer noch wird, als die unter welcher bereits Alles seufzt.
Noch mehr aber wird das gemeine Volk irre werden, wenn erst fremde Missionare eintreffen werden, einen ihm bisher selbst dem Namen nach unbekannten Glauben zu predigen, was wie man von England her weiß, nicht lange ausbleiben wird.
— Am 2. Mai wurde hier ein Trauer-Gottesdienst für die Opfer des unglücklichen Aufstandes zu Madrid gegen die Napoleon'sche Herrschaft am 2. Mai 1808 vor dem auf dem Prado zum Andenken an diese Opfer errichteten Obelisken abgehalten. Die Trauerrede hielt der Abgeordnete von Sevilla, Pfarrer Garcia Blanco.
(Schwäb. M.)
— Der Bischof von Valencia, welcher angeklagt war, sich zu dem Prätendenten haben begeben zu wollen, ist nun durch den höchsten Gerichtshof rücksichtlich dieses Punktes von der Instanz absolvirt worden; wegen Ungehorsams gegen die Regierung aber, und heimlicher Verlassung seines Sprengels, hat die Regierung seine Temporalien eingezogen, und ihn auf die Dauer des Bürgerkriegs an einen andern Punkt der Halbinsel verwiesen; später soll er aus dem Reiche verbannt werden.
(A. Z.)
— Der als Schriftsteller und Deputirter in den Cortes bekannte spanische Priester Don Joaquin Lorenzo Villanueva, Thol. Dr. ist Ende März zu London mit Tod abgegangen.
(K.-K.-Ztg.)
Ungarn
.
Erlau, den 9. Mai. Sonntag, am 7. Mai, ist die neue, in dem Zeitraume von fünf Jahren vollendete Kathedralkirche durch den Patriarch-Erzbischof, Joh. Ladislaus Pyrker, feierlich consecrirt worden. Die schönste Witterung begünstigte diese heilige Handlung, die von 8 Uhr früh bis halb 3 Uhr Nachmittags dauerte. Diese herrliche Kirche ist im schönsten griechisch-römischen Styl erbaut, und von einer Schönheit und Vollendung, daß sie, nach dem Urtheile der Kenner, selbst in dem an Kirchen so reichen Italien von keiner übertroffen, und Jedermann bei'm Eintritt in dieselbe von freudigem Erstaunen ergriffen wird. Daß sie auch zu den größeren gehöre, erhellt aus ihren Massen, indem sie sammt dem Porticus, zu welchem eine 54 Fuß breite Treppe hinaufführt, 300 Fuß lang und 168 breit ist. Die Höhe des mittleren Schiffs beträgt 72, jene der Kuppel 120 und der beiden Thürme 168 Fuß. Das mittlere Schiff wird von den beiden Seitenschiffen durch 16 mit Capitälen korinthischer Ordnung versehenen, 26 Fuß hohen Säulen getrennt, und die Kuppel von den Pilastern durch 12 ähnliche unterstützt; das Musikchor rückwärts ruht auf 8 anderen, so daß in Allem 36 Säulen im schönsten Ebenmaß das Auge erfreuen. — Im Porticus stehen acht majestätische, 52 Fuß hohe Säulen von ähnlicher Ordnung. Vier schöne Gemälde, eines von einem Wiener (Jos. Danhauser) und drei von venetianischen Meistern (Gregoletti, Malatesti und Schiavoni); vierzehn Basreliefs von einem der ersten italienischen Bildhauer (Casagrande); dann schöne Marmoraltäre nebst der schönen Kanzel und Orgel, zieren das Innere, und fünf kolossale Statuen (von obigem Meister) über dem Porticus das Aeußere der Kirche, so daß Architektur, Plastik und Malerei hier ihren Tribut gezollt haben, den neuen Tempel zu schmücken. Der Baumeister war der in Rom gebildete Jos. Hild. — Eine von dem Wiener Hofmedailleur Böhm auf diese Consecrationsfeier verfertigte schöne Denkmünze zeigt das Aeußere der Kirche in Hautrelief, mit den Umschriften:
Ecclesia. Metropolitana. Agriensis. Honoribus. D. Joan. Ant. |Sp. 0678| Port. Lat. Dic. auf der Kehrseite: Decursu. Unius. Lustri. Exstructa. MDCCCXXXVI. Consecrata. Nonis. Maii. MDCCCXXXVII. Patr. AEppo. J. L. Pyrker. – Von allen Seiten strömten viele tausend Menschen herbei, um an dieser Feierlichkeit Theil zu nehmen. Unter den hohen Gästen waren die HH. Bischöfe von Veszprém, Neusol, Rosenau, Szathmán und Csanád; dann die beiden Statthaltereiräthe und Titl. Bischöfe Sztankovies und Ocskay, der Prälat der Prämonstratenser von Jászó und der Abt der Cistercienser von Zircz; dann der Freiherr v. Lötves, Tavernicus (nach dem Palatin Präses der Statthalterei), Graf Gabriel Keglevich, Kammerpräsident; Feldmarschall-Lieutenant Graf Vécsey; Graf Castiglioni, Generalmajor; Graf Ilinsky, kaiserl. russischer Senator; Baron Prényi, Ugocsaer Obergespan und Septemvir; Graf Christoph Almásy etc., nebst vielen Adeligen aus nahen und fernen Comitaten gegenwärtig. Der Hr. Bischof von Csaná, Jos. Conovichs, hielt unter dem Hochamt eine ergreifende Rede. Das k. k. Militär von dem hier garnisonirenden Regiment Benzur, dann eine Abtheilung von Erzherzog Ferdinand Husaren war nebst dem bürgerlichen Schützenkorps um die Kirche herum aufgestellt, und feuerte die Salven ab. Das benachbarte Borschoder Comitat sandte unter Anführung ihres Vicegespans eine glänzende, aus 36 Personen bestehende Deputation zur Begrüßung des Patriarch-Erzbischofs ab, sowie auch jene des hierortigen Hewescher von dem Vicegespan, und der Districte von Jazigien und Cumanien von ihren Capitänen angeführt, in gleicher Absicht vor ihm erschien. In der ganzen Stadt waren für ankommende Gäste freie Wohnung bereitet, und der Erzbischof bewirthete zu Mittag 250 Gäste an seiner Tafel, die Domherren ein jeder 20 bis 30. Abends war die Stadt schön beleuchtet, und die Freude allgemein. Die Kirche trägt die classisch schöne Inschrift: Venite, adoremus Dominum. Psalm 94.
(Allg. Ztg.)
Stuhlweißenburg. Der Erlauer Domherr und Prälat der k. ungar. Gerichtstafel, Ladislaus v. Barkö-czy wurde am 12. Jan. von Sr. Maj. dem Kaiser von Oesterreich zum Stuhlweißenburger Bischof ernannt.
(Bem.)
Waitzen, Das 6000 Q. Meilen große Königreich Ungarn besitzt sehr wenig wohlthätige Anstalten. Besonders schmerzlich empfand man den Mangel einer Irrenanstalt. Da erbarmte sich der Bischof Paul Graf von Nadasd (Nadasdy) und erstand das in seiner bischöflichen Stadt Waitzen gelegene Gebäude der nun nach Pesth verlegten Militärakademie um 60,000 fl., und schenkte es dem Lande zur Errichtung einer Irren-Anstalt. Der Domherr Casimir Gasparik gab sogleich 1000 fl. zu einem Fonds für diesen Zweck. Nachdem der edle Bischof noch eine bedeutende Summe dem Fonds hinzugefügt, hat man Hoffnung, die Anstalt um so bälder in's Leben treten zu sehen, wenn der Aufruf der k. Ungarischen Statthalterei gehörige Früchte trägt. Jedermann wird zugestehen, daß der edle Bischof fühlt, wie er seines Herrn und Meisters würdiger Nachfolger seyn soll, und wir sagen ihm, Namens der Menschheit, Dank.
(Der Christenbote)
Deutschland
.
Waldeck
.
Arolsen, den 15. Aprill. In dem Fürstenthume Waldeck befinden sich zwei kathol. Gemeinden, nämlich eine in und um das Dorf Eppe, von beinahe tausend Seelen, und die zweite kleinere in der Residenzstadt Arolsen. Nachdem die hier befindliche kathol. Missionsstelle, zum Theile durch hochfürstl. Gnadengeschenke verbessert und seit einigen Jahren mit einem würdigen jungen Geistlichen besetzt war, sind derselben von hochfürstl. Seite im verflossenen Jahre alle Pfarrrechte ohne Beschränkung zugestanden, und es sind die dortigen Katholiken in Wahrheit den Protestanten gleichgestellt. — Brautpaare verschiedener Confessionen können nunmehr rechtsgiltige Verträge über die künftige religiöse Erziehung ihrer Kinder abschließen, und sich von ihrem respectiven evangel. oder kathol. Pfarrer trauen lassen. Und eben so steht den Ehepaaren gemischter Religion die Freiheit zu, nach Gutbefinden ihre Kinder in der einen oder der andern christlichen Religion zu erziehen, sie ohne vorhergegangene Staatserlaubniß |Sp. 0679| von dem evangelischen oder katholischen Pfarrer taufen, und wenn sie sterben, katholisch oder evangelisch beerdigen zu lassen. Nur wenn Uneinigkeit unter den Eltern obwaltet, entscheidet der früher geschlossene Vertrag. Auf Gebühren hat nur der Pfarrer Anspruch, der den nachgesuchten Pfarrakt vornimmt. — Es ist unbeschreiblich, welche angenehme Sensation und Freude diese eben so verständige als gerechte hochfürstl. Anordnung bei den Katholiken der Diöcese Paderborn hervorgebracht hat.
(K.-K.-Z.)
Nassau
.
Wiesbaden, 17. Mai. Der durch seine beiden Werke:
"das Staatsbürgerthum der Juden" und „der geistliche Beruf etc." in der literarischen Welt hinlänglich bekannte Pfarrer Haas in Dotzheim bei Wiesbaden, erhielt dieser Tage von der Universität Gießen das Diplom als Dr. der Philosophie.
(Frankf. J.)
— Ungeachtet in unserem Lande für die Frömmelei keine besondere Aussichten sind, und die Emissäre schlechte Geschäfte machen werden, so lassen sie es, gemäß ihres bekannten unersättlichen Eifers, dennoch nicht unversucht, das Gnadenbrünnlein auch für die armen lechzenden Nassauer Seelen springen zu lassen. So wanderte am verflossenen Sonntag einer jener Schlicher in schwarzem Frack durch mehrere Ortschaften unseres Amtes, und verteilte die Traktätchen ganz wohlfeil, nämlich umsonst, unter die Bewohner. Natürlich geschah dies heimlich, während der Kirche, wo er wenigstens nicht so leicht von der Polizei überwacht wurde, vor Allem die Wohnung des Schultheißen, nach der er sich vorher erkundigt hatte, vorsichtig vermeidend. In einem unserer Stadt nahe liegenden Dorfe entging indessen der Spediteur des kostbaren und doch so wohlfeilen Evangeliums der Gefahr, gefahndet zu werden, nur kaum. Der dortige Pfarrer, welchem von dem Schultheißen sogleich einige confiscirte Büchelchen zugesandt, und der um sein Gutachten ersucht wurde, erkannte sehr bald die Waare jener im Finsteren etablirten lichtscheuen Buden. Wir sind im Stande, sein im Drange der eilenden Erwiederung abgegebenes Gutachten hier anzufügen.
P. P. "Die mir zugesandten zwei Büchelchen enthalten mystische, ungesunde Lehren, welche um so verführerischer, und für das Volk verderblicher sind, als sie so vielfach mit mißgedeuteten Bibelsprüchen gespickt sind, aber weder mit dem wahren Geiste des Evangeliums, noch mit dem unserer evangelischen Kirche, wie mit der nüchternen Auffassungsweise, in welcher unsere Landesregierung solche Zeiterscheinungen zu betrachten und behandeln pflegt, übereinstimmen. Ich ersuche Sie daher, wo möglich, die Büchelchen aus den Händen der Empfänger confisciren und bei wiederholten Betretungsfällen die Verbreiter derselben arretiren, resp. an herzogl. Amt abliefern zu lassen."
(Evangel. Lichtfr.)
* Limburg, den 23. Mai. Das hiesige Priesterseminarium "Wilhelmianum" hatte sich in der letztern Zeit einer neuen Organisation zu erfreuen. Auf den Antrag des hochwürdigsten Herrn Bischofs, Dr. Bausch, haben Seine Durchlaucht der Herzog zu Nassau statt der seitherigen Einrichtung, nach welcher nur der Subregens und Einer der beiden Domvikare die Vorlesungen im Seminar ertheilten, zwei ordentliche ständige Professorsstellen, jede mit 700 fl. Besoldung nebst freier Wohnung und Beköstigung im Seminar so creirt, daß der baare Gehalt für den einen Professor aus dem katholischen Central-Kirchen-Fonds, und für den andern aus dem Central-Studien-Fonds fließen soll.
Zum Regens hatte der Herr Bischof den Herrn Domkapitular, geistlichen Rath Halm, und zu Professoren die bisherigen Seminarlehrer Subregens Dr. Diehl und Domvikar Blum in Vorschlag gebracht, welche von Seiner herzoglichen Durchlaucht als solche genehmigt wurden. Dem Herrn Professor Diehl ist die Oekonomieverwaltung und dem Herrn Professor Blum die Aufsicht über die Bibliothek des Seminars übertragen. — Der Aufenthalt der Alumnen, welche erst nach vollendetem dreijährigem Universitätscursus aufgenommen werden, bleibt auf wenigstens Ein Jahr festgesetzt. —
Möge diese Feststellung der äußern Verhältnisse auf den Geist und das innere Leben des Priesterseminars den beabsichtigten Einfluß äußern, damit aus ihm Boten des Glaubens, Männer der Liebe und Vorbilder aller Heiligkeit, Thätigkeit und guten Sitten unaufhörlich in die Gemeinden ausgehen!
|Sp. 0680| Langenschwalbach, den 29. Aprill. Vorgestern, als am siebenten Tage des jüdischen Osterfestes, wurde der hiesigen Juden-Gemeinde ein Vergnügen zu Theil, das ihr bisher noch fremd war. Der einzige Sohn des hiesigen Rabbiners, Hr. Samuel Wormser, ein achtungswerther junger Mann, welcher sich durch eine Reihe von Jahren zu Mainz und Frankfurt, und später auf der Hochschule zu Bonn dem Studium der hebräischen Theologie und aller mit ihr in Berührung kommenden Wissenschaften widmete, und von allen diesen Orten die ausgezeichnetesten Zeugnisse, sowohl seines Fleißes, als seiner moralischen Ausbildung aufzuweisen hat, trat des Morgens während des Gottesdienstes auf, und hielt in deutscher Sprache eine salbungsvolle Predigt „über das Vertrauen auf Gott, als das trostreichste Mittel in allen Verhältnissen der Völker und Menschen überhaupt, und bei allen Stürmen des Lebens insbesondere," und führte dieses große Thema mit einer solchen geistigen Gewandtheit aus, daß ihm nicht nur der ungetheilte Beifall seiner Glaubensbrüder, sondern auch der der christl. Geistlichkeit beider Konfessionen und mehrerer andern Honoratioren, die gegenwärtig waren, zu Theil wurde. Möge diesem jungen Manne bald ein Wirkungskreis zu Theil werden, damit der ausgestreute Samen auch Früchte bringe, und auch ihm die zu Theil werden, die sein Talent und guter Wille mit Recht anfordern kann.
(Mainzer Ztg.)
Von Dr.
S. Scheyer
in Frankfurt am Main.
(Fortsetzung.)
Erst durch das nach der Wahl des Königs beförderte engere Zusammentreten der Stämme Israels konnte der Tempel zu Jerusalem, der Ort, welchen Gott erwählte, Vergl. More Nebuchim 3,45.ואשר לא התבאר כתורה ולא נזכר בפרט אבל רמ אליוז ואמר אל המקום אשר יבחר ה'שיבו אצלי שלש חכמותוכו' והשלישית והיא החזקה שבהם שלא יבקש כל שבט היותו בנחלתו ולמשול בו והיה נופל עליו מן המחלוקות והקטטה כמו שנפל בבקשת הכהונה ולזה באה המצוה שלא יבנה בית הבחירה אלא אחר הקמת מלך שיצוה לבנותו יתסתלק המחלוקת.
Die fernere Entwicklung dieses Gegenstandes: Die Angabe des Verhältnisses zwischen dem Könige, dem politischen Oberhaupte, zu dem Hohepriester, dem geistlichen Oberhaupte, und des näheren Verhältnisses beider zu dem obersten Gerichtshof, welcher so wie die Residenz des Königs und des Hohepriesters ebenfalls nach der mosaischen Verfassung seinen Sitz in Jerusalem hatte (5 Mos. 17,8-13): Dieß Alles würde uns zu weit von dem Hauptziele unserer Untersuchung abführen; wir begnügen uns daher mit dem gewonnenen Resultat unserer Untersuchung. Der Hauptzweck des Tempels war demnach nicht Erbauung, nicht das Beten, nicht Belehrung, sondern die Beförderung der religiösen und politischen Einheit der Nation, und er sollte zuvör- |Sp. 0681| derst das Symbol der Gesammtheit ihres Glaubens und ihrer Religion darstellen. Die betenden Israeliten wendeten darum auch stets das Gesicht nach der Richtung des Tempels (1 Kön. 8,44-48. Dan. 6,11. Esra Kp. 9,9. Nehem. 9,36-37.
Aber grade dieser Mangel an Selbstständigkeit, diese politische Schwäche mußte das Bedürfniß der Wiederherstellung des Tempels eher vermehren, als vermindern. Von den beiden innigst verwebten Banden, welche ehemals die Israeliten umschlangen, dem Bande des Staats und der Religion, ward das erste locker und lose wieder angeheftet; mußte man sich daher nicht bestreben, das andere desto fester und stärker zu knüpfen? und konnte dieses auf eine würdigere und entschiedenere Weise geschehen als durch die Erbauung eines Gotteshauses, welches der deutlichste Ausdruck für die allgemeine Verehrung des mosaischen Gesetzes war, und das Symbol des gemeinschaftlichen Glaubens und der gemeinschaftlichen Religion darstellte?
Glücklicherweise fielen die politischen Ursachen weg, aus welchen die Erbauung des ersten Tempels auf viele Jahrhunderte nach der Besitznahme Palästina's verschoben werden mußte. Die innern und äußern Hindernisse, die sich jetzt dem Tempelbau entgegenstellten, die Trägheit der Juden und die Feindschaft der samaritanischen Kolonie mußten aus allen Kräften besiegt werden. Jede Zögerung drohte Gefahr. Der Tempel erschien als die einzige Stütze der schwachen Kolonie, ihr Schicksal schien an ihn geknüpft, und ohne schnelle Wiederherstellung desselben ihr Untergang unvermeidlich zu seyn. Dieß erkannten die Führer der Juden, und die Propheten Haggai und Zacharias, welche nach erfolgter Erlaubniß von Seiten des persischen Königs Darius durch ihre kräftigen Ermahnungen die erloschene Begeisterung für das Gotteshaus wieder anfachten und dasselbe als die Bedingung glücklicher Zeiten anpriesen.
Unstreitig ist das neue Gotteshaus, welches sich trotz aller Schwierigkeiten durch die Beharrlichkeit jener edeln und frommen Männer auf den Trümmern des eingeäscherten salomonischen Tempels erhob, als ein hohes Glück, als ein kostbares Geschenk der Juden und als der Hauptgrund für die dauernde Erhaltung der, unter so ungünstigen Verhältnissen und unerfreulichen Aussichten sich bildenden Kolonie zu betrachten. Der Tempel gab der Kolonie nicht nur einen Centralpunkt ihres politischen und religiösen Lebens, sondern machte sie auch zum Gegenstand der Theilnahme aller, im Auslande wohnenden Juden, welche häufig zum Besuche des Tempels nach Jerusalem pilgerten, und durch reiche Geschenke die Erhaltung des Tempels und seiner Priester kräftig unterstützten. Allein trotz der Wichtigkeit und der hohen Bedeutung des Tempels, die er nie verlor, gelangte man doch bald zur Einsicht, daß gegenwärtig, wo die Religion mehr noch, als früher die Säule des Staatslebens, wo die Erkenntniß und Befolgung des göttlichen Wortes das Hauptinteresse der Nation war und seyn sollte, der Tempel nicht mehr zur Befestigung des religiösen Bandes und zum Aufblühen wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit genügte, daß also die Erreichung dieser erhabenen |Sp. 0682| Zwecke anderweitige kräftigere Mittel erheischte. War ja der Besuch des Tempels für die außerhalb Jerusalem's wohnenden Israeliten mit den größten Unbequemlichkeiten, das Schon unter dem Propheten Maleachi, Zeitgenosse des Nehemias scheinen dem Volke die Ausgaben für die Opfer drückend gewesen seyn. Maleachi 1,8.Maimonides Glauben schenken, lag sogar die Erschwerung des Tempelbesuches in den Plänen der göttlichen Gesetzgebung, welche durch ein seltenes Erscheinen in demselben sein Ansehen und seine Herrlichkeit zu erhalten beabsichtigte.
Und bei der fortschreitenden religiösen Kultur der Nation, welche jetzt durch eifriges Studium der ihr von ihren Häuptern selbst empfohlenen Nationalschriften in den Geist des Gesetzes eindrang, lag es nicht in der Natur der Sache, daß in den Gemüthern allmählich Bedürfnisse erweckt wurden, welche im Tempel keine Befriedigung fanden und die Errichtung neuer religiöser Institute nothwendig machten? Stellen der heil. Schrift, wie diese: Deuter. 10,12; 1 Sam. 15, 22-23; Ps. 40,7; 50,8-15; 51,17-19; 69,31-32. Sprüche 21,3; Jes. 58; Jerem. 9,22-23 und andere — mußten sie nicht in Vielen, welche sie mit Unbefangenheit auffaßten, eine völlige und heilsame Gestaltung ihres Religionssystems bewirken? mußten sie nicht die Ueberzeugung begründen, daß noch etwas Höheres existire, als der Tempeldienst, daß es einen anderen, der Würde des Menschen und seinem Verhältniß zu Gott besser entsprechenden Gottesdienst gebe? daß ferner, wollten sie Gott von ganzer Seele lieben und durch Vollziehung seiner heiligen Gebote der göttlichen Gnade sich getrösten, vor allen übrigen Bestrebungen die geläuterte Gotteserkenntniß, also das Verständniß der, Gottes Rathschluß und seinen Willen offenbarenden heil. Schriften den ersten Rang behaupte?
More 3,47. Vgl. Traktat Baba Kama 82a עשרה תקנות תיקן עזרא וכו ואוכלין שום בערב שבת משום עונה, ein Beweis, daß man selbst am Sabbath den Tempel nicht besuchte.
(Schluß folgt.)
Von
Wilhelm
von
Schütz
, Regierungsrath und ritterschaftlichem Direktor, in Reichenwalde, in der Mark Brandenburg.
(Schluß.)
Schwieriger wird die Behandlung der Katholiken. Sie stellen mit ihren anerkannten Bischöfen und der übrigen anerkannten Verfassung eine wirkliche Kirche dar, und nöthigen dadurch die Hochkirche nur um so dringender, sich für die geläuterte und dadurch wahre Kirche aufzuführen, von deren 39 Artikel jede Abweichung unzulässig sey. Mag dabei nun auch ein Irrthum walten, so entspringt er aus der Absicht, die religiöse Unterlage zu schonen. Würde eingeräumt, daß sich's auch anders verhalten könne, wie diese Artikel besagen, und die Dissenters Recht haben, so beraubte diese Zulassung auch die Hochkirche des religiösen Elements. Sie müßte sämmtliche Confessionen für möglicherweise gleichwahr erklären, und verfiel nun mit diesen Confessionen hinunter in die Schicht des religiösen Philosophismus. Denn wer würde in der schwankenden Ungewißheit, ob sie die einzige wahre geläuterte christliche Kirche sey, ihre Lehren suchen? — Also bloß in der Gewißheit, in der Unbesieglichkeit der irrigen Meinung, eine wahre Kirche zu seyn, liegt ihre Religiosität, Letztere entspringt aus der Unbesieglichkeit des Irrthums, und das gerade muß ihr in den Augen des römischen Stuhles einen gewissen Werth beilegen. Sie befindet sich in ignorantia invincibili ihren dermaligen Bekennern nach, und setzt dadurch Rom in den Stand, ihr eine sehr bedeutende Concession zu machen. |Sp. 0683| Denn gerade weil das Grundmotiv nicht religiös ist, weil die Hochkirche nicht sich umsetzen will in glaubenslose Philosophie, bleibt sie wegen eines für die jetzigen Anhänger unbesieglichen Irrthums (ignorantia invincibili), aber aus gutem Glauben (bona fide) in der Trennung. Von den solchergestalt Getrennten aber hat es stets geheißen: »anima seu spiritu ad veram Christi ecclesiam pertinent.« Nur von denen qui culpabiliter vel in haeresi, vel schismate aut incredulitate versunter gilt es, daß sie betrachtet werden als gänzlich ausgeschlossen aus der Kirche. Es findet aber incredulitas culpabilis statt, sobald die Anerkennung eines einzigen religiösen Höchsten aufhört, dem sich der Mensch völlig unterordnet, das er nicht aufgeben will. Und keinesweges ist es Richtung der Hochkirche, jene Anerkennung und Unterordnung aufzugeben; sie vergreift sich nur dabei, indem was sie Läuterung nennt, vielmehr Entfernung und Verjagung desjenigen höchsten, wahrhaft religiösen Lebensäthers, die Zerstörung desjenigen pneumatischen Bandes ist, ohne welches der christliche Cult zum caput murtuum wird. Darum hegt, während der deutsche Protestantismus das Christenthum in die Philosophie herüber ziehen will, um es der Kritik und Exegese dieser Philosophie zu unterwerfen, und dadurch als Religion aufzuheben, die Hochkirche immer noch echte Religiosität dafür, widmet dieser Religiosität aber wieder immer die zum caput mortuum gewordene Umgestaltung, und setzt sich dadurch in eine ganz andere Lage zu Rom, als der deutsche Protestantismus. Denn was diesem mangelt, das besitzt die Hochkirche in den 39 Artikeln; einen feststehenden Glaubensinbegriff, von dem sie sich nicht entfernen will, weil er für sie etwas Aehnliches ist, wie für Rom das Tridentinum, und sie befindet sich, ihm die Treue bewahrend, in bona fide. Daher können auch Rom und die Hochkirche sich immerwährend das Nämliche gegenseitig expliciren, die ignorantia invincibilis. Diese kann Jenem vorhalten, es sey ignorantia invincibilis, wenn die Läuterung des Christenthums unerkannt bliebe, von welcher die Oxford'schen Artikel zeugen, Rom aber kann entgegnen, die ignorantia oder der error invincibilis liege darin, daß die Hochkirche, unfähig das Höchste und Geheimste, den wahren Lebensäther des Christenthums zu erfassen, ein caput mortuum daraus bilde, und diesem Halbwesen den Glauben widme. Daraus geht dann für die katholische Kirche in England so viel hervor, daß die Vertreter der Hochkirche, zu denen der Herzog von Wellington schon seiner Oxford'schen Verhältnisse wegen gehört, sie nicht mit den dissentirenden Religionsparteien in gleicher Weise behandeln dürfen.
Aber das macht auch die Religionsfrage in England so unglaublich schwierig, und, je religiöser die Gemüther sind, um so schwieriger. Das gemeine Urtheil, worüber sich auch Hr. v. R. nicht erhebt, begreift den Starrsinn derjenigen dortigen Staatsmänner nicht, welche die allgemeine Religionsfreiheit unzulässig, und gewisse aber verschiedenartige kirchliche Beschränkungen nothwendig finden. Bei den dissentirenden Kirchengemeinschaften sind solche Beschränkungen unentbehrlich, weil diesen, abgesehen von den bereits entwickelten Ursachen, stets muß vergegenwärtigt bleiben, daß sie culpabiliter in haeresi versiren, und weil sie auch sogar den Glauben verlieren würden, wollte man sie als rechtgläubig betrachten oder behandeln. Wie jedoch mit den Katholiken? — Jeden Falls muß ihnen mehr gewährt werden, als den dissentirenden Gemeinden. Aber man will in England nun einmal aus sehr richtigen Gründen, durchaus kein Simultaneum aussprechen. Denn damit ginge theils das wahre Fundament der Religion selbst verloren, nämlich der Grundsatz eines einzigen Höchsten, dem Alles sich unterordnen müsse, theils würden die Oxford'schen Artikel durch die Gleichstellung indirect für problematisch, für einen Gegenstand philosophischer Dissertationen erklärt, und England stünde dann da ohne alle Religion, weil die Entscheidung fehlte, ob die 39 Artikel, oder die Katholiken, oder einzelne dissentirende Gemeinden sich in der Ausübung des Cultus einer richtigen Religionsphilosophie befänden, nachdem die Religion selbst abhanden gekommen. Aus diesen Bedrängnissen einen Ausweg zu finden, scheint beinahe unmöglich. Darum enthalte ich mich jedes Winkes darüber, und theile bloß eine Bemerkung mit, die lediglich dem dermaleinstigen Verständniß der beiden Parteien förderlich werden könnte.
Es gibt einen sehr wichtigen und durchgreifenden Punkt, welcher die Hochkirche von den dissentirenden Kirchen trennt, nicht |Sp. 0684| aber von den Katholiken und er gereicht der ersteren wie den letzteren zur Ehre. Beide sind einig, daß nur ein einziges Christenthum das wahre seyn könne; und haben Beide noch nicht eingesehen, so werden sie unfehlbar einsehen, daß ein Simultaneum, welches beide Kirchen gleichstellt den Weg zum Indifferentismus oder zur philosophischen Diskussion anbahnen, die Grundbedingung der Religion aber vernichten muß. Man sollte in England keinen Augenblick rasten, sogar auf dem christlichen Festlands dafür mitwirken, es der katholischen wie der Hochkirche begreiflich zu machen, daß es den Untergang der Religion, ohne die England nicht seyn kann und nicht seyn will, die auch es höher achtet als die Philosophie, herbeiführen würde, wenn beide Kirchen nicht Alles aufbieten sich einem bedenklichen Zustande doppelter Art zu entreißen. Der eine ist der der gegenseitigen Prätendentschaft, den Irland schon seit lange festhält, und immer mehr in solcher Weise behauptet, daß zusehends das Urtheil überwiegend wird, die katholische Kirche sey der legitime Prätendent, die Hochkirche aber der unter einem viciösen Titel herrschende Regent, der, bloß das „beati possidentes" für sich habend, seinen Besitzstand behaupten will, während die irländische Kirche ihr gutes Eigenthumsrecht zu vindiziren bemüht ist. Da nun hier Dogmatisches und Politisches eng verbunden, ja beinahe eins sind, so kann die Entscheidung in der Mehrheit nur für die katholische Kirche günstig ausfallen, wie dieß auch wirklich geschieht und daraus die immer auffallender werdende Zunahme der Katholiken zu erklären ist. Namentlich stehen die Dissenters zu beiden Kirchen in einem neutralen Verhältniß, müssen und werden aber aus sehr nahe liegenden vielerlei Gründen sich mehr für den Prätendenten erklären. Dann tritt aber doch die vielbesprochene sie gleichmachende Nebeneinanderstellung der Lehrwahrheiten ein, welche die Hochkirche mit Recht hindern will, weil jener Zustand Begriff und Wesen der religiösen und Glaubenswahrheit aufhebt, die katholischen Dogmen dann aber sich als solche darstellen, die Jahrhunderte lang bestritten gewesen, nun sich doch als die wahren erhärtet haben. Der andere Zustand wäre der eines förmlich conzedirten Simultaneums, von dem ich bemerkte, daß es die wahre Grundlage und Wurzel der Religion, mithin die Religion selbst, vernichte. Aber dieser Verlust würde immer nur die Hochkirche betreffen; denn im Wesen des Katholizismus, in seinen Mysterien und Sakramenten, liegt etwas, wodurch es unmöglich wird, daß der Katholik die Religion mit der Philosophie vertauscht, oder sie sonstig verliert. Dieß bezeugt abermals Deutschland's Beispiel wo wir den Nationalismus so thätig sehen, das Christenthum umzumodeln in das beste nur erdenkliche philosophische Religionssystem und wo es dahin steht, welche Resultate das Gegenwirken des sogenannten Pietismus, der aber eine bessere Benennung verdient, hervorbringen wird. Im Katholizismus bleiben die rationellen Tendenzen immer nur ephemere Erscheinungen. Es ist also sehr wahrscheinlich, daß das Angedeutete die Perspektive der englischen Hochkirche richtig angegeben habe. Ob sich ein Verhältniß zum römischen Stuhl denken lasse, bei welchem die katholische Kirche den Charakter des legitimen Prätendenten aufgäbe, und die Erscheinungen wie Wirkungen eines Simultaneums größtentheils verschwänden; ist eine so tiefsinnige und schwierige Frage, daß ich mich gar nicht auf sie einlassen will, wohl aber noch einiges über die so bedeutenden beiden Staatsmänner Wellington und Peel sagen.
In beiden ist die Grundlage unverkennbar religiös, und man darf von ihnen, wenigstens von Ersterem, vielleicht mit Recht sagen, daß sein Naturell katholisch sey und er mit katholischer Treue die Hochkirche nach den Oxford'schen Artikeln gegen den Untergang schützen will. Denn es gibt ja eben so wohl Protestanten die es in katholischer Weise sind, als Katholiken, die es in protestantischer Weise sind. Jene lassen das Hauptaugenmerk sich nie entrücken, daß der Protestantismus Religion im wahren Sinne des Wortes bleiben müsse und kein philosophisches Religionssystem werden dürfe. Diesen wäre es gar nicht zuwider, wenn der Katholizismus durch ein Bündniß mit der Religionsphilosophie mehr Wissenschaftlichkeit gewinnen und gleichzeitig ein philosophisches Religionssystem werden könnte. Zu den letzteren gehören unsere beiden Engländer nicht; es ist ihnen schließlich mehr um das Wesen der Religion zu thun, als um die protestantischen Dogmen, indem sie letztere hauptsächlich deßhalb verfechten, weil Lauigkeit gegen sie und Condescendenz wegen derselben zum Indifferentismus, ja zur Untreue in der Religion füh- |Sp. 0685| ren könnte. Drum haben sie auch bei der Frage wegen des Kirchenvermögens eigentlich eine religiösere Ansicht entfaltet und verfochten, als Lord Russel. Denn sieht man von Nebendingen ab; so wollten Peel mit Wellington durchaus nicht, daß aus Kirchenvermögen ein Staatsvermögen werden dürft. Darauf mußten die Katholiken eingehen und das Prinzip selbst mit vertheidigen, aber gleich von vorn herein die Frage anders stellen und die Diskussion anders richten, nämlich jenes Prinzip zum Gegenstand der bloßen Präliminarfrage machen, nach deren Entscheidung die Verhandlung der zweiten vorbehalten wurde, ich meyne die Frage, welcher der beiden Kirchen das für kirchlich erklärte Vermögen gehöre? Aber die Katholiken hatten freilich noch andere Verhältnisse zu berücksichtigen, und in welche Lage sie durch die sogenannte Appropriation nun gerathen sind, darüber mehreres zu sagen, dürfte sich eine andere Gelegenheit finden.
* Kompendium der christlichen Moral, nach der Grundlage der Ethik des M. v. Schenkl. Von Dr. G. Riegler, Professor der Theologie am königl. Lyceum zu Bamberg. Augsburg 1836. Magaz. für kath. Theol. XVI. S. 818. gr. 8.
Der unermüdet thätige Verfasser bietet uns ein Werk, das wir mit Freude begrüßen. Wir gestehen offen, daß wir, und gewiß sehr Viele mit uns, den Wunsch gehegt haben, der Herr Verfasser möge sein größeres Moralwerk, von dem bereits die 3te Auflage erschienen ist, in vollständigem, gedrängtem Auszuge mittheilen. Dieß hat nun Herr Dr. Riegler gethan, und wir können ihm nicht anders als unsern Dank aussprechen. Er sagt selber in der Vorrede, daß ihn wichtige Gründe und Umstände veranlaßt hätten, das frühere Werk in 4 Theilen in ein Kompendium von Einem Bande zu bringen.
Bei genauer Durchsicht des Kompendiums fanden wir, daß durch diese kompendiarische Darstellung im Wesentlichen weder ein Mangel, noch im Zusammenhange eine Lücke sich zeigt. Der Hr. Verfasser hat die Anordnung der Morallehren des frühern Werkes beibehalten, und wir können ihn darum gar nicht tadeln. Es ist zwar diese Anordnung nicht so, wie sie sich in der Moral des Herrn Dr. von Hirscher vorfindet; indeß entspricht sie allerdings noch dem Stande der Wissenschaft. Fragt sich, welche Gründe den Verfasser zur Herausgabe dieses Werkes geleitet haben — Er spricht sich S. IV. der Vorrede deutlicher aus. Er sagt: „Obwohl das größere Werk um 9 Gulden (bei der Abnahme von mehren Exemplaren erläßt die Verlagshandlung das Werk um 6 Gulden) äußerst billig ist, so möchte es doch den Wenigbemittelten noch zu kostspielig seyn. Wenn aber der Verf., wie er weiter sagt, das Werk für „andere Liebhaber, welche den Inhalt in beliebterer Zusammendrängung wünschen" herausgab, und zwar deßwegen, „damit diese es in behaglicher Muße benutzen können", so kann man diese Absicht des Verf. nicht sehr billigen; es kommt dabei das heraus, als sehe er sein Werk selbst nur an für einen Lückenbüßer für die Faulen. Ganz einverstanden sind wir mit dem Verf., wenn er weiter sagt, daß er das Werk veranstaltet habe für Lehrer der Moral an Universitäten, Lyceen und in Seminarien, für Kandidaten der Theologie. Jene haben das Bedürfniß eines Kompendiums, wenn sie nicht aus eigener Kraft sich Grundrisse schaffen; diesen ist es äußerst gut, wenn sie eine bündige und genaue Zusammenstellung sämmtlicher Morallehren und ihrer Gründe sowohl bei den Vorlesungen, als auch bei den Konkursprüfungen vor sich haben; daß es auch für Prediger und Katecheten geeignet sey, wurde als besonderer Vorzug von mehreren kritischen Blättern hervorgehoben. Für die Besitzer des größeren Werkes ist dieß Kompendium insoferne gut, weil die Nummern der Paragraphen beibehalten sind. |Sp. 686| Der Hr. Verf. schickt seiner Moralarbeit eine Einleitung voraus. Hier sind alle jene Punkte besprochen, welche sich in den Einleitungen der Moral gewöhnlich finden. Nur hätten wir gewünscht, daß der Umriß der Geschichte der christlichen Moraltheologie etwas vollständiger ausgefallen wäre. Besonders hätte der Hr. Verf. auf die neuesten Leistungen Rücksicht nehmen sollen. Im 1. Theile macht der Hr. Verf. uns mit den allgemeinen Vorkenntnissen der Moral bekannt. Er spricht da von der sittlichen Natur, Bestimmung des Menschen, dessen Beschaffenheit und Würde, verbreitet sich von der Natur, den Regeln und der Moralität der menschlichen Handlungen, und schließt mit der Abhandlung von den Pflichten, Tugenden, Sünden und Lastern überhaupt. Hier ist seltene Kürze und Vollständigkeit vereint. Im 2. Theile ist die allgemeine Pflichtenlehre abgehandelt. Er gibt zuerst immer das Allgemeine, um daran das Besondere um so leichter, und folgerichtiger anreihen zu können. Der 3. Theil enthält die Pflichten gewisser Stände. Man findet auch hier das, was wir als Vorzug des 1. Theiles gerühmt haben. Nur wissen wir nicht, warum der Hr. Dr. dem allgemeinen Sprachgebrauche im Schreiben der Worte — materiell, formell — nicht folgt. Wir wissen, daß materiell von materialis etc. herkommt, aber noch Keiner hat materiäl gesprochen und geschrieben. Wenn wir uns nicht irren, so wurde dieß in der Jenaer Literaturzeitung gerügt. Der IV. Theil umfaßt endlich die christliche Ascetik. Wir finden sie da an ihrem rechten Platze, denn kennt man die Pflichten des Christen, überzeugt man sich, wie schwer die Erfüllung derselben für den Christen sey, so muß sich nothwendig die Frage aufdrängen, wie kann man diese Pflichten erfüllen, welche Hindernisse stehen der Erfüllung der Pflichten entgegen, welche Beförderungsmittel zur Tugend gibt es? — Am Schlusse des Werkes ist ein sehr gutes, vollständiges Sach- und Wortregister beigefügt. — Wir schließen mit dem aufrichtigen Wunsche, der Hr. Verfasser möge recht Vieles noch in diesem Fache arbeiten. T.
(Fortsetzung.)
Tholuck's literarischer Anzeiger.
No. 10-12. K. Hase Lehrbuch der Kirchengeschichte. 2. Aufl. Rec. von J. Krabbe. – No. 12. 13. W. Harnisch Erbauliche Betrachtungen über die heiligen zehn Gebote, nach Luther's kleinem Katechismus. Rec. von Möller. — No. 13-16. K. A. Credner Einleitung in's Neue Testament. Th. 1. – No. 16-17. C. E. Anger Archiv für Zeitpredigten und kirchliche Gelegenheitsreden. Jahrg. 1. Heft 1 — No. 17-19. J. O. Wallin Predigten und Reden bei feierlichen Gelegenheiten, aus dem Schwedischen, von Rothlieb. — No. 18. Tholuck Predigt über 1 Petri 5, 6-7. — No. 19. Ohl Rede zur Confirmation des Erbprinzen von Mecklenburg-Strelitz. — No. 19. 20. Pleßner Belehrungen und Erbauungen in religiösen Vorträgen, zunächst für Israeliten. 1. Jahrg. — Zunz Namen der Juden. — No. 21. Ficker Theolog. Bedenken über die von Dr. Röhr vorgeschlagenen Grund- und Glaubenssätze der evangel. Kirche. — Carl Christ und Christenthum in ihrem gegenseitigen Verhältniß, in Beziehung auf die Streitfragen des Tages. — K. Hase Theolog. Streitschriften. Anti-Röhr 3s Heft. — —
Praktische Predigerzeitung.
No. 13-14. L. Neuffer Vermächtniß für christlich gesinnte Söhne und Töchter. — No. 16. Christliches Taschenbuch auf das Jahr 1937. — C. G. Barth Die Mythen des Lebens Jesu u. s. w., nebst einem das „Leben Jesu" von Dr. Strauß betreffenden Anhange. — Auserlesene Historien aus der Kirchengeschichte. — No. 18. C. F. Gollhard Christlicher Wegweiser u. s. w. — No. 19. 20. Magazin von Casual-, besonders kleineren geistlichen Amtsreden. Th. 5. — No. 25. Kleinschmidt Die Bündnisse der evangelischen Fürsten, im Zeitalter der Kirchenverbesserung. — No. 26. 27. Falkmann Declamatorik, oder vollständiges Lehrbuch der deutschen Vortragskunst. Bd. 1. — No. 28. Einzelpredigt von Schläger. — No. 29. Erntepredigt von Dräseke. — Lehrreich Die Geschichte Jesu nach seinem Leben und Wirken. — No 31. 32. Einzelpredigten von Thamm und Brauns. — No. 35. 36. Paniel Homiletisches Magazin u. s. w. 2 Bde. —
(Wird fortgesetzt.)
Buchhandlung: F.
Varrentrapp
. – Herausgeber: Dr. J. V.
Hoeninghaus
. – Druckerei:
Heller
und
Rohm
. Maschinendruck.