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Offensichtliche Setzerfehler wurden stillschweigend korrigiert. Die Original-Orthographie wurde ansonsten beibehalten.
Personal-Chronik der Univ.-K.-Ztg. —
Kirchliche Zustände auf der Insel Island. 4. Middalr. —
Kirchliche
Nachrichten. Australien. Neuseeland; heidnische Verfolgungen gegen die protest. Missionäre. Neuholland; kathol. und prot. Missionäre. — Rußland. St. Petersburg; Annahme der Dedication einer Ausgabe des Talmuds, von Dr. Pinner, von Seiten Sr. kais. Majestät; Auszeichnung zweier griech. Priester. — Griechenland. Athen; Anwesenheit II. königl. Majestäten bei dem griech. Gottesdienste; Uebergehung der kathol. Bischöfe in dem griech. Staatskalender. — Türkei. Konstantinopel; Zuerkennung des h. Grabes an die schismatischen Griechen. — Deutschland. Sachsen. Dresden; nähere Aufklärung über die angefeindete Stelle in der Rede Sr. päpstl. Heiligkeit, den höchsts. König Anton betr.; ständische Verhandlung betr.; Leipzig; Erklärung des Prof. Krug; guter kathol. Kanzelredner. — Bayern. München; ständische Verhandlungen über die protest. Ehescheidungen; Rüge einer Rede des Abgeordneten Schwindel; Bauten für die barmherz. Schwestern; Würzburg; Correspondenzbericht, die Verhältnisse der Israeliten betr. —
Theologische Akademie.
Kathol. Abth. Analogie zwischen den Ueberlieferungen verschiedener Völker, besonders der Chinesen, und den Erzählungen der Bibel. Nach dem Französischen der Annales de Philosophie chrétienne, von Dr. J. B. Diehl, Subregens des Klerikal-Seminars in Limburg. —
Protest. Abth. Gegenwärtiger Zustand und gegenwärtiges Verhältniß der verschiedenen Offenbarungen des heil. Geistes (Schluß.) —
Israel. Abth. Meine religiöse Ueberzeugung; ein Prolegomenon. Von Dr. L. Fulda in Offenbach (Schluß.) —
Literatur.
Israel. Abth. 1. Robert Haas Das Staatsbürgerthum der Juden etc. 2. Holdheim, Rede gehalten am Sabbath etc. —
Anzeigen. |Sp. 0479|
Mitarbeiter
und
Correspondenten
:
118) Geistl. Rath M. A. Nickel, Regens des bischöfl. Klerikalseminars in Mainz.
119) Dr. Nik. Funk, Ritter des kön. dän. Dannebrog-Ordens, erster Compastor der luth. Gemeinde in Altona.
120) Professor Dr. Rettberg in Göttingen.
121) Dr. Wilhelm Freund in Breslau.
122) Rabbiner S. W. Rosenfeld in Bamberg.
123) Dr. Gabriel Riesser in Bockenheim.
(Wird fortgesetzt.)
4. Middalr.
Am Abende des Tages unserer Abreise von den Geysern kehrten wir in der Pfarre oder vielmehr in der Kirche von Middalr ein; denn die Wohnung des Geistlichen war nichts weniger, als einladend. Der arme Mann kam zu uns, um seine Dienste, und alles, was sein Haus vermochte, anzubieten, welch' letzteres in nichts, als etwas hartem, schwerem Roggenbrod und Milch bestand. Die Kirche war ärmlich, klein, unsauber und mit mancherlei Gegenständen vollgestopft; sie hielt 25 Fuß 10 Zoll in der Länge, der Kirchengang maß 16 Fuß, und 10 Fuß 7 Zoll in der Breite. Sie war noch mehr angefüllt, als die Kirche von Thingvalla, denn man hatte Bretter über die nur 5 Fuß 9 Zoll vom Boden entfernten Deckbalken gelegt und den Raum mit Gegenständen aller Art vollgestopft. Rechnet man hiezu noch eine Kiste und eine Menge Bettgeräthe im Kirchgange, wozu noch unsere Sättel und übriges Gepäck kamen, so kann man sich einen Begriff machen, wie angefüllt das kleine Gotteshaus war. Die |Sp. 0480| Thüre, durch welche wir eintraten, maß nicht mehr, als 4 Fuß 6 Zoll in der Höhe, wir mußten uns also bei'm Aus- und Eingehen gewaltig bücken, wiewohl immer noch weniger, als der Geistliche, der über 6 Fuß hoch war und, wie uns unsere Führer versicherten, in seiner Jugend als der schönste Mann von Island galt. Jetzt war der arme Priester sehr gebrechlich und konnte nur mit Muhe gehen.
Ich besuchte ihn in seiner ärmlichen Wohnung und fand ihn auf einer Pritsche oder Bank ausgestreckt, die nebst einem kleinen Tische von Tannenholz, und ein paar zerbrochenen Stühlen, das ganze Zimmergeräthe ausmachte. Die Wände waren indeß mit Holz verkleidet, und ein kleines Fenster erhellte das Gemach nothdürftig. Wir erboten uns, ihm den Chirurgus von Reikiavik zu senden, um sein Uebel zu behandeln, das, so viel ich erfahren konnte, in einem Geschwulst am Knie bestand, was er jedoch, wahrscheinlich der Kosten wegen, ablehnte. Den armen Mann mit seinem Leiden in einer solchen Lage zu sehen, war wahrhaft bejammernswerth.
Ich kann nicht begreifen, wie dieses Kirchspiel bestehen mag, denn das einzige menschliche Wesen, welches außer dem Geistlichen und seiner Frau noch zum Vorscheine kam, war zweifelhaften Geschlechtes, ein Geschöpf amphibischer Natur. Der kleine Knabe, der unsere Führer begleitete, hatte sich über eine Schüssel mit Suppe hergemacht, und als er sie ausgeleert, stand er auf und küßte den Geistlichen auf die Wange, die hier statt des norwegischen Händedrucks gewöhnliche Weise, seine Dankbarkeit zu bezeugen. Ich schenkte der Frau des Geistlichen eine Scheere; bei unserer Abreise ließen wir einige Thaler auf dem Communiontische zurück und eilten uns so sehr, als die Langsamkeit unserer Führer es nur immer gestatten wollte, die elende Wohnung und die dem Anscheine nach so unglücklichen Menschen, die in ihr lebten, zu verlassen.
Ein merkwürdiges Zusammentreffen ist es, daß als Dr. Hooker zu Middalr war, der Geistliche eine verrenkte Hüfte und ein offenes Geschwür hatte. Sein ganzes Einkommen bestand, wie dieser Reisende berichtet, in 20 Thalern oder 4 Pfund Sterling jährlich, und seine Familie las die Eingeweide und Köpfe der Fische sorgsam vom Boden auf, welche die Leute des Doktors bei der Zubereitung zum Kochen weggeworfen hatten. Warum dieß geschah, ist um so unerklärlicher, als zu dem Apa-vatn und dem See von Thingvalla, wo es die herrlichsten Fische in Menge |Sp. 0481| gibt, der Weg nicht weit ist. Von der Armuth der Geistlichkeit des Landes im Allgemeinen hatte ich schon viel gehört und gelesen, doch konnte wohl nur die größte Zerrüttung seiner ökonomischen Verhältnisse den armen Mann in eine so elende Lage versetzt haben.
Die folgende Nacht schliefen wir zum zweitenmale in der kleinen Kirche von Thingvalla, und am folgenden Tage kamen wir tüchtig ermüdet nach Reikiavik.
Australien
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Neu
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Seeland
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Von Neuseeland, wo in den letztern Jahren die (prot.) Mission nach langen Schwierigkeiten sehr lieblich aufblühte, sind erschütternde Nachrichten eingelaufen, welche melden, es sey durch einen inländischen Krieg der Heiden gegen die Christen die ganze Mission daselbst völlig gestürzt; Hunderte seyen erschlagen, Alles zertrümmert und auseinandergestäubt, alle Missionäre in die Flucht gejagt. Nähere Nachrichten über diesen höchsttraurigen Unfall erwarten wir jeden Tag, und trösten uns einstweilen mit der Gewißheit, daß alle Pflanzen, die der himmlische Vater gepflanzet hat, nicht ausgereutet werden können.
(Calw. Miss.-Bl.)
Neu
-
Holland
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Während an der Ostküste der großen Insel Neuholland nur zwei Missionäre der bischöfl. Miss.-Ges. in London arbeiten, denen ein Dritter zu Hilfe kommt, hat die Westküste noch keine evangelische Mission, wohl aber hat sich ein römisch-katholischer Bischof mit mehreren Gehilfen daselbst festgesetzt. Es bildete sich deßwegen im vorigen Jahre (eigentlich schon 1835) in London eine Privatgesellschaft zu dem besondern Zweck, auf die Westküste von Neuholland Missionäre zu schicken. Sie hat den Dr. Giustiniani, früher römischem Priester, jetzt Mitglied der englischen Kirche, zugleich Arzt, zu diesem Ende in ihre Dienste genommen. Wenn England überall in der Welt seine Handelsconsuln hat, so muß das Reich Gottes noch viel mehr überall seine Consuln haben; denn ihm müssen einst alle Länder als Eigenthum zufallen.
(Calwer Miss. Bl.)
Rußland
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Es bleibt nur zu wünschen, daß der Herr Verf. dieses riesenhaften Werkes, dessen Durchführung ohnehin noch sehr problematisch ist, sich guter und sachkundiger Mitarbeiter versichere, damit dies an sich verdienstliche Werk nicht so entstellt werde, wie der durchaus unrichtige, unzählig viele Fehler enthaltende St
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Petersburg, den 29. März. Se. Maj. der Kaiser hat die Zueignung der deutschen Uebersetzung des ganzen jerusalemischen und babylonischen Talmud mit Inbegriff des interpunktirten Textes in 28 Foliobänden von Dr. Pinner angenommen, und auf 100 Exemplare dieses umfassenden Werks subscribirt, Dr. Pinner, der vor zwei Monaten von Konstantinopel über Warschau hieher kam, wird in einigen Tagen nach Berlin zurückreisen, um sich mit der Herausgabe seines Werkes zu beschäftigen.Probebogen, welcher vorausgeschickt worden. Wir halten dies zu bemerken für höchst wichtig, da so viele Nichtkenner des Originals leicht durch das Aeußere sich täuschen lassen, der Verf. aber es bei einer so großen Arbeit erfahren muß, daß seine alleinige Kraft nach den gelieferten Proben derselben nicht gewachsen ist. Die Welt wird es ihm vielmehr Dank wissen, wenn er, dieses unparteiische Urtheil jedes Kenners berücksichtigend, recht sorgfältig an's Werk geht, und etwas Gediegenes liefert, welches des großen Mäcenas und des Gegenstandes würdig sey. J.
— Der Protohierej der Stadt Rylsk im Kurskischen Gouvernement, Korenskij, und das Mitglied der Rylskischen geistlichen Verwaltung, Priester Wosneßenskij, sind, sowohl |Sp. 0482| für ihre angestrengte Thätigkeit bei der Untersuchung der Umtriebe der Sektirer in der Stadt Rylsk und bei der Bekehrung derselben zur rechtgläubigen (schismatisch-griechischen) Kirche, als auch für ihren eifrigen Dienst in Eparchial- und Schul-Geschäften überhaupt, gemäß dem Gutachten des heiligen Synods, Ersterer mit einer violetten sammetnen Calotte und Letzterer mit einem solchen Käppchen, allergnädigst belohnt worden.
(Schwäb. M.)
Griechenland
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Athen, den 2. März. Die verflossene Woche ist noch größtentheils in Festlichkeiten zur Feier der glücklichen Ankunft II. MM. vergangen. Am Sonntag den 19. Febr. wurde in der Kirche der h. Irene ein Tedeum gesungen, welchem der König und die Königinn beiwohnten. Das Ministerium hatte für die Königinn, dem Throne gegenüber, eine geschmackvoll dekorirte Tribune errichten lassen; allein zur großen Freude des Volkes nahm I. M. auf dem Throne in der Mitte der Kirche zur Seite des Königs Platz: und die Athena spottet über den ungeschickten Einfall des Ministeriums; denn wenn I. M. den Platz auf der Tribune gewählt hätte, so würde dieß als eine freiwillige Ausschließung von den Feierlichkeiten der griechischen Kirche aufgenommen worden seyn.
— Unter dem Titel: "Almanach des Königreichs Griechenland für das Jahr 1837", ist in Athen ein Staatshandbuch von Dr. Klades erschienen (288 S. 8). In der statistischen Tabelle ist Griechenland aufgeführt mit 926,000 (?) Seelen. Die h. Synode, welche jährlich wechselt, hat einen Präsidenten und fünf Mitglieder, nebst zwei Sekretären; die Regierung wird bei ihr durch einen besonderen Staatsprokurator vertreten. Das Königreich hat 33 Bischöfe der griechischen Kirche, mit Einschluß der sechs jedesmaligen Synodiker. Die katholischen Bischöfe (von Naxos, Tinos, Syra und Santorin) werden nicht aufgeführt.
Türkei
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Konstantinopel, den 15. März. In den ersten Tagen dieses Monats fand eine zahlreiche Versammlung im Griechischen Patriarchat Statt, wo ein großherrlicher Hattisherif verlesen wurde, kraft dessen das heilige Grab zu Jerusalem den griechischen Priestern überlassen, und ihnen gestattet wird, daselbst auf ihre Kosten eine Kirche zu bauen. Dieses Aktenstück hat die ganze Versammlung in große Freude versetzt, um so mehr, als schon einige Jahrzehnten über den Bemühungen um dieses Zugeständniß fruchtlos verstrichen sind. Es soll bereits eine sehr bedeutende Summe zum Bau dieser Kirche in Bereitschaft seyn.
(Schwäb. Merk.)
Deutschland
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Sachsen
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Dresden, den 25. März. Die in dem geheimen Consistorium am 21. Nov. v. J. von Sr. Heil. dem Papste in Betreff des Hinscheidens Sr. Maj. des höchsts. Königs Anton von Sachsen gehaltene Anrede, hatte bekanntlich bei ihrem Erscheinen in den öffentlichen Blättern große Sensation erregt, und selbst zu einigen Aeußerungen in der Ständeversammlung Veranlassung gegeben. Es kann hier nun zwar nicht der Ort seyn, sich über den Inhalt und die Form dieser vertraulichen, jedoch unverkennbar nur die gerechte Anerkennung der hohen Tugenden unsers unvergeßlichen Regenten aussprechenden Mittheilung kritisirend zu verbreiten; allein nicht unangemessen dürfte es seyn, eine in dieser Anrede vorkommende Stelle, welche auf eine von dem höchstsel. König angeordnete, allein von dem heil. Stuhle mißbilligte, und deshalb von Ersterm angeblich tief bereute Maßregel Bezug nimmt, zu erläutern, um dadurch der hin und wieder geäußerten — die loyalen Gesinnungen des Königs Anton, der während seiner ganzen Regierung nur das Wohl seines Volkes vor Augen hatte, verdächtigenden Ansicht zu begegnen, als ob darunter die Verfassungsurkunde, dieses nicht genug zu schätzende hochherzige Geschenk seiner väterlichen Güte, gemeint sey. Denn nach glaubwürdiger Versicherung bezieht sich diese Mißbilligung des päpstl. Stuhl lediglich auf die, durch das Gesetz über die privilegirten Gerichtsstände vom 28. Januar 1835 angeordnete |Sp. 0483| Abgabe der gemischten Ehesachen in den Erblanden an die weltlichen Gerichte, so wie auf einige in diesem Gesetze wider die kanonischen Grundsätze über die Unauflösbarkeit der Ehe aufgestellte, neue eherechtlichen Bestimmungen, wider welche schon im Jahre 1833 die kathol. Geistlichkeit Sachsen's in einer eigenen, an die damalige Ständeversammlung gerichteten Petition, mit Beziehung auf den in dem tridentinischen Couc. Sess. 24 can. 12 enthaltenen Ausspruch: "Si quis dixerit causas matrimoniales non spectare ad judices Ecclesiasticos. Anathema sit," sich kräftig ausgesprochen hatte. Ob die Zeit, die ohne Zweifel noch jetzt zwischen der obersten katholisch-geistlichen Kirchenbehörde und der sächsischen Regierung aus dem angegebenen Grunde obwaltende Spannung beseitigen werde, lassen wir dahin gestellt seyn; allein nur so viel wollen wir bemerken, daß die kathol. Geistlichkeit Sachsen's zur Zeit jede Mitwirkung bei dem Verspruche der gemischten Ehesachen beharrlichst abgelehnt hat — ein Umstand, der es erklärlich macht, warum gegenwärtig bei den kön. Appellationsgerichten diese Ehesachen ohne Zuziehung von kathol. Geistlichen und kathol. Juristen versprochen werden. Allerdings hat man vor Erlassung dieses Gesetzes gegen die sächsischen katholisch-geistlichen Behörden wegen allzu strenger Anwendung der kanonischen Ehegesetze protestantischer Seits manche Klage erhoben; allein bei einer ruhigen, unparteiischen Erwägung dürfte diese, durch das katholische Kirchenrecht gebotene Strenge, im Hinblick auf die von Tag zu Tag lockerer werdenden Grundsätze über die Heiligkeit des Ehebandes, doch einen Vorzug vor der dermaligen noch herrschenden allzugroßen Milde der protestantischen Ehegesetze verdienen. Wenigstens scheint für diese Annahme so viel zu sprechen, daß wenn gegenwärtig, nach Ausweis der statistischen Nachrichten, in Sachsen auf 20,000 Katholiken 4—5 rein katholische Eheprozesse jährlich zu rechnen sind, deren auf eine gleiche Anzahl Protestanten in demselben Zeitraume 18 — 20 kommen. Und doch kann man eben nicht sagen, daß unter den Katholiken die meisten unglücklichen Ehen, als Folge dieser Strenge bestehen.
— Ueber die in den nächsten Tagen zur öffentlichen Verhandlung in der Ständeversammlung kommende, von dem Prof. Krug zu Leipzig in Anregung gebrachte Errichtung einer katholisch-theologischen Fakultät an der Universität Leipzig ist ein von höchst liberalen Grundsätzen ausgehender Deputationsbericht der ersten Kammer ausgegeben worden.
— Die im „Henoticon" des Professors Dr. Krug ausgesprochene Idee wegen eines Religionsgesetzes für christliche Staaten ist bei Berathung der Ständeversammlung, da durch deren Verwirklichung ein Emancipationsgesetz gegeben, und ein Indifferentismus in Religionssachen herbeigeführt würde, von der ersten Kammer nicht beachtet worden. Man glaubt hieraus nicht ohne Grund schließen zu können, daß auch die Frage wegen Emancipation der Juden verneinend beantwortet werden wird.
(Hannövr. Ztg.)
Leipzig. Professor Krug dahier hat folgende Bekanntmachung in die Beilage der Leipziger Zeitung einrücken lassen: "Den ehrsamen Dresdener Bürgern, welche mich (wie es scheint, weil Krug für Emancipation der Israeliten wirkt) von neuem mit einer sehr christlichen Zuschrift erfreut, und mich darin sogar zum Könige der Juden ernannt haben, danke ich herzlich für diesen wiederholten Beweis ihrer Liebe. Möge es ihnen — trotz der beigefügten Verfluchung immer recht wohl ergehen! Was ich in und außer meinem Königreiche dazu beitragen kann, soll mit Vergnügen geschehen."
(Bemerker)
— Der königl. Kaplan an der hiesigen katholischen Kirche, Emil Heine, hat durch seinen vortrefflichen Vortrag, seine eben so geistreichen, als gefühlvoll gehaltenen Predigten einen solchen Beifall erlangt, daß oftmals mehr Protestanten, als Katholiken die Kirche füllen, und fast allgemein bedauert wird, wenn er, wie es heißt, wirklich abberufen und nach Dresden versetzt werden sollte.
(Cassler Ztg.)
Bayern
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München. In der 14. Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom 1. Aprill entwickelte der Abgeordnete Freiherr von Dobeneck seinen Antrag auf Erlassung eines Gesetzes zur möglichsten Beschränkung der Ehescheidung der Protestanten, mit Aufhebung der bestehenden Provinzial- und Lokalgesetze, |Sp. 0484| vom Platze aus im Wesentlichen auf folgende Art: Dieser Antrag liege in den Bedürfnissen der Zeit, und erheische sowohl aus politischen Gründen, als auch vorzüglich in sittlicher und religiöser Hinsicht eine ernste und dringende Erwägung. Die Aufgabe des Staats sey zunächst Beförderung der materiellen Interessen, und durch diese der sittlichen und religiösen Wohlfahrt der Staatsangehörigen zur Erreichung der höchsten Bildung hierin. Zur Erzielung dieses Zweckes sey aber der Ehestand, wodurch die Ordnung der Familien, dieser von Gott selbst eingesetzten Pflanzschule der sittlichen und geistigen Bildung, begründet werde, ein unerläßliches Erforderniß. Die hohe Wichtigkeit, der tief eingreifende Einfluß der Ehe auf das Gedeihen des Familien- und Volkslebens im Staat, auf den religiösen Stand, bedürfe keiner näheren Darstellung. Die Ehen begründen den Familienbestand, die Familien begründen den Staatskörper in ihren sozialen Verhältnissen; wenn nun in ersteren Sittlichkeit, Frömmigkeit, Einigkeit lebt, so muß auch der Staatsverband höhere Sicherheit erhalten, während im Gegentheil, wenn die Ehescheidungen immer mehr zunehmen, der Staat in seinen Grundfesten erschüttert, ja in der Progression eine Auflösung herbeigeführt werden wird. Wie Kinder, in der Ehe erzogen, in physischer Kraft und moralischer Tüchtigkeit heranreifend, zu brauchbaren Staatsbürgern gebildet werden, so tritt bei außerehelichen, in getrennter Ehe erzogenen, aus mangelnder Kinderzucht häufig das Gegentheil ein. Wie bei Unmöglichkeit, bei großer Schwierigkeit der Auflösung der Ehen, die Eingehung derselben ernstlicher erwogen wird, so findet in der Aussicht der leichten Trennung auch vielfach leichtsinnige Schließung statt. Diese kurzen Andeutungen führten zu der Ueberzeugung, wie nothwendig ein, bis jetzt nicht bestehendes, beschränkendes Gesetz sey. Unter den geltenden einzelnen Gesetzen, in welchen das Prinzip des bürgerlichen Vertrags ohne Beachtung des höheren sittlichen und religiösen Moments zu Grunde liege, tritt das preuß. Landrecht am Grellsten hervor. Hierin ist die Möglichkeit der Trennung einer jeden Ehe gegeben. Es wurden nun die einzelnen Ehescheidungsgründe kurz angeführt, und noch bemerkt, daß auch das Sakrament der Ehe in der katholischen Kirche nicht anerkannt sey, weil, nach diesem Gesetz, dem Gewissen des getrennten Katholiken die Wiederverehelichung überlassen bleibe, und daß die leichte Ehescheidung öfters Uebertritte aus der katholischen in die evangelische Kirche bewirke, worüber letztere, wegen des unlauteren Beweggrundes, keine Freude habe. Das zu erlassende allgemeine Gesetz möge daher auf die Bestimmungen des gemeinen Kirchenrechts zurückgeführt werden, wonach Ehebruch, bösliches Verlassen und lebensgefährliche Nachstellungen als Hauptscheidungsgründe festgestellt sind. Die Kompetenz der Kammer liege wohl außer Zweifel, da es sich hier nicht von den Fragen handle, ob die Ehe überhaupt aufgelös't werden könne, oder ob eine Wiederverehelichung zulässig sey, welche, als innere Kirchenangelegenheiten, die Kirchengesellschaft selbst zu bestimmen habe, sondern von einem Ehegesetz, worin die Gründe festgesetzt werden, nach denen der Richter auf Ehescheidung erkennen kann. Schließlich fügte der Redner unter näherer Motivirung den Wunsch bei, daß die Consistorien wieder, wie früher, als Ehegerichte bestellt werden möchten. Dieser Antrag fand bei der Kammer allgemeinen Anklang, und es erhoben sich bei der Abstimmung über die Zulässigkeit nur 5 Mitglieder dagegen, darunter die Abgeordneten von Harsdorf und Hagen.
(Nürnb. Corr.)
— Es ist gewöhnlich, daß bald nach Eröffnung einer Ständeversammlung mancherlei Anträge an dieselben gelangen, und auch dießmal ist die Zahl derselben ziemlich beträchtlich. Unter diesen hat jener eines protestantischen Abgeordneten des Obermainkreises (Frhrn. von Dobeneck) das meiste Aufsehen erregt, indem darin auf eine Abänderung der bisher bei Ehescheidungen der Protestanten bestandenen Normen angetragen wird, um die Ehescheidungen zu beschränken. Indessen dürfte es vielen Widerspruch finden, die Gesetzgebung in kirchlichen Dingen bei den Protestanten, deren Summus Episcopus der Landesfürst ist, einer Versammlung zu überlassen, deren Mitglieder zu mehr, als drei Viertheilen katholisch sind, und man glaubt daher, daß der Ausschuß, dem dieser Antrag überwiesen ist, die Inkompetenz der Kammer in dieser Angelegenheit aussprechen werde. Auf jeden Fall dürften dieser Antrag und seine möglichen Folgen die gute Harmonie zwischen beiden Religionstheilen auf's Neue stören, und |Sp. 0485| selbst den Hang zur Ehelosigkeit vermehren, welcher aus vielen Ursachen schon ohnedieß immer allgemeiner wird. Ein katholisches Mitglied der Kammer unterstützte diesen Antrag, indem es darin eine Annäherung des Protestantismus an den Katholizismus fand, während andere Mitglieder ihr Bedauern ausdrückten, daß durch denselben eine neue Spaltung zwischen den verschiedenen Religionsparteien entstehen könne.
(Köln. Z.)
— Man liest in nachbenanntem Blatte: In der Sitzung der spanischen Cortes vom 15. Jan. d. J. äußerte sich der Abgeordnete Gonzalez Alonzo, welcher bekanntlich, was viel sagen will, in Spanien der äußersten Bewegungspartei angehört, unteranderm folgendermaßen: "es scheint mir durchaus nothwendig, daß die Kommission ihren Eifer mäßige, und eine besondere Aufmerksamkeit auf diese Arbeiten in einem gehörigen Geiste richte. Wenn Rom dann nicht nachgibt, so laßt uns sagen: „„hier, Rom, ist Deine Gränze und weiter nicht!"" Ich wünsche, daß die Kommission sich über die anti-kanonischen Gehalte mehr rund heraus erkläre, denn es gibt privilegirte Körper, die sich einbilden könnten, sie seyen in der Maßregel nicht miteinbegriffen. Man könnte ja etwa die Worte hinzufügen; ""einbegriffen alle die, welche vom Rath der Orden abhängen."" Ich weiß, daß es kein größeres Scandal gibt, als die Anhäufung mehrerer Stellen auf dem Haupte eines einzigen Individuums, und daß die Aufhebung der Anhäufung sich auf die ärmern Benefiziaten nicht erstrecke" — So weit Gonzalez Alonzo.
Nun hören wir den verehrten Abgeordneten der 2. Kammer unserer Landstände, Hrn. Dr. Schwindel! In dem uns vorliegenden verbürgten Auszuge seiner Rede vom 23. Febr. sagt er unter anderm: Er sey erstaunt über die Einweisungskommission. Tischer sey kein selbstständiger Pfarrer, sonst müßte er vollen Pfarrgehalt und volle Domherrnpfründe haben, so aber beziehe er als Pfarrer nur 900 fl., und als Domherr nur 700 fl. Das sey Vielzahl der Pfründen, keine Dispensation dafür da, also concordatwidrig; der Dompfarrer hänge unbedingt vom Bischof ab, also fehle die Selbstständigkeit; selbst moralisch Blinde müßten das einsehen, denn es sey bekannt, daß und wie die Bischöfe willkürlich mit unbedingter Gewalt ihre Macht besonders an der Landgeistlichkeit mit aller Härte strafend handhaben; die Folge der Zulassung werde seyn, daß bald alle 8 Dompfarrer in die Kammer kämen, die Landgeistlichen, diesen Höheren gehorchend, aus der Kammer verdrängt würden, während sie jetzt die Seele dieses Körpers seyen, und daß so auch der Schutz des Landvolkes gegen die Macht der Bischöfe verloren gehe. Er führte dieß noch stärker aus, sprach von der Möglichkeit, daß so auch Franziskaner und Kapuziner, wenn sie Klosterpfarren hätten, in der Kammer zu sehen seyn dürften, zeigte trübe Bilder dahinter verborgener Absichten, und schloß mit den Worten: ich warne die Kammer, keine Kapitulation mit der Infel und der Tiara!
Die Analogie dieser beiden Reden ist zwar nicht ganz vollständig, aber hinreichend, um Jedermann zu überzeugen, daß Hr. Schwindel, falls er das Glück hätte, in dm constituirenden spanischen Cortes zu sitzen, jedenfalls die Palme über Gonzalez Alonzo davon tragen würde. Merkwürdig indessen bleibt es immerhin, daß eine solche Sprache, die wir hier nicht deutlicher bezeichnen wollen, in der Ständeversammlung eines Landes gehört wird, das nicht bloß ein, auch durch die Verfassung feierliches sanktionirtes, Concordat besitzt, sondern wo auch der Monarch und die große Mehrzahl der Unterthanen der katholischen Kirche anhängen und gebührend die Worte zu würdigen wissen werden: "ich warne die Kammer, keine Kapitulation mit der Infel und der Tiara!" Das ist ganz derselbe Ton, den man auch in andern Ländern und zu andern Zeiten gesungen hat, wenn man das Volk schwindlich machen, und die katholische Kirche und noch manches andere über den Haufen werfen wollte. Bravo Hr. Schwindel! Kommt nicht nächstens ein Antrag auf Aufhebung der Klöster, etwa der Franziskaner und Kapuziner, die Ihre Galle — und vielleicht noch etwas mehr — besonders zu erregen scheinen? Auch der Glockenverkauf wäre nicht übel; Spanien hat noch eine ganze Pandora-Büchse für Copirlustige aufzuweisen! Schade, daß die guten Bayern nicht spanisch verstehen, nicht wahr? Im Uebrigen sind aber dieselben |Sp. 0486| noch nicht so „moralisch blind", als daß sie nicht einsehen sollten, wie gewisse Leute jede sich darbietende Gelegenheit nur dazu benutzen, um mit größtmöglicher Kühnheit einen Angriff nach dem andern zu versuchen, und wie es in der That höchst nöthig wird, daß man sie ernstlich innerhalb derjeniger Gränzen zurückweise, welche die Verfassung ihnen gesteckt hat. "Die Verfassung und nichts mehr noch weniger", dieß ist die Antwort, welche die übrigen Deputirten pflichtmäßig geben, und dabei sich stets erinnern sollten, wie Hr. Schwindel in einem unbewachten Augenblick ihnen zugerufen habe: "keine Kapitulation mit der Infel und der Tiara!" was in einer treuen Gedankenübersetzung nichts anders heißen kann, als: „nieder mit der Infel und der Tiara!" Diese Offenherzigkeit des ehrenwerthen Herrn Abgeordneten kann nur erfreulich seyn, da sie Manchem die Augen öffnen wird, der bis dahin, um mit dem Redner, zu sprechen, "moralisch blind" war oder schlief.
(N. Würzb. Ztg.)
— Nicht allein ein eigenes Ordenshaus wird für die barmherzigen Schwestern im Garten des hiesigen Krankenhaus gebaut, sondern auch eine geräumige Kirche. Bereits sind zu diesem Bau schon bedeutende Beiträge von verschiedenen Privaten gemacht worden.
— Man spricht davon, daß wegen Erweiterung des Victualienmarktes die h. Geistkirche abgebrochen werden solle.
(Asch. Z.)
* Würzburg, den 10. Aprill. Der hiesige Hr. Oberrabbiner Bing ist von seiner Krankheit bereits wieder genesen, aber sein Rabbinat liegt leider noch immer schwer danieder. In diesem fehlt es fast an allem, was zur Beförderung des religiösen Lebens nothwendig ist, wenn auch nicht ganz, doch in einem sehr hohen Grade. Ohne uns jetzt hierüber aussprechen zu wollen, was derselbe bisher geleistet und nicht geleistet, so wird allgemein zugestanden und versichert, daß er in seinem gegenwärtigen Zustande zur Verwaltung eines Rabbinats völlig untauglich ist, und den Anforderungen, die man an einen Rabbiner zu stellen nicht bloß berechtigt, sondern verpflichtet ist, auch nicht im Entferntesten entsprechen kann. Der schwache Greis vermag jetzt gar nichts mehr zu leisten. Damit soll aber dem Hrn. Oberrabbiner durchaus kein Vorwurf gemacht werden. Er hat unter ganz andern Umständen und Zeitverhältnissen das Rabbinat übernommen und sich nie zu den Leistungen verpflichtet, die jetzt das Amt eines Rabbiners nothwendig macht. Wir wollen bloß Bericht erstatten, wie die Verhältnisse in Wahrheit beschaffen sind, ohne darauf einzugehen, wie abgeholfen werden sollte, was einer weisen Regierung überlassen bleiben muß und von ihr auch zu erwarten ist.
Für die Schulen des Untermainkreises ist von Seiten der Kreisregierung Vieles geschehen. In den meisten Gemeinden ist der Religionsunterricht geprüften Lehrern, von denen sehr viele auch das Seminar besucht haben, übertragen. Allein jeder Lehrer ist Herr in seiner Schule und steht unter keiner Aufsicht, als der des christlichen Geistlichen, der auch einzig und allein die Prüfungen vornimmt. Dieser kann aber gewiß kein die Gemeinden beruhigendes Zeugniß dem Lehrer geben, daß die Kinder in ihrer Religion bestehen und genügenden Unterricht erhalten hätten. Daß auch manche Lehrer dem Geistlichen, der seine Leistungen in dem Religionsunterrichte nicht beurtheilen kann, mehr zu entsprechen glaubt, wenn er auf jene Gegenstände besondern Fleiß verwendet, die von ihm beurtheilt werden können, ist sehr natürlich. Und es erklärt sich leicht, warum man in manche "Religionsschule" tritt, in welcher die Kinder in Allem recht brav sind, gut lesen, gut schreiben, gut rechnen u. s. w., nur nicht in Religion; nur hier haben sie oberflächliche und wenige Kenntnisse. So wie aber manche Lehrer dadurch ihre Pflicht vernachlässigen und die Vorwürfe ihrer Gemeinden verdienen, so entsteht der nicht minder große Nachtheil, daß nicht selten Gemeinden ihren Lehrern die wohlverdiente Anerkennung vorenthalten, ihnen vielmehr kränkende Vorwürfe machen, in der Meinung, sie lehrten keine Religion, weil sie nicht lehren was nach ihren Begriffen und nach ihrer Gewohnheit gelehrt werden sollte. Noch andere daraus hervorgehende Nachtheile übergehen wir, um nicht zu sehr uns auszudehnen. Trauriger sieht es indessen mit unserem Gottesdienste in der Synagoge aus. In unserem ganzen Kreise ist — den Rabbinatsdistrikt Aschaffenburg ausgenommen — nicht eine einzige Synagoge, in welcher Belehrung ein Bestandtheil des Gottesdienstes wäre, und religiöse Vorträge an Sabbath und Festtagen |Sp. 0487| gehalten würden; wenn nicht zufällig ein Rabbinatskandidat irgend einer Gemeinde einen solchen zum Besten gibt. Von einem geregelten Gottesdienste kann nun gar keine Rede seyn. Wer hätte auch die Veränderungen vornehmen und Ordnung einführen sollen? Stand und steht doch derselbe lediglich unter der Aufsicht der Kultus-Vorsteher, die sich hiezu gewissenhaft nicht verstehen konnten und auch nicht berechtigt und berufen fühlten! Wenn in mancher Synagoge der sonst übliche Strichverkauf von der Gemeinde aus eigenem Antriebe, ohne von dem Rabbiner veranlaßt zu seyn, eingestellt, und die sonst vermißte Ruhe und Stille hergestellt worden ist, so ist dieses wohl eine erfreuliche Erscheinung und beweis't, daß viele Gemeinden das Bessere wollen, und nach einer zweckmäßigen Einrichtung verlangen; kann aber keineswegs als genügend angesehen werden, sondern läßt es nur noch mehr bedauern, daß noch immer die Synagoge der Gemeinde überlassen ist, und es an Männern fehlt, die, das Zutrauen der Gemeinde besitzend, auch durch Amt und Beruf Verbesserungen im Gottesdienste vorzunehmen, befugt sind. Mit den übrigen Funktionen eines Rabbiners sieht es nicht besser aus. Und doch würde man sich sehr irren, wollte man annehmen, daß die Gemeinden den materiellen Vortheil hätten, keinen Rabbiner besolden zu müssen. Dieses ist keineswegs der Fall. Der hiesige Oberrabbiner hat zwar nur einen unbedeutenden fixen Gehalt, dagegen so große Gefälle, daß sie jährlich wenigstens 14—1500 fl. sich belaufen, welche nicht selten oder vielmehr gewöhnlich zum größten Theile von der Mittelklasse getragen werden, dagegen die Reichsten davon befreit sind. Andere Uebelstände wollen wir jetzt unerwähnt lassen und auf eine andere Gelegenheit aufsparen.
* Analogie zwischen den Überlieferungen verschiedener Völker, besonders der Chinesen, und den Erzählungen der Bibel. — Nach dem Französischen der Annales de Philosophie chrétienne.
von Dr.
Johann
Baptist
Diehl
, Subregens des bischöfl. Klerikal-Seminars in Limburg.
Verfolgt der unbefangene Beobachter die wunderbare Uebereinstimmung zwischen den Erzählungen unserer hh. Schriften und den Jahrbüchern fast aller Völker der Erde, insofern uns dieselben als Resultate älterer und neuerer Forschungen vorliegen; so kann er nicht umhin, in dieser Uebereinstimmung einen Beweis des jeder andern Geschichte vorangehenden Ursprungs der Bibel, wie ihrer Authenticität und Glaubwürdigkeit zu finden. Jede Ueberlieferung, die keines lebendigen Trägers, der über allen Wechsel der Zeiten, über allen Einfluß der Leidenschaften erhaben ist, sich erfreut, wird nach und nach, wenn nicht ganz verwischt, doch in hohem Grabe von ihrer ursprünglichen Reinheit entfernt. Dieses Loos traf fast ohne Ausnahme alle Traditionen der alten Völker, und im graden Verhältnisse ihrer Entfernung von der ungetrübten Quelle. Aber wie der Schatten das Daseyn, so beurkunden diese wie immer entstellten Ueberlieferungen die Wahrheit der Thatsachen, von denen die Schrift uns Kunde gibt, was J. Görres in seinem "der h. Franciscus von Assisi, ein Troubadour" S. 26 sagt: "Die Sage verfährt, wie die Natur; an einem Keimkrystall schließen in dem Gesetze, nach dem er selbst gebildet worden, die plastischen Elemente an, und setzen Formen zusammen, die mit der Grundform nichts gemein zu haben scheinen; ganz in gleicher Weise wächst im Verlauf der Zeit auch im Munde des Volkes die Ueberlieferung. Aber ohne Keimgestalt und ohne bildendes Gesetz keine Krystallisation; so auch ohne Wahrheit in der tiefsten Wurzel, und ohne organisches Bildungsgesetz keine Sage."
Wie aber, wenn die angesetzte Form ganz nach dem Gesetze der Grundform gebildet worden, ja, wenn sie nichts anders ist, |Sp. 0488| als die Grundform selbst, nur in größerer oder geringerer Ausdehnung, oder nur mit irgend welchem ungleichartigen Anschlusse? So finden wir in den Ueberlieferungen der Griechen, Egyptier, Chaldäer, Perser, Indier etc. unverkennbare Spuren der Sündfluth und der zehn antediluvianischen Generationen.
Aber vor allen andern Völkern des Alterthums verdienen die Chinesen vorzüglich berücksichtigt zu werden. In jedem Falle steht dieses Volk da als ein ehrwürdiges Denkmal entfernter Jahrhunderte, und ist als solches für den Alterthumsforscher von dem höchsten Interesse. Erwägt man ferner, daß die in unsern h. Büchern aufgezeichneten Thatsachen den Stiftern des chinesischen Reiches nicht unbekannt gewesen, so läßt sich darin ein gewichtiges Zeugniß für die biblische Wahrheit von Seite eines so lange von allen andern getrennten, auf sich selbst beschränkten Volkes nicht verkennen. Denn findet sich die größte Aehnlichkeit, ja Uebereinstimmung zwischen den biblischen und chinesischen Ueberlieferungen, hat sich dieses Volk, so weit die Geschichte reicht, im Ganzen stets rein bewahrt von jedem fremdartigen Einflusse, so muß man nothwendig für jene auf eine gemeinsame Quelle schließen, die dann offenbar die Gewährleistung ihrer Wahrhaftigkeit, in sich selbst trägt.
Zuvörderst muß es im höchsten Grade auffallend erscheinen, daß im Mittelpunkte Asien's durch alle Wechsel der Zeiten und Zufälle hindurch sich patriarchalische Sitten und Gebräuche erhalten haben, die weder Jahrhunderte, noch innerer vielfacher Zwiespalt, weder Anfeindungen von Außen, noch selbst das oft versuchte Ein- und Aufdrängen fremdartiger Lehren so sehr zu schwächen vermocht, daß man nicht mehr deutlich die Hauptzüge des patriarchalischen Lebens darin erkennen könnte.
Die ursprüngliche Einfalt dieses Lebens aber lernen wir zuverlässig kennen aus der Erzählung der Genesis. Nach ihr hat Gott das ganze menschliche Geschlecht aus einem Paar, das Er geschaffen, lassen geboren werden. Die Menschen erreichten ein erstaunlich hohes Alter, vermehrten sich sehr schnell, und fielen zuletzt in ein solches Sittenverderbniß, daß sie Gott mit den Gewässern der Sündfluth vertilgte. Durch besondere Gnade ward Eine Familie nur von dem allgemeinen Verderben gerettet, und das Haupt dieser Familie ist der Vater aller jetzt lebenden Menschen. Diese sind demnach Alle Brüder, obschon sie sich nach den drei Söhnen Noe's in drei verschiedene Hauptstämme abtheilen lassen. Durch Jene wurden denn auch die Elemente antediluvianischer Bildung, wie sie sich in dem patriarchalischen Leben erhalten hatte, fortgepflanzt.
Als das ganze Menschengeschlecht auf die in der Arche eingeschlossene Familie beschränkt war, vereinigte Noe in sich die Eigenschaft und Gewalt eines Königs, eines Hohenpriesters und Richters. Als Hoherpriester brachte er dem Herrn ein Opfer, gleich nachdem er die Arche verlassen. Als Richter verurtheilte er seinen schuldigen Sohn. Er war das natürliche Haupt, der natürliche Oberherr seiner Familie, und bei seinem Tode, da er noch 350 Jahre nach der Sündfluth lebte, einer äußerst zahlreichen Nachkommenschaft.
Dieser Charakter patriarchalischen Königthums tritt in Abraham noch schärfer hervor. Er führt Krieg, schließt Friede, und opfert dem Herrn — wesentliche Verrichtungen der frühesten Könige, wie sie uns Homer in seinen Helden, und der Vater der griechischen Geschichte in den Fürsten der ältesten Zeiten zeigt.
In dem Gebäude des patriarchalischen Lebens war die Religion der Grund- und Eckstein. Der Segen des sterbenden Vaters verlieh jenem, der nach ihm in den Besitz der patriarchalischen Vorrechte treten sollte, gleichsam eine höhere Weihe. In dieser Macht zu segnen und zu fluchen, die von Oben gegeben war und die im Himmel genehmigt und bestätigt wurde, liegt etwas unendlich Erhabneres, als in dem neuen Begriffe, den man sich von dem Königthume gebildet.
Uebrigens war die Religion der Erzväter höchst einfach. Die Einheit Gottes, der Glaube an seine Fürsehung, die Pflicht ihn anzubeten, der Gebrauch der Opfer, das Dogma des Sündenfalles und der Unsterblichkeit der Seele, so wie die in dunklerer Ferne schwebenden Dogmen der Dreieinigkeit und der Erlösung — machten den Hauptinhalt des ursprünglichen Glaubens aus. Einer der wichtigsten Glaubenspunkte war übrigens auch das Daseyn höherer geistiger Wesen, guter sowohl, als böser Natur.
Die Sitten erinnern vielfach an die ursprüngliche Brüder- |Sp. 0489| schaft. Das Kastenwesen ist noch unbekannt, und man sieht noch keinen, wenigstens äußerlich hervortretenden Adel; hie Gastfreundschaft erscheint gleichsam als Religionspflicht. Zu Abrahams Zeiten finden sich wohl schon Sklaven; allein ihre Behandlung ist durchaus frei von Härte. Was die Ehe betrifft, so ward solche allerdings als ein geheiligter Bund angesehen. Da es sich aber einerseits nicht strenge beweisen läßt, daß die Polygamie absolut dem Naturgesetze widerstrebe, und andrerseits die schnelle Fortpflanzung des menschlichen Geschlechtes als höchstes Gesetz angesehen ward, so wurde die Polygamie erlaubt; ja die unfruchtbare Gattinn trug kein Bedenken, ihrem Manne eine Concubine zuzuführen, damit derselbe einer Nachkommenschaft nicht beraubt bliebe. Groß war überdieß die Achtung gegen die Vorfahren. Jede Familie hatte ihre ererbte Familiengruft, wo die Verstorbenen, nachdem sie einbalsamirt waren, begraben wurden. Auch pflegte man das Andenken an die Abgeschiedenen durch eine Trauer-Feierlichkeit zu ehren. —
Den Zeitpunkt nun genau anzugeben, in welchem das patriarchalische Leben in Abnahme gekommen, das möchte mit sehr vielen Schwierigkeiten verbunden seyn. Außer allem Zweifel ist übrigens, daß es sehr frühe abhanden gekommen, obschon die heroischen Zeiten Griechenland's und Rom's noch mit zahlreichen Spuren davon bezeichnet sind. Die Könige der homerischen Gedichte, die ποιμευες λαῖου, wie sie dort genannt werden, erscheinen noch in mancher Beziehung ganz als Patiarchen Aber dieser Urzustand der Menschheit hat sich, wenn auch nicht unversehrt, doch einigermaßen erhalten.
(Fortsetzung folgt.)
* Gegenwärtiger Zustand und gegenseitiges Verhältniß der verschiedenen Offenbarungen des heil. Geistes.
(Schluß.)
Unserer Zeit ist mehr, denn allen vergangenen Perioden in der Geschichte der Stempel der Neuheit aufgedrückt. Immer war die Gegenwart eine neue Zeit gegen die verflossene alte: warum hat sich denn aber noch keine frühere Periode in der Geschichte der Menschheit den Namen "Neuzeit" beigelegt? — — Unsere Zeit ist sich während und nach der großen Revolution, die von Frankreich ausging, um unsern Welttheil zu verjüngen, ihrer Neuheit lebhaft bewußt geworden. Entschieden ist dieses Bewußtseyn einer neuen Aera in der politischen Welt; minder entschieden noch in der religiösen. Hier fehlt es zwar, wie wir bemerkt haben, so wenig wie dort, am Negiren des Alten; aber das Neue ist hier noch nicht so, wie dort, als Positives aufgetreten und anerkannt worden. Denn die Volkssouverainität ist, mitunter schon, in der politischen Welt faktisch anerkannt; es gibt schon wirkliche Staaten, allwo nach dem Prinzipe der Volkssouverainität regiert wird. Wenn aber auch in der religiösen Welt der Grundsatz der freien Prüfung, der Vernunftsouverainität, eben so fest steht, so ist er doch hier noch nicht, wie dort, als wirkliche Kirche, als positive Religion, erschienen und anerkannt worden.
Wir wagten es, indem wir es als einen großen Fortschritt unserer Zeit betrachteten, daß die Meynungen in ihr nicht mehr so chaotisch gemischt erscheinen, auch unsere Ansichten entschieden auszusprechen; wir haben im Gegensatze des Pharisäismus, unsern Glauben an den Fortschritt der Offenbarungen des heil. Geistes dargethan. Es ist kaum nöthig, dabei noch ausdrücklich zu bemerken, daß wir keine andre Offenbarung, als die in Natur und Geschichte, erkennen und anerkennen. Denn das Ewige kann sich nicht offenbaren, es sey denn durch das Endliche. — Diesemnach bildet aber das natürliche Gottesbewußtseyn, sofern es klar und nicht mehr durch endliche Vorstellungen getrübt erscheint, eine positive Religion, nämlich die des heiligen Geistes, welche sich sowohl von der christlichen, wie von der jüdischen unterscheidet, obschon sie selbst keine Religion ausschließt, weil sie diejenige ist, in der alle andern nothwendig wiedergefunden werden müssen. Denn alle andern sind nur eine relative, sie aber ist die absolute Offenbarung des heiligen Geistes. —
Bis |Sp. 0490| jetzt nämlich war der Geist Gottes in der Menschheit noch nicht vollends entbunden, und erschien daher verschieden nach der Zeit und dem Orte seiner Offenbarung. Selbst im auserwählten Judenthume und im noch viel höher stehenden Christenthume finden wir noch keine rein geistige Erkenntniß Gottes. Jetzt aber schwinden die verschiedenen Konfessionen und Kultusarten, und an deren Stelle tritt die einige Religion des heiligen Geistes, der reine Dienst der Wissenschaft.
Die Religion des heiligen Geistes bereitete sich seit der Spaltung der christlichen Kirche, seit der Reformation, vor. — Der Protestantismus ist der sich gegen den jüdisch materiellen Theil der christlichen Religion opponirende, reingeistige Theil derselben. Der Protestantismus bereitete den Sieg Christi, die heilige Geistesreligion vor. Die eigentliche christliche Zeit, daß Mittelalter, stellt den Kampf der Idee mit der Phantasie, des Lichtes mit der Finsterniß dar. In der ersten Hälfte der Zeit war die Phantasie, die Sinnlichkeit, die Finsterniß — in der zweiten die Idee, der Geist, das Licht vorherrschend. Der Protestantismus hat weder mit Luther begonnen, noch hat er mit ihm sein Strebeziel erreicht. Schon mit Peter Waldus ist der protestantische Geist in der christlichen Kirche deutlich hervorgetreten. Er trat schon in seiner welthistorischen Bedeutung auf mit Johann Wicklef und dessen böhmischen Schübern, und siegte nur sofern mit Martin Luther, als dieser ihm durch eine förmliche Trennung von der allgemeinen Kirche ein selbstständiges Leben gab. Die Religion feierte also mit Martin Luther nur einen negativen Sieg, den Sieg der Opposition, des eigentlichen, nur protestirenden Protestantismus; sie hatte sich nur erst der Ueberwindung des Antichristes zu freuen — der reine, heilige Geist hatte noch keine positive Form angenommen. Diese erlangte er erst, wie wir in unserer bereits erwähnten Schrift nachweisen werden, nach dem 30jährigen Kriege, zunächst nur bei wenigen Auserwählten. — Mit dem Protestantismus trennte sich die Christenheit in zwei Haupt- und sofort in viele Unterabtheilungen. — Als späterhin der Riß im Felsen der Christusreligion in seiner bedrohlichen Gestalt und seinen schrecklichen Folgen offenbar wurde, suchte man und sucht noch bis zur Stunde durch Wiedervereinigung oder Herstellung des alten Zustandes diesen Folgen zu entrinnen. Vergebens! Denn der stets zunehmende Abfall lag nicht allein, wie oft einseitig und oberflächlich angenommen wird, im Schwinden des christlichen Geistes, also in einem bloß Negativen, sondern ihm lag in der Tiefe ein Positives, der Drang nach höherer Erkenntniß Gottes, zu Grunde. Dieser Grund bewirkte erst, als nothwendige Folge, jenes Erkalten und Erlöschen der alten religiösen Begeisterung, die stets da aufhört, wo der Geist sich nicht mehr befriedigt fühlt, ohne sich noch der eigentlichen Ursache, des positiven Bessern, nach dem er dunkel strebt und ringt, deutlich bewußt zu seyn. Das Durchbrechen der alten engen Schranken setzt stets ein zwar dunkles, aber um so mächtiger wirkendes Vorgefühl eines höhern Lebens voraus, durch dessen Triebkraft die alten Formen gesprengt werden. Und bis neue geschaffen sind, herrscht inzwischen überall jener Zwiespalt, der sich schon so lange unseres religiösen Lebens bemächtigt hat! Eine Vereinigung der verschiedenen Konfessionen ist darum nicht möglich, es sey denn im höhern Leben der positiven Wissenschaft. — Gründliche, unparteiische Forschungen werden zeigen, was wahr und falsch an den verschiedenen Offenbarungen des heiligen Geistes ist, wiefern diese auf ewige Ideen oder zeitliche Vorstellungen begründet sind. — Was biedere Volkslehrer und einsichtsvolle Jugenderzieher, die sich um keine eitle Reden und Pläne zur Wiedervereinigung des für immer Getrennten, zur Wiederbelebung des für immer Gestorbenen kümmern, in der heiligen Sache der Religion leisten können, besteht einzig darin, daß sie den einigen Geist der verschiedenen Offenbarungen, so wie die welthistorische Bedeutung derselben zum Bewußtseyn bringen. Hierdurch schwindet von selbst die Formgläubigkeit und das blinde Bekenntniß. Indem sie nicht den alten Glauben ertödten, sondern seine ewigen Wahrheiten sowohl seine heilige Lehre, als seine heilige Geschichte, zum klaren Bewußtseyn erheben, wird endlich Gott reingeistig erkannt, und die heilige Geistesreligion allgemein anerkannt werden. M. D. |Sp. 0491|
* Meine religiöse Ueberzeugung; ein Prolegomenon.
von Dr.
Leopold
Fulda
praktischem Arzte in Offenbach.
Machet das Feld urbar, und säet nicht unter die Dornen. Jerem. 4,2.
(Schluß.)
Da nun die Weisen und Klugen weder die Kraft, noch der Muth, noch die Liebe haben, sich ihrer Ueberzeugung und besseren Gesinnung gemäß im wahren Interesse Israel's öffentlich auszusprechen, man aber gar leicht veranlaßt werden könnte, diese Herren, weil sie dennoch gern das Wort führen, als Organe des heutigen denkenden Israelitenthums zu betrachten, da ferner die Weisen und die Klugen nicht einmal den klaren Blick haben, einzusehen, wie wehe sie durch das Vertheidigen des Rabbinismus und das scheinbare Festhalten am orthodoxen Judenthume, dem sie im Leben gar nicht einmal huldigen, sich selbst, ihren besten Freunden und dem Gesammt-Israel thun, da ferner durch die erwähnte Disharmonie zwischen Leben und Kirche die Ehre des denkenden und das Wesen seiner Religion kennenden Israeliten tagtäglich compromittirt wird, da sich ferner in den neuesten Erscheinungen der rabbinisch-pharisäischen Literatur (Hirsch, Löwenstein, Pleßner) offenbar das Streben kund gibt, den alten Pharisäismus zu tünchen und ihn maskirt wiederherzustellen, da ich endlich das einzige Entschuldigungsmoment für das Verfahren der Weisen und Klugen gern darin anerkenne, daß, wie anderwärts, so auch hier die Zeloten für ihren Wahn, mehr lebendigen Eifer an den Tag legen, als die Denkenden, und Aufgeklärten für die Wahrheit, für die Wiederherstellung der Harmonie der kirchlichen Grundsätze mit ihrem praktischen Leben und selbst für einen ihrer Bildungsstufe angemessenen äußern Cultus, wodurch denn freilich die Weisen und Klugen des Rückhaltes und der Stütze für ihre irdischen Bedürfnisse zu ermangeln fürchten, so sehe ich mich aus allen diesen, dem Sachkundigen einleuchtenden, Gründen der Humanität als Unmündiger dringend aufgefordert, meine, übrigens durch mehrjähriges Forschen aus der h. Schrift selbst gewonnene und auf diese sich stützende, religiöse Ansicht und Ueberzeugung in folgenden Sätzen öffentlich auszusprechen, in der vertrauensvollen Hoffnung, hierdurch vielleicht anregend zu wirken, auf meine mit mir gleichfühlenden und gleichdenkenden Zeit- und Glaubensgenossen, damit auch sie, mit größerem geistigen Fonds versehen, und mehr Muße genießend, sich auf ähnliche oder gleiche Weise öffentlich und authentisch aussprechen mögen, zur endlichen Befreiung Israel's von den Fesseln des rabbinischen Pharisäismus, ja zur Befreiung der wegen irdischer Zwecke gebundenen und sich selbst bindenden, der blinden und sehenden Leiter des Volkes.
1) Biblisches Judenthum und biblisches Christenthum, Altes und Neues Testament sind dem Wesen nach identisch. Derselbe Gott, dasselbe Sittengesetz, dieselbe Ansicht von dem nur relativen Werthe der Ceremonien, der Mittel zum Zwecke.
2) Das Alte Testament bedarf keiner Vertheidigung. Sein Inhalt trägt die Bürgschaft seiner Göttlichkeit, und Christus hat ihm das Zeugniß gegeben.
3) Pharisäisches Judenthum — worunter ich die Anerkennung des Talmud's wie überhaupt irgend eines menschlichen Werkes außer der heil. Schrift als göttlich-religiöse Autorität und als gesetzliche Norm verstehe — läßt sich nicht vertheihigen. Schwarz ist nicht weiß. Schlecht ist nicht gut. Das bisher beobachtete Decken, Beschönigen, Bemänteln und Entschuldigen brachte und bringt weder innere, noch äußere Hilfe.
4) Pharisäisches Christenthum — worunter ich das <>vangelische Aufdringen von Ceremonien und Mysterien — wahr oder nicht wahr, gleichviel — verstehe, stürzt von der einen Seite in fürchterliche Gewissensfolter, setzt von der anderen der Gefahr aus, in die tiefste Geistesfinsterniß und in die gefährlichsten Schwärmereien jeder Art zu gerathen. So lehrt die Erfahrung. |Sp. 0492|
5) Das in der jüdischen, wie in der christlichen Religion für Jedermann Faßliche — der Glaube an den offenbarten einzigen wahren Gott, als Schöpfer und Erhalter des Weltalls, als gerechten und gnädigen Vater aller Menschen, der Glaube an die Göttlichkeit des Sittengesetzes, an Sündenvergebung nach reuiger Sinnesänderung, an Fortdauer und an Vergeltung dießseits und jenseits nach unserem Wollen und Wirken dießseits — ist das Wesen der Religion.
Hinsichtlich alles anderen, in das Gebiet der Theologie und Philosophie Gehörenden halten wir uns an den weisen Ausspruch: Wem wenig gegeben ist, von dem wird auch wenig gefordert.
6) Die h. Schrift hat für uns göttliche Autorität.
7) Die h. Schrift (das Alte Testament) unterscheidet selbst klar und deutlich zwischen dem was sie als ewig wahr und ewig verpflichtend verkündigt, und zwischen dem, was nach ihrem eigenen Willen nur eine lokale und temporelle Bestimmung haben sollte. Die religiösen Ideen sowohl, als das offenbarte Sittengesetz sind Kern des Judenthums und Kern des Christenthums — Entwicklung, Vervollständigung und Besiegelung des religiösen Bewußtseyns. Die mosaischen Ceremonialgesetze als Mittel zum Zwecke sind nach Zeit und Umständen modifizirbar, und können, wenn sie dem Zwecke der Religion nicht entsprechen oder gar widersprechen, gänzlich aufgehoben werden. Was man davon jetzt noch beobachtet, muß als objektiv vernünftig erkannt seyn. Gen. 1,29. verglichen mit Gen. 9,3. — Gen. 16,10 v. m. Jos. 5, 5-7. — Exod. 20,10. v. m. Jos. 6,3-4. — Lev. 16,29. v. m. 2 Chron. 7,9-10. — Num 4,3. v. m. 1 Chron. 23,27. — Levit. 17,3. etc. v. m. Deutr. 12,15. —Lev. 23,5. v. m. Num. 9,11. 2 Chron. 30,2. Lev. 23,2. — Deutr. 4,2. 13,1. v. m. 1 Sam. 30,25., 9,13., 2 Chron. 29,25. — Lev. 1,2. etc. v. m. Jerem. 7,22. Amos 5,25., 1 Sam. 15,22. Ps. 50. Prov. 21,3, Jes. 1,11., 43,23. Hos. 6,6. Micha 6,6-7-8. Ps. 40,7., 51,18-19. (Vergl. 21 vergl. m. Hos. 14,3) — Exod. 40,15. v. m. Gen. 14,18. Exod. 19,22. Jes. 66,21. — Exod. 25,8. v. m. 1 Reg. 8,27. Ps. 48,10-11. Jes. 6,3., 66,1. Jer. 7,4., 23, 23-24. Ps. 139,8. etc.— Exod. 20,1. Deutr. 5,19. Lev. 31,18, Deutr. 9,10. v. m. Deutr.4,14., 31,26., 1 Reg. 8,9., 2 Chron. 5,10. — Lev. 20,26. v. m. Lev. 19,34. Deutr. 33,3. Ps. 22,28. Ps. 67. Jes. 45,23. Jer. 4,2. Malachi 1,11. Ezech. 13,10-12. etc. — Exod. 12,25., 13,5-7., 13,11. Lev. 14,34., 19,23., 23,10., 25,2. Num. 16,2., 15,18. Deutr. 26,1. 12,18., 5,28. (deutsche Bibel 5,31.) 6,1., 12,1. Deutr. 4,9. vergl. m. Vers 5 und 14.
8) Der Talmud hat für uns nur einen historisch-antiquarischen Werth, die Modifizirbarkeit der mosaischen Ceremonialgesetze nach Zeit und Umständen faktisch beweisend. Er hat aber keine religiöse Autorität und gilt für uns nicht als gesetzliche Norm.
Diese 8 Sätze sind in der h. Schrift begrünhet und stehen mit unserem sittlich-religiösen Bewußtseyn sowohl, als mit unserer ethischen Praxis in Harmonie. Das Alte Testament enthält alle Momente zur Seligkeit in dem abrahamitisch-mosaisch-prophetischen Glauben, und befriedigt alle religiösen Bedürfnisse. Hierin die Lösung des Räthsels der sogenannten Starrheit. Das Christenthum betrachten wir nicht als etwas Exoterisches, sondern als etwas Esoterisches. Wir ärgern uns nicht an Jesu Christo, sondern wir erkennen in ihm das Organ, durch dessen Vermittelung die Erkenntniß des vom Pharisäismus der Zeit (ϰατα ϰαρδιον) purifizirten Judenthums (Gottesthums) ein Gemeingut geworden ist für alle diejenigen, welche, in seiner Mission einen eklatanten Akt der Liebe Gottes und die Erfüllung der Prophezeihungen für die Heiden erkennend, durch ihn zu unserem Jehova-Allvater gelangt sind, und noch gelangen werden. Und will das Christenthum mit Recht Anspruch machen auf eine Religion des Geistes und der Wahrheit, will es sich nicht selbst wieder durch sein Andringen auf irgend eine ceremonielle Handlung als nothwendiges Requisit zur Seligkeit unter das Gesetz stellen, und sich wieder pharisäiren, so muß ihm diese Erklärung genügen. Und nur so kann in geistiger Hinsicht in Erfüllung gehen: es wird Eine Heerde und Ein Hirt werden, und nur in geistiger Hinsicht kann dies Christus gemeint haben, da das größte Heil und nicht das größte Unheil der Menschheit sein Endzweck war.
Nach Wahrheit streben, die Wahrheit bekennen, und durch die Wahrheit die Wohllfahrt der Menschheit fördern, dieß ist des Le- |Sp. 0493| bens Aufgabe. Je aufrichtiger die Wahrheit gesucht und erforscht, je mühsamer sie erkämpft und errungen wird, desto erfreuender und beglückender ist ihr Besitz. Wahrheitsliebe und Wahrheitstreue sey das Panier Israel's — freimüthiges und entschiedenes Bekenntniß dessen, was wir gründlich beweisen können und demüthiges Dahingestelltseynlassen dessen, was uns in der That unentschieden ist. Hierin Israel, besteht Deine Erlösung, die Wahrheit macht Dich frei.
* Das Staatsbürgerthum der Juden vom Standpunkte der innern Politik, beleuchtet von Robert Haas, evang. Pfarrer zu Dotzheim bei Wiesbaden. Frankfurt a. M., bei C. Körner. 1837. XVIII. 306 S. 8.
Obgleich der Gegenstand, den dieses Buch behandelt, mehr in das Bereich der Politik gehört, so wollen wir doch unsrerseits nicht verfehlen, auf dieß Buch die Aufmerksamkeit hinzulenken, da in demselben auch manche religiöse Angelegenheit zur Sprache kommt.
Der Verf. hat sich hier bemüht, alle ihm bisher bekannt gewordenen Stimmen für und wider die Emanzipation, zu sammeln und zu ordnen, und gründet darauf seine eigene, der Emanzipation günstige Entscheidung. Er geht von der Geschichte der Juden aus, — indem er aus Jost's Geschichtswerk einen kurzen Auszug liefert — und betrachtet alsdann zuerst die Gegengründe, welche er eintheilt in national, numerär, militärisch, confessionell, kirchlich, politisch, religiös, moralisch; und dann die Gründe für E., die er eintheilt in rechtlichen, politischen, und moralischen Grund. Bei Gelegenheit des sogenannten nationalen Gegengrundes, wird besonders gesprochen über: Kleidung- und Speiseunterschiede, hebr. Sprache, Judeneid, Ehegesetze, Beschneidung, Sabbath, Talmud, Messias-Hoffnung. — Zum Schluß eine Uebersicht der gegenwärtigen Zahl, Lage und Bestrebungen der Juden auf dem ganzen Erdkreise, insbesondere in Deutschland. — Diese könnte vielfach vervollständigt werden.
Ein edler Sinn bekundet sich überall, so wie die reine Absicht, ohne Vorliebe und Partei-Ergreifung das Gute zu befördern.
* Rede gehalten am Sabbath und Neumondstage des Monats Schewat 5597, (7. Jan. 1837) in der Synagoge zu Frankfurt a. d. O., von Samuel Holdheim, Rabbiner. (Auf Verlangen herausgegeben.)
Eine kräftige, gegen vielerlei äußere Mißbräuche und Andachtsstörungen, so in der Synagoge ziemlich allgemein beklagt werden, gerichtete Predigt, die sowohl dem jungen Rabbiner Ehre macht, als es auch den Zuhörern zum Lobe gereicht, daß sie auf Herausgabe derselben drangen; indem sich hiedurch klar beurkundet, daß dieser, übrigens strenge das Herkommen aufrechthaltende, Rabbiner dennoch nicht blind ist gegen Fehler und üble Gewohnheiten, und die Zuhörer von demselben Wunsche beseelt sind, in Abstellung derselben ihm hilfreiche Hand zu leisten. — Sie verdient eine weite Verbreitung und allgemeine Beherzigung. |Sp. 0494|
(29) In dem Verlage der H. Kollmann'schen Buchhandlung in Augsburg ist so eben erschienen, und durch alle soliden Buchhandlungen Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz zu erhalten:
Jesus Christus in seiner Ankunft, Kindheit und Jugend auf Erden.
Dargestellt in einer Auswahl frommer Gesänge und Festlieder. Ein Weihegeschenk zum Christfeste. Von L. St. Mit acht Stahlstichen von C. Mayer.
(Die Verkündigung — Die Heimsuchung Mariä — Die Hirten von Bethlehem — Die Hirten an der Krippe — Die drei Weisen aus Morgenland — Darstellung im Tempel — Die heil. Familie — Jesus 12 Jahre alt im Tempel.)
Sedez-Format. Druckvelinpapier. Preis, geschmackvoll cartonirt, 1 fl. 21 kr. oder 20 gGr. (25 Sgr.)
Dieses ausgezeichnete, in jeder Hinsicht auf's lieblichste ausgestattete Werk, verdient es wohl, daß die Aufmerksamkeit der religiös Gesinnten aller Confessionen darauf gelenkt werde. Was nur die christliche Muse eines Pyrker, Klopstock, Lavater, Gilbert, Krummacher, Novalis, Strack, Ch. Schmid, Herder, Diepenbrock, Ceva, Gittermann, Pfenninger, Stolberg, etc. Erhabenes über diese heil. Zeit des Kirchenjahres lieferte, ist hier von einem bereits durch mehrere beliebte ascetische Schriften bekannten Herausgeber als eine köstliche Perlenschnur zusammengereiht, die jedes Herz (und durch die herrlichen Stahlstiche auch jedes Auge), welches für die Erhabenheit des Christenthums empfänglich ist, ansprechen und fesseln wird.
Obgleich es für heuer zum Gebrauche in der heil. Advent-, Weihnachts- und Neujahrszeit zu spät erscheint, so ist es doch nicht weniger, als eine herrliche Gabe für fromme Christenverehrer auch zu jeder andern Zeit des Jahres zu verwenden.
Im Vergleich zu der sehr kostspieligen Ausstattung ist der Preis doch recht billig gestellt, den jeder gern daran wenden wird, um etwas so bleibend Schönes und Wichtiges dafür einzutauschen.
Augsburg, am 1. März 1837.
K. Kollmann'sche Buchhandlung.
(30) Im Verlage von G. Joseph Manz in Regensburg ist erschienen und durch alle soliden Buchhandlungen zu beziehen (in Frankfurt am Main vorräthig bei F. Varrentrapp):
Chrysostomus. Eine katholische Monatschrift, zunächst für Gottseligkeit und thätiges Christenthum. Im Verein mit mehreren katholischen Geistlichen herausgegeben von Franz Seraph Häglsperger, Pfarrer zu Egglkosen bei Neumarkt a. d. Rott.
Monat März 1837
Calendarium asceticum. März. Franz Petrarca's Gespräch von der wahren Weisheit (Schluß.) Die heilige Margarita von Cortona. Der Fels im Meere. Der Glaube an den Gekreuzigten (Gedicht.) Palmsonntag (Sonett von Graf v. Seilern). Ueber das Fasten. (Aus Drexelius). Ascetische Blumenlese (Fortsetzung.) Alte Zeugnisse über die Finsterniß bei dem Tode Jesu. Goldene Denksprüche. Von J. P. Silbert. Auf den heiligen Charfreitag. a) Eclogarium antitheticum. (Tägliches Gebet des Kaisers Ferdinand II.) b) Der gute Hirt. (Gedicht von G. Z.) c) Die Mutter unter dem Kreuze. Gedicht von O. L.) d) Vor dem Kreuze des Erlösers. (Gedicht von Graf von Seilern.) Die vier Evangelien, in Eins geordnet und betrachtet. Nachklänge. Anecdote. Ostern. (Gedicht von Graf von Seilern). Evangelische Räthe, die alle von heroischen Handlungen christlicher, ja apostolischer Tugenden handeln. Fluch oder Segen aus dem Lebenswandel der Priester. Tugendsprüche Von Dr. Anton Passy. Erbauliches aus den neuesten Missionsberichten Literatur. Anhang: A. Erinnerungen aus der ältern Kirchengeschichte. B. Neueste kirchenhistorische Notizen.
Jährlicher Preis 5 fl. 24 kr. oder 3 1/3 Thlr., ohne Vorausbezahlung. Monatlich erscheint ein Heft von 7 Bogen in gr. 8.
Buchhandlung: F.
Varrentrapp
. — Herausgeber: Dr. J. V.
Hoeninghaus
. — Druckerei:
Heller
und
Rohm
. (Maschinendruck
.
)